Drake (German Edition)
Livingstone.
»Verotroicx, ist das nicht fantastisch!«, empfing ihn die Livingstone-Vogelscheuche mit ausgebreiteten Armen. »Alle sind glücklich! Eine einzige große glückliche Familie!«
Verotroicx drehte sich zu der Menge um, hauptsächlich deswegen, weil er fürchtete, von Sternberg umarmt zu werden.
»Ja, es ist wirklich alles sehr ungewöhnlich.«
»Ungewöhnlich? Guter Mann, Sie sind einfach zu nüchtern veranlagt. Lassen Sie mal die Lebensfreude aus sich raus! Genießen Sie den Erfolg! Ihren Erfolg! Sie haben maßgeblichen Anteil daran.«
Sie standen nun beide nebeneinander und beobachteten das Geschehen auf dem Landeplatz.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie so viele … äh … Angestellte im HEAD haben«, meinte Verotroicx vorsichtig.
»Wie? Ach, Sie meinen die Mädchen! Ja, Charlotte braucht viel Unterstützung bei ihrer Forschung und in der Organisation für unser Unternehmen. Mein Gott, ist das schön, dass wir das alles erleben dürfen. Ich muss sofort zu ihnen und sie auf Fantasia willkommen heißen.«
Und weg war er.
Kopfschüttelnd sah ihm Verotroicx noch einen Augenblick nach, als er in der Menge verschwand, dann ging er hinüber zu den provisorischen Baracken, in denen seine Leute untergebracht waren.
Forschung? Welche Forschung? Er wollte gar nicht darüber nachdenken, welche Forschungen Charlotte Sternberg angeblich betrieb.
Scott Cohen und Katrin Gauthier empfingen ihn mit einem nachlässigen Gruß in der luftigen Kantine. Die Seitenwände waren hochgeklappt. Da es keine Bäume auf Fantasia gab, spendeten die Wände auf diese Weise wenigstens etwas Schatten.
Die Aufmerksamkeit der beiden galt ihren Frames, auf denen sie die Ankunft von Sternbergs Mädchen verfolgten.
Verotroicx verdrehte die Augen und holte sich einen Kaffee.
»Gibt es denn etwas Neues?«, fragte er beiläufig. »Ich meine damit, etwas wirklich Wichtiges. So etwas in der Art wie tektonische Beben oder kleine Katastrophen, wie sie auf fremden Planeten vorkommen könnten. Nicht so etwas wie die Ankunft von Sternbergs Hühnern.«
Scott drehte sich fassungslos um.
»Hühner? Du bezeichnest die erstklassige Ware als Hühner? Bah, Alan, ich hätte dir mehr Stil zugetraut. Oder solltest du tatsächlich schon in einem fortgeschrittenen Alter sein, in dem dich so etwas kalt lässt?«
»Vic hat den Begriff geprägt, nicht ich.«
»Vic. Bah. Vic ist kaum älter als diese Superhasen und trotzdem Lichtjahre von ihnen entfernt. Bei Vic würde noch nicht einmal eine Fee mit drei Wünschen etwas nützen.«
Katrin Gauthier klatschte ihm unvermittelt mit der flachen Hand auf seine blonden kurzen Haare. »Hey, jetzt mach mal halblang! Superhasen, Hühner! Wo leben wir denn? In der Steinzeit? Seit einer halben Stunde sabberst du hier in deinen Frame rein und glotzt die Mädchen an! Hast du denn überhaupt keinen Respekt vor Frauen? Und überhaupt: Ein männliches Vorzeigemodell bist du ja auch nicht gerade.«
Scott schaute an seiner gedrungenen Gestalt herunter und grinste. »Hab ich auch nie behauptet. Ich freu mich halt nur über den schönen Anblick dieser Frauen. Und das mit den Hühnern hat sogar eine Frau gesagt, nämlich Victoria Lacey, nicht ich. Alan, du bist doch mit den Mädchen im Cargo gewesen. Sind die wirklich so schön?«
»Sagen wir mal so: Sie haben eine gewisse Klasse«, gab Verotroicx zu. »Ob sie schön sind, muss jeder selbst entscheiden. Sie sind auf jeden Fall noch sehr jung.« Er setze den Kaffeebecher ab. »Aber zurück zur Pflicht. Stichwort Lokales. Gibt es hier auf dem Stützpunkt etwas Neues?« Ganz bewusst vermied er die Namen Charlotte oder Fantasia. Sie kamen ihm einfach zu kindisch vor.
Katrin ging dankbar auf den Themenwechsel ein. Sie war im Grunde genommen ein nüchterner Mensch. Selbst der kleine humoristische Ausbruch gegenüber Scott war durchaus ernst gemeint.
»Mit dem Planeten ist weiterhin alles im grünen Bereich«, sagte sie und strich ihre braunen dünnen Haare hinter das Ohr. »Klima, Temperatur, keine offensichtlichen Gefahren durch Pflanzen oder Tiere. Schlichtweg ein Paradies, wenn man einmal von der rötlichen Färbung des Himmels und der starken Corioliskraft durch die schnelle Eigendrehung von Blue Boy absieht. Man braucht ein paar Tage, bis man sich daran gewöhnt hat. Es ist nicht weiter schlimm, bis auf ein paar heftige Schwindelanfälle bei ganz empfindlichen Menschen ist nichts weiter passiert. Auch hier auf Fantasia gibt es keine besonderen Vorkommnisse.
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