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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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dunkelbraun, der Schnee auf dem Berg weiß wie der Qualm aus der Kokerei. Im Schnee verschmolz alles miteinander. Hier auf dem Berg blieb der Schnee lange weiß. Es war weit draußen vor der Stadt. Am Fuße dieses Berges lag sogar ein schönes Wasserschloss. Seine Tante sagte immer, das Schloss Bodelschwingh sei schöner als die meisten der anderen deutschen Wasserschlösser. Sie hatte recht. Wenn sie in den Alpen ein solches Schloss hätten, meinte sie, würde man die Touristen in Bussen ankarren. Im Ruhrgebiet sei man nur nicht genügend stolz auf sich.
    Von hier oben hatte man alles im Blick: heimelige Natur und groteske Industrie. Hier hatte ihm seine Tante erzählt, dass in Dortmund die Straßenbahn die Farben Braun und Beige trugen, damit der Schmutz nicht so schnell auffiel. Heute wohnte Stephan in dieser Stadt, deren Aussehen sich stark verändert hatte. Jetzt war alles anders. Die schmutzige Industrie war fort. Die Stadt war grün, die Straßenbahnen trugen die Farben Rot und Weiß, aber das Image war geblieben. Stephan zog es seither immer wieder auf den Berg. Einige der Gasometer waren verschwunden. Die braunen Industrieklötze waren, wenn sie überhaupt noch standen, zu Industriedenkmälern geworden. Man ließ die Gebäude und Anlagen, wie sie waren. Die Natur eroberte sich die ihr entrissenen Areale zurück. Aus Maschinenhäusern und Kohlebunkern sprossen Birken, verrostete Gleise verschwanden unter wucherndem Gestrüpp. Der Blick vom Bodelschwingher Berg bot im Panorama eine Zusammenfassung des vollzogenen Wandels.
    Marie und Stephan gingen Arm in Arm den Weg am Waldsaum entlang. Links leuchteten die Felder unwirklich gelb im Licht der Sonne, die sich gegen die Wolken zu behaupten suchte, die ihr wie eine träge Masse entgegenzutreiben schienen. Weit unten lagen die nordwestlichen Teile der Stadt, hinten die Dortmunder Innenstadt, über die sich zuckende Blitze entluden. Am Horizont, im Süden über den Höhen des Ardeygebirges, war es hell, wieder hell, wie gereinigt und erneuert. Marie und Stephan setzten sich ins Gras neben den Weg. Es fielen erste Tropfen, warm und weich. Der Wind frischte auf, trieb vertrocknete Blätter und Staub vor sich her, verwirbelte sie, ließ sie tanzen und presste sie weg. Der Sturm reinigte vor. Der Donner knallte, die Blitze zuckten und schienen für Sekundenbruchteile starr und wie in den Himmel geklebt, grell weiß und rötlich scharf. Einige hundert Meter entfernt ragten die Masten der Hochspannungsleitung wie stählerne Skelette in den bleiernen Himmel. Die schweren Wolken entluden sich und schütteten ihr Wasser auf die ausgetrocknete Erde. Die Tropfen schlugen hämmernd auf den Boden, klopften auf die staubigen Krusten des Bodens, fluteten seine Poren und peitschten das Feld. Das Wasser rann über ihre Körper, Donner und Regen lärmten, redeten und schrien. Das Wasser massierte und umspülte sie. Sie hatten sich noch nie im Freien geliebt.

14
    Am nächsten Morgen fuhr Stephan zum Polizeipräsidium in Recklinghausen und übergab den Fensterwischer dem zuständigen Kriminalhauptkommissar Schreiber, der die Ermittlungen in der Einbruchsache van Eyck führte. Er nahm Stephans Hinweise auf den zwangsläufigen Aufenthalt von Liekes Wagen im Dortmunder Hafengebiet zum Zeitpunkt der Emission aus der Cleanochem AG und Maries Schlussfolgerung über die Art und Weise der Reinigung der Scheiben an Liekes Wagen auf und vermerkte, dass Stephan Anne van Eyck vertrat. Stephan verwies auf die bei der Staatsanwaltschaft in Essen geführte und vorläufig abgeschlossene Akte zum Unfalltod von Lieke van Eyck.
    »Die Fälle gehören wahrscheinlich zusammen«, schloss Stephan.
    Herr Schreiber notierte sich dieses und jenes.
    »Wir werden diesen Fensterwischer untersuchen und uns mit den Kollegen in Essen in Verbindung setzen«, versprach Schreiber. »Wenn das Ergebnis vorliegt, sehen wir weiter.«
    Als Stephan in sein Büro zurückkam, überreichte ihm Hubert Löffke im Erdgeschoss des Kanzleigebäudes einen Briefumschlag.
    »Sie haben heute einen Posteingang«, säuselte Löffke ironisch und verbeugte sich devot. »Laut Absender von ThyssenKrupp.« Er reichte Stephan mit der ausgestreckten rechten Hand den Umschlag, die andere steckte lässig in seiner Hosentasche. Löffke trug trotz der Wärme einen schwarzen Anzug. Das weiße Hemd war bis oben zugeknöpft, die rote Krawatte korrekt mit einer Krawattennadel justiert.
    »Den erfolgreichen Anwalt kennzeichnet nicht zwingend eine Flut

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