Drake (German Edition)
Versorgung, Nachschub, ist alles okay. Alles ist okay, aber darin sehe ich eine bestimmte Gefahr. Die meisten Personen benehmen sich, als wären sie in einem gesicherten Urlaubsort auf der Erde. Zudem sind zu viele hier unten. Eine schnelle Evakuierung ist nicht mehr gewährleistet. Vielleicht solltest du Sternberg einmal darauf ansprechen, wenn die erste Euphorie vorbei ist.«
Verotroicx nickte zustimmend, sagte aber nichts dazu. Katrin sprach seine Gedanken offen aus. Nebenbei erfüllte es ihn ein wenig mit Stolz, dass wenigstens seine Leute auf dem Teppich blieben.
Selbst Scott hatte seine Superhasen anscheinend vergessen und meinte: »Richtig. Es geht alles viel zu schnell. Es sollte wirklich einmal jemand mit Sternberg reden. Gestern zum Beispiel hat er uns seine Vorstellungen von seiner Residenz vorgelegt. Er will einen Prachtbau oben auf dem flachen Hügel mit Blick auf die Lagune. Alles soll aus Naturholz sein. Ich frage mich, ob er sich sein Reich überhaupt schon einmal genauer angesehen hat. Hier gibt es keine Bäume. Wir könnten allenfalls aus den weichen Ästen der Sträucher Pressspan herstellen. Oder wir backen irgendeinen Kunststoff zu Naturholz zusammen. Ich bin allerdings im Zweifel, ob wir damit seine Geschmacksrichtung treffen werden. Gut, das Beispiel steht nicht für ein mögliches Problem, aber es zeigt die Gesinnung von Sternberg. Erfolg um jeden Preis. Vielleicht sind wir aber auch zu kritisch und es ist alles tatsächlich so einfach, wie es aussieht.«
»Ich glaube nicht, dass es so einfach ist«, entgegnete Katrin. »Wir hätten den Planeten zunächst einige Zeit aus der Umlaufbahn beobachten müssen, Hochrechnungen anstellen und Modelle durchspielen, nur kleine Teams auf die Oberfläche bringen sollen, die Daten vor Ort sammeln. Wir besitzen im Moment noch nicht einmal im Ansatz gefestigtes Wissen über die Komplexität der Systeme von Blue Boy. Oder über die Stabilität der beiden Sonnen. Im Augenblick sind wir dabei, das alles nachzuholen, aber wir arbeiten praktisch auf dünnem Eis, und das mit Kind und Kegel.«
Verotroicx hob beschwichtigend die Hand. »Okay, ich sehe das alles ein. Es ist auch meine Meinung. Ich werde mit Mulholland und Hoffmann darüber reden, vielleicht sogar mit Charlotte Sternberg. Ihn selbst anzusprechen, erscheint mir im Augenblick zwecklos zu sein. Er macht auf mich den Eindruck, als wäre er total abgehoben. Vorhin ist er an mir regelrecht vorbeigeschwebt, um seine Mädchentruppe mit Bussis und Umarmungen in Empfang zu nehmen. Ich wüsste nicht, wie ich dem Mann verständlich machen sollte, dass es besser wäre, den Planeten zu verlassen.«
Für einige Sekunden sagte niemand etwas. Es war ihnen klar, dass ihr größtes Problem die Diplomatie sein würde.
»Da ist noch etwas«, brach Katrin das Schweigen. »Vielleicht bin ich wegen des Heile-Welt-Getues schon hysterisch, aber das Verhalten der Hunde, dieser Afghanen, kommt mir in den letzten Tagen etwas verändert vor. Bisher hatten sie uns kaum beachtet. Etwa 300 Exemplare leben hier auf der Insel. Die Strände, die wir von ihrem Kot gereinigt haben, haben sie danach einfach gemieden. Jetzt kommen aber einzelne von ihnen wieder an den Strand. Sie beachten uns zwar nach wie vor nicht, aber es scheint so, als ob sie auf etwas warten. Meistens bleiben sie nicht länger als zehn Minuten, dann verschwinden sie wieder.« Sie machte eine unbestimmte Handbewegung. »Ich weiß, es klingt verrückt, aber ihr Verhalten macht mich nervös. Es ist genau das, was ich mit der Komplexität ausdrücken wollte. Wir wissen nicht, was normalerweise auf dem Planeten geschieht. Das mit den Hunden kann ein ganz normaler, immer wiederkehrender Vorgang sein, der sich vielleicht alle paar Wochen oder Monate wiederholt, er kann aber auch ein Anzeichen für … ja, ich weiß nicht … für Veränderungen sein, die wir beachten sollten.«
Scott sah sie einen Augenblick zweifelnd an, dann wandte er sich wieder seinem Frame zu. »Ich glaube, du siehst schon Gespenster. Wahrscheinlich sind das rollige Hündinnen, die nach einem Partner Ausschau halten. Wahrscheinlich kommen bald welche von der Nachbarinsel rübergeschwommen. Bei uns Menschen kommt das Manna vom Himmel.« Er deutete grinsend auf seinen Frame, auf dem die Ankömmlinge ihren Weg durch die Menge immerhin schon bis an den Rand des Landeplatzes geschafft hatten.
»Scott, du weißt genau, was ich meine! Es geht mit nicht um Schwarzmalerei, sondern darum, dass ich dieses
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