Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
ein Rohrkrepierer gewesen«, kommentierte Wanninger ungerührt. »In diesem Fall müssten wir uns etwas Neues überlegen. Aber unser erster Angriff erfolgt über diesen Brief«, betonte er nachdrücklich.
    »Sie haben einen Fehler gemacht«, sagte Marie.
    Der Journalist zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
    »Das würde mich wundern«, bemerkte er selbstgefällig.
    »Wenn Sie kryptisch Hochzeit Drauschner erwähnen, wobei es ja wohl nur darum geht, diesen Namen ins Spiel zu bringen, dann übersehen Sie, dass Lieke mutmaßlich von dem Namen Drauschner nichts wusste, denn der Eintrag in ihrem Taschenkalender ist bekanntlich erst nach ihrem Tod erfolgt. – Gleiches gilt für die Villa Wolff. Es ist zweifelhaft, dass Lieke etwas davon wusste.«
    »Sie sind eine schlaue Lehrerin«, lächelte Wanninger entspannt. »Derjenige, den dieser Brief wirklich etwas angeht, wird das natürlich erkennen und zugleich wissen, dass Anne van Eyck mehr weiß als das, was ihr Lieke vermeintlich hinterlassen hat. Das ist die eigentliche Botschaft, Frau Schwarz.«
    »Was schlagen Sie jetzt vor?«, fragte Marie.
    »Jetzt nehmen Sie den Entwurf und lassen ihn von Anne van Eyck abschreiben, möglichst auf eigenem Briefbogen, wenn sie so etwas hat. Sie soll auch ihre Telefonnummer angeben. Und dann geht der Brief in die Post. Vergewissern Sie sich, dass er abgeschickt wird. Ich will wissen, was passiert. Der Brief soll morgen ankommen. Es gibt keine Zeit zu verlieren.«
    Wanninger stand auf und reckte sich. Unter seinen Achselhöhlen hatten sich Schweißflecken auf dem T-Shirt gebildet.
    »Es wird vorwärts gehen, Frau Schwarz. Da bin ich mir sicher. Ich rieche es förmlich.«
    Marie grinste innerlich.
    »Gehen Sie jetzt zu Ihrem Freund?«, fragte Wanninger.
    »Später. Er ist gerade unterwegs.«
    Wanninger nickte. »Wir könnten mal zusammen was trinken gehen. Wir drei, meine ich. Ihr Freund wird doch in seinem Beruf mit spannenden Geschichten in Berührung kommen. So etwas wäre auch was für mich. Manche Mandanten werden die Hilfe der öffentlichen Meinung gebrauchen können, oder nicht?«
    »Ich glaube, das ist keine gute Idee«, meinte Marie. »Es wird nicht gut für Stephans Ruf sein.«
    »Alle Welt redet immer nur vom Ruf«, erwiderte er. »Die heutige Welt ist doch ganz anders. Einen Ruf hat der, der verrufen ist.« Er lachte bitter. »Nein, ich will die anderen«, stellte er klar. »Ich jage die Verbrecher. In der Öffentlichkeit gibt man sich doch besser mit den Guten solidarisch – nur wirtschaftlich ist das meist nicht optimal.«
    Marie brachte den vorbereiteten Brief anschließend zu Anne van Eyck, die ihn kopfschüttelnd in den Computer übertrug, der im Büro der Unternehmensberatung stand. Sie las den Brief vor, und ihr Mann, der währenddessen an seinem Schreibtisch seiner Arbeit nachging, horchte zwischendurch auf und ließ seine Frau den einen oder anderen Satz wiederholen. Anne van Eyck übernahm wörtlich Wanningers Formulierung. Abschließend setzte sie noch ihre Telefonnummer mit ihrer Adresse auf das Schreiben.
    »Sie glauben doch auch nicht, dass Wanningers Plan funktioniert«, meinte sie. Anne van Eyck druckte den Brief aus, unterschrieb ihn, faltete das Blatt zusammen und gab es Marie.
    »Nehmen Sie den Brief«, bat sie, während sie aus einem Fach einen Umschlag nahm. Sie adressierte ihn an die ThyssenKrupp-Verwaltung in Essen, zu Händen Frau Daschek, wie Wanninger es vorgegeben hatte, und steckte das Schreiben in den Umschlag.
    »Seien Sie so lieb und sorgen Sie dafür, dass er heute noch zur Post kommt«, fügte sie hinzu. »Wir arbeiten heute den Rest des Tages hier und werden es nicht mehr zu einem Briefkasten schaffen. Der nächste steht nämlich erst in Dorsten.« Sie schmunzelte. »Ich bin geneigt, Wanningers Idee für albern zu halten«, unkte sie.
    Marie hob unschlüssig die Schultern.
    »Ich verstehe Sie«, sagte sie, »wir müssen einfach abwarten.«
    Marie nahm den Brief und ging. Als sie mit dem Auto vom Hof fuhr, winkten ihr Anne und Hermann van Eyck aus dem geöffneten Bürofenster hinterher. Sie bezweifelten die Sinnhaftigkeit des eingeschlagenen Weges, aber sie waren trotzdem erleichtert, dass sich etwas tat. Jetzt wirkte auch Hermann van Eyck befreit wie seine Frau am gestrigen Abend, als sie Marie und Stephan das Versprechen abgenommen hatte, nichts zu unternehmen, das dem Ansehen Liekes schaden könnte. Der Brief war unverfänglich. Marie warf den Brief beim Postamt ein und fuhr zu Stephan nach

Weitere Kostenlose Bücher