Dragur und das Geheimnis der Schmugglerhöhle (German Edition)
Dragur und das Geheimnis der Schmugglerhöhle
A ls Dragur aufwachte, seufzte er. Es regnete schon wieder! Dabei stand doch für heute das Fliegen auf dem Stundenplan. Dragur mochte das Fliegen, doch der Lehrer erlaubte es nur, wenn das Wetter schön war und kein heftiger Wind wehte. Heute war das Wetter nicht schön, und so würden sie im Klassenzimmer sitzen und langweilige Dinge lernen. Dragur seufzte wieder. Wie er sich doch gefreut hatte. Er liebte es, über die Klippe zu sehen, zu fallen, die Flügel zu öffnen und sich vom Wind tragen zu lassen. Und wie er das liebte. Die Sonne schien dabei warm auf seinen Rücken und es war herrlich, die Welt von oben zu sehen.
Missmutig stand er auf. Die Höhle, in der er mit seiner Familie lebte, war groß. Doch eine Drachenfamilie besteht aus vielen, sehr vielen Drachen, und so war es ein ziemliches Gedränge. Vorsichtig, um niemanden zu treten, schlängelte er sich durch die Drachen hindurch, die langsam wach wurden, und trat vor die Höhle. Er reckte sich.
Ganz langsam erwachte das Lager und von überall her kamen die Drachen aus ihren Höhlen. Irgendwo hinter ihm weinte ein Drachenkind. Das ist bestimmt Anita, dachte Dragur. Anita war das Baby von der Tochter seiner Großtante. Oder war sie die Cousine seiner Mutter? Er schüttelte den Kopf. Allmählich war seine Familie so groß geworden, dass er schon alles durcheinander brachte. Er konnte sich die vielen Namen einfach nicht mehr merken.
„Hallo Dragur“, wurde er von seinem Freund Skip begrüßt. Skip wohnte mit seiner Familie in einer Höhle gegenüber und war das genaue Gegenteil von Dragur. Während er selbst schlank und zäh und sportlich war, neigte Skip eher dazu, es gemütlich angehen zu lassen. Um seinen Bauch rollte sich schon ein gewaltiger Speckring und er schwänzte den Sportunterricht, wann immer es ging.
„Hi Skip“. Dragur winkte ihm zu und sah dann zum Himmel hinauf. Er war grau, nicht eine einzige blaue Lücke war zu sehen.
„Es wird sicher den ganzen Tag regnen.“, meinte Skip und lachte vergnügt.
Dragur warf ihm einen finsteren Blick zu. Klar, Skip gefiel es, wenn das Fliegen ausfiel. Es war ihm viel zu anstrengend und er freute sich immer über Regentage. Aber Dragur hatte sich auf die Flugstunden gefreut, hatte schon die ganze Woche diesem einen Tag entgegengefiebert. Und nun das. Regen, soweit das Auge reichte.
„Na, komm schon. Lass uns gehen, bevor wir noch zu spät kommen.“ Wieder sah Skip vergnügt zum Himmel hinauf und lachte.
Die Drachenschule lag in einer Höhle am Strand. Das Wasser hatte im Laufe von Hunderten von Jahren tiefe Löcher in die steilen Felswände gefressen, doch dann hatte es sich zurückgezogen. Niemand wusste, warum. Doch nun hatten die Drachen diese Höhlen zu nutzen gelernt. Neben der Schule war eine Höhle für die Kranken und Schwachen und weiter hinten eine, in denen der Rat der Alten tagte oder Verhandlungen durchgeführt wurden. Dragur und seine Freunde waren noch nie dort gewesen, war es doch den Kindern und Jugendlichen verboten, sich dort aufzuhalten.
Es soll dort ein Labyrinth von Gängen geben, in denen sich schon so mancher verlaufen hatte und nie zurückgekehrt ist, hieß es. Ob es stimmte, wusste Dragur nicht. Doch es war ihm auch egal. Er war sowieso lieber draußen, schwamm im Ozean oder lief am Strand entlang. Er mochte die dunklen Höhlen mit ihrem Geruch nach verbrauchter Luft und Verwesung nicht.
Als er mit Skip das Klassenzimmer betrat, sah er, dass die meisten seiner Mitschüler genauso traurig waren wie er selbst. Sie alle hatten sich so auf die Flugstunden gefreut. Auf die Flugstunden und auf ihren Fluglehrer Magan. Magan war ein echter Kampfdrache, der früher, als die Dracheninsel noch von den Zweibeinern angegriffen worden war, so manche Schlacht geschlagen hatte. Er hatte viele Narben, doch darauf war er nicht etwa stolz.
„Eine Narbe zu haben, heißt nur, verletzt worden zu sein. Sie sagt nichts darüber aus, ob du mutig gewesen bist.“, sagte er immer, wenn er darauf angesprochen wurde. Die vielen Geschichten, die sich um ihn rankten, belächelte er nur und sprach nie davon, wie es früher war. Doch fliegen konnte er! Und wie! Dragur konnte gar nicht genug davon bekommen, von ihm zu lernen.
Magan brachte ihnen alles bei; wie sie die Winde berechneten, wann es zu gefährlich zum Fliegen war und was man tun konnte, wenn einen die Windböe doch gegen die Felsen trieb. Und alle Schüler lernten begeistert
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