Die Liebe des Kartographen: Roman
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D as Schnaufen des Mannes wurde schneller, lauter. Die Augen zugekniffen, die Hände ins Leinentuch gekrallt, versuchte das Mädchen, sich an einen anderen Ort zu wünschen. Durch seine dichten Wimpern drang silbernes Mondlicht, dessen Glanz in höhnischem Kontrast zu dem stand, was in der stinkenden Hütte geschah. âºMach, dass er bald fertig istâ¹, flehte die junge Frau im Stillen, ohne ihre Bitte an jemand Bestimmten zu richten. Was immer der Pfarrer ihnen auch erzählen mochte â seit ihre Mutter so jämmerlich verrecken musste, war es mit ihrem Glauben an den Herrgott sowieso geschehen. AuÃerdem, wenn es wirklich einen Gott gäbe, würde er doch hierbei nicht seelenruhig zugucken, oder? Oder es gab ihn doch und er hatte Wichtigeres zu tun.
Ihre langen Zöpfe hatten sich unter ihren Rücken geschoben und zerrten schmerzhaft an ihrer Kopfhaut. Sie konnte nichts dagegen tun. Mit einem letzten Grunzen erschlaffte der Körper des Mannes schlieÃlich, und sein Gewicht drückte sie schwer in die dünne Strohmatratze. Nach einem kurzen Moment wälzte er sich von ihrem Leib herunter, zog die Nase hoch und wischte sich den Schweià von der Stirn. Dann gab er ihr einen leichten Schlag auf die Wange. »Schlaf ja nicht mehr ein, faules Luder, âs ist eh bald Zeit, deine Schwestern zu wecken.«
Erst als der Mann aus der Hütte getreten war, um dahinter seine Notdurft zu verrichten, öffnete Xelia die Augen. Sie fühlte sich so tot wie die zum Trocknen aufgehängten Tierhäute, die sie erst gestern aus den Gerberbottichen gezogen hatten. Unter den Trockengestellen hatten sich feuchte Pfützen gebildet, die sauer rochen. Sie biss die Zähne zusammen, sonst hätte sie laut aufgeschrien.
»Er war heutâ Nacht wieder bei dir.« Ob es sich dabei um eine Frage oder lediglich um eine Feststellung handelte, war Annas Tonfall nicht zu entnehmen.
Xelia zuckte mit den Schultern. Was hätte sie darauf auch antworten sollen. Mit einer Kopfbewegung holte sie die lose aus ihrem Zopf hängenden Haare nach vorne, so dass sie wie ein lichter Vorhang vor ihrem Gesicht hingen. Seltsamerweise fühlte sie sich hinter diesem Schleier besser.
Für einen Moment war nur das Schaben ihrer Werkzeuge zu hören. Seit dem frühen Morgen waren die beiden Schwestern schon unterwegs, um Eichenrinde zu sammeln. Aus dieser wurde die Gerblösung hergestellt, in der die abgezogenen Tierhäute fast ein Dreivierteljahr eingeweicht wurden, bevor sie weiterbearbeitet werden konnten. Ein Sack war bereits randvoll mit den rauen Stücken, ein zweiter zur Hälfte gefüllt. Weitere drei Säcke lagen noch zusammengefaltet daneben. Es war eine mühsame und langwierige Arbeit, denn sie konnten von jeder Eiche nur eine bestimmte Menge Rinde abschälen, wollten sie den Baum nicht tödlich verwunden. Eichen waren rar, und die wenigen, die es in der Nähe von Leinstetten gab, standen weit auseinander. Doch so mühevoll die Arbeit auch sein mochte, die Mädchen taten sie gern. Hauptsache, sie waren weg vom Haus und seinen stinkenden Fellen und Tierhäuten. Und vom Gerber.
»Bald jede Nacht kommt das Schwein zu dir. Ich wartâ nur drauf, dass er sich auch noch an Sybille vergreift.« Anna zog geräuschvoll die Nase hoch. »Dem Himmel sei Dank, dass ich so hässlich bin.« Ihr Atem malte kleine Wolken in die Märzluft. Im Gegensatz zu Xelia hatte sie ihre Haare zu einem straffen Zopf um den Kopf gelegt, was ihrem Gesicht einen schutzlosen und gleichzeitig strengen Ausdruckverlieh. Sie steckte ihr Werkzeug in die Schürzentasche und rieb sich die klamm gewordenen Hände. Von lauer Frühlingsluft war hier oben auf der Alb noch nichts zu spüren.
Wieder blieb Xelia stumm. Je weniger sie über das sprach, was nachts in ihrer Hütte geschah, desto weniger hoffte sie, den Ekel und die Abscheu davor zu spüren.
»Und unsere Mutter selig hat nichts Besseres zu tun, als uns mit diesem Teufel allein zu lassen.«
»Anna!« Xelias Gesicht war plötzlich aus seiner Starre erwacht, Entsetzen über Annas grobe Worte mischte sich mit dem Kummer, so unerwartet an ihre Mutter erinnert zu werden. »Versündige dich nicht!«
»Versündigen, dass ich nicht lache! Wenn der Pfarrer wüsst, was bei uns los ist, würdâ er uns eigenhändig aus der Kirche jagen! Wir sind schon so mit Sünde besudelt, da
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