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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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von Maries Einkünften. Auch das schmerzte ihn.
    Er druckte den Entwurf seines Briefs an ThyssenKrupp aus und reichte ihn Marie zum Lesen. Sie überflog die Zeilen, setzte hier und da noch mit ihrem Korrekturstift ein Komma und gab ihm das Schreiben mit einem Kopfnicken zurück.
    Stephan lächelte gequält. Marie konnte, wenn sie wollte, tatsächlich die Lehrerin spielen.
    »Wir sollten morgen Nachmittag zu dem Schrotthändler fahren, bei dem das Wrack von Liekes Auto steht«, sagte sie, schon wieder über ihre Hefte gebeugt. »Und danach fahren wir raus ins Grüne!«
    Jetzt sah sie auf und lachte ihn an. Sie verstand ihn.

13
    Hendryk Swentowski betrieb seinen Schrotthandel in Wanne-Eickel nahe dem am Rhein-Herne-Kanal gelegenen Westhafen. Die Zufahrt auf sein Firmengrundstück zwängte sich zwischen zwei mit Hallen bebauten Industriegrundstücken hindurch, vor denen Coils lagerten, die silbrig in der Sonne glänzten. Es war ein schmuckloses Gewerbegebiet mit trostlosen Straßen, auf denen die Laster grauweißen Staub aufwirbelten, der sich in trüben Wolken verflüchtigte.
    Swentowski führte Marie und Stephan über sein nach hinten weit verzweigtes Betriebsgelände, auf dem sich schrottreife Autos türmten, teilweise bereits zu kleinen Paketen gepresst, die zum Abtransport gestapelt waren. Sie folgten dem Inhaber durch die zwischen den Altfahrzeugen frei gehaltenen Gassen, die das Areal schachbrettartig gliederten und von der beeindruckenden Ordnung zeugten, mit der Swentowski sein Unternehmen führte und die Betriebsabläufe steuerte. Das Wrack von Liekes BMW stand am Rand des Firmengeländes unter einem grobschlächtig errichteten Wetterschutz, der nach oben mit Wellblech abgedeckt war und neben Liekes Wagen noch einige Altfahrzeuge beherbergte, die aus irgendeinem Grund eines besonderen Schutzes bedurften. Swentowski schlug weit ausholend eine graue Plastikplane zurück, unter der Liekes Wagen verborgen war.
    »Stand bis vor einiger Zeit draußen«, erklärte Swentowski auf Stephans fragenden Blick, »aber die Kundin wünscht, dass der Wagen noch zusätzlich geschützt wird. Hat ja im vorderen Bereich auch schon Rost angesetzt.« Er zeigte auf den gestauchten Frontbereich, der durch den Aufprall des Wagens völlig zerstört und bis in den Innenraum gedrückt war.
    »Die Kundin?«, fragte Marie, während sie betroffen das Fahrzeug musterte und sich unwillkürlich vorstellte, wie Lieke van Eyck verunglückt war.
    »Die Schwester«, erläuterte Swentowski in einem Tonfall, als offenbare er längst Bekanntes. »Frau van Eyck vermutet, dass es bei dem Unfall nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Deshalb will sie das Fahrzeug sichern, um notfalls noch irgendetwas beweisen zu können. Vor Kurzem wollte sie, dass ich das Auto unterstelle. Das habe ich dann gemacht. Die Frau zahlt mir eine monatliche Standgebühr. Ist also alles in Ordnung, oder nicht?«
    »Ist es«, bekräftigte Stephan. »Sie hatte es uns nur nicht gesagt. Deshalb sind wir überrascht. Ich wunderte mich schon, dass Sie im Bilde waren, als ich vorhin anrief und sagte, dass wir den Unfallwagen von Lieke van Eyck ansehen wollten. Sie haben hier doch Hunderte Unfallwagen.«
    »Stimmt«, bestätigte Swentowski. Er bückte sich, um die Plastikplane zusammenzufalten. »Aber mit diesem Auto ist es schon etwas Besonderes. Ich kenne die Geschichte dieses Unfalls, und ich habe eine Vorstellung von der Fahrerin. Die Schwester und ihr Mann haben mir alles erzählt. Eigentlich möchte ich so etwas gar nicht hören. Wissen Sie, für mich sind die kaputten Autos hier bloßer Schrott, den ich entweder in die Presse schicke oder an Leute verkaufe, die mit dem einen oder anderen Teil noch irgendetwas anfangen können. Ich will die Geschichte dieser Autos gar nicht kennenlernen. Viele Fahrzeuge enden in einem Unfall, und es schützt, darüber so wenig wie möglich zu wissen.«
    »Meinen Sie denn, dass die Vermutung der Schwester und des Schwagers richtig sein könnte?«, fragte Marie.
    »Sie meinen, dass es letztlich kein Unfall war?« Hendryk Swentowski legte die zusammengefaltete Plane auf das Autodach. »Keine Ahnung. Ich beschäftige mich jetzt seit 25 Jahren mit Autoschrott. Aber glauben Sie nicht, dass ich deshalb all diese unfallanalytischen Gutachten nachvollziehen kann, in denen Sachverständige aus einem Knäuel Blech den genauen Unfallhergang rekonstruieren. – Wer möchte schon akzeptieren, dass ein geliebter Mensch durch einen Schicksalsschlag getötet

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