Drahtzieher - Knobels siebter Fall
Schriftstücken und Karten ersichtlich um solche, die sie aus privatem Interesse an diesem Thema gesammelt habe. Es gäbe keine Kontakte zu anderen Unternehmen, China oder in die Politik, zu denen Lieke Informationen habe, die nicht auch anderweitig im Unternehmen hinterlegt seien. Eine Villa Wolff und eine Hochzeit Drauschner seien gänzlich unbekannt und diesbezügliche Prospekte oder Informationen offensichtlich rein privater Natur. Herr Dr. Fyhre dankte Anne van Eyck für ihre Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft. Dann schloss sein Brief mit herzlichen Grüßen und nochmaliger Bekundung seiner Trauer über den Verlust einer menschlich und fachlich so überaus wertvollen Mitarbeiterin.
Kaum, dass Anne van Eyck Stephan diese Zeilen am Telefon vorgelesen hatte, sagte sie: »Ich hatte diese oder eine ähnliche Antwort erwartet. Und nun? – Was schlagen Sie vor, Herr Knobel? Ich muss gestehen, dass ich in dieser Sache mehr auf Sie setze als auf diesen merkwürdigen Gisbert Wanninger.«
Stephan verstand ihre Zweifel und wusste dennoch keine Antwort.
»Wir werden uns neu orientieren, Frau van Eyck«, meinte er. »Wir prüfen nüchtern und ergebnisoffen alle Spuren und Hinweise. Mehr kann ich im Augenblick nicht dazu sagen.«
Er ärgerte sich, Phrasen zu benutzen, deren Verwendung er bei anderen kritisierte. Nüchtern und ergebnisoffen zu prüfen hieß, keine Idee für einen Lösungsansatz zu haben. Anne van Eyck konnte dies nicht verborgen geblieben sein. Dennoch glaubte sie fest an Stephan und seine Arbeit.
Die Wende kam unerwartet am selben Nachmittag.
Stephan erhielt einen Telefonanruf von Sascha Sadowski aus der Villa Wolff: Friedemann Drauschner habe telefonisch seinen Besuch in der Villa für den morgigen Sonntag gegen 19 Uhr angekündigt. Es gehe um die Vorbereitung eines neuen Treffens. Sadowski hatte zugleich auch Wanninger von Drauschners Anruf unterrichtet, und der Journalist blühte augenblicklich auf. Es stand außer Frage, die Gelegenheit zu nutzen und Drauschner abzupassen. Wanninger wurde euphorisch.
Die van Eycks reagierten verhalten, als Stephan die Neuigkeit berichtete. Hermann van Eyck hinterfragte, warum diese Nachricht just an dem Tag eingehe, an dem ThyssenKrupp auf Annes Köderschreiben geantwortet habe, und wollte Stephans Vermutung, dass dies ein reiner Zufall sei, nicht gelten lassen. Doch wenn es kein Zufall war, schien sich Wanningers These zu bewahrheiten: Irgendjemand aus dem Unternehmen hatte den eigentlichen Sinngehalt von Annes Brief erfasst und reagiert. Hermann van Eyck überlegte weiter: Wenn die Nachricht vom angekündigten Besuch Drauschners in der Villa Wolff die Reaktion des großen Unbekannten aus dem Unternehmen auf Annes Brief sein sollte, musste derjenige, der sich hinter dieser Botschaft verbarg, darauf vertrauen können, dass diese Nachricht von Sascha Sadowski zu Anne van Eyck gelangte.
»Woher nimmt er diese Gewissheit?«, fragte Hermann van Eyck.
»Er wird sich denken können, dass Sadowski uns unterrichtet«, vermutete Stephan.
»Aber das setzt voraus, dass er überhaupt weiß, dass Sie meine Frau vertreten«, gab van Eyck zu bedenken. »Der Kontakt von Sadowski zu meiner Frau läuft nur über Sie.«
»Der ungebetene Besuch im Garten«, erinnerte Stephan. »Er befand sich zu einer Zeit dort, als Marie und ich uns bei Ihnen im Garten aufgehalten haben. Er wird uns kennen. Vielleicht hat er mich über das Kennzeichen meines Autos ermittelt. Vielleicht hat er uns, wann und wie auch immer, belauscht.«
Hermann van Eyck schwieg einen Augenblick. Er war beunruhigt.
»Trotzdem: Woher weiß diese Person, dass Sadowski zu Ihnen und Wanninger Kontakt hat, sodass er davon ausgehen kann, dass Sie oder Wanninger quasi als Bote dienen?«, insistierte Hermann van Eyck. »Er muss wissen, dass Sie und Wanninger in der Villa Wolff waren. Woher soll er das wissen, wenn er es nicht von Sadowski wusste, den wir insoweit doch wohl als Informanten ausschließen können.«
»Ich weiß es nicht«, gab Stephan zu.
»Ich stolpere immer wieder über Gisbert Wanninger«, sagte Hermann van Eyck. »Er kennt im Vorhinein die ganze Geschichte, die sich auf wundersame Weise zu verwirklichen scheint. Er hat die anonymen Briefe aus Frankfurt bekommen. Er – und nur er – ist die lebende Garantie dafür, dass die Botschaft des angekündigten Besuchs dieses obskuren Herrn Drauschner in der Villa bei uns ankommt.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Stephan.
»Was wäre passiert, wenn
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