Dramatische Werke
Daß ich ihm einen zeigte?
Carlos (äußerst erstaunt).
Ist es möglich?
Graf Lerma.
Marquis.
Der hat dir gesagt? – Ja, nun
Wird Alles, Alles offenbar! Wer konnte
Das auch voraussehn? – Lerma also? – Nein,
Der Mann hat lügen nie gelernt. Ganz recht,
Die andern Briefe liegen bei dem König.
Carlos (sieht ihn lange mit sprachlosem Erstaunen an).
Weßwegen bin ich aber hier?
Marquis.
Zur Vorsicht,
Wenn du vielleicht zum zweiten Mal versucht
Sein möchtest, eine Eboli zu deiner
Vertrauten zu erwählen.
Carlos (wie aus einem Traum erwacht).
Ha! Nun endlich!
Jetzt seh' ich – jetzt wird Alles Licht –
Marquis (geht nach der Thüre).
Wer kommt?
Zweiter Auftritt.
Herzog Alba. Die Vorigen .
Alba (nähert sich ehrerbietig dem Prinzen, dem Marquis durch diesen ganzen Auftritt den Rücken zuwendend).
Prinz, Sie sind frei. Der König schickt mich ab,
Es Ihnen anzukündigen.
(Carlos sieht den Marquis verwundernd an. Alle schweigen still.)
Zugleich
Schätz' ich mich glücklich, Prinz, der Erste sein
Zu dürfen, der die Gnade hat –
Carlos (bemerkt beide mit äußerster Verwunderung. Nach einer Pause zum Herzog).
Ich werde
Gefangen eingesetzt und frei erklärt,
Und ohne mir bewußt zu sein, warum
Ich Beides werde?
Alba.
Aus Versehen, Prinz,
So viel ich weiß, zu welchem irgend ein
– Betrüger den Monarchen hingerissen.
Carlos.
Doch aber ist es auf Befehl des Königs,
Daß ich mich hier befinde?
Alba.
Ja, durch ein
Versehen Seiner Majestät.
Carlos.
Das thut
Mir wirklich leid – Doch, wenn der König sich
Versieht, kommt es dem König zu, in eigner
Person den Fehler wieder zu verbessern.
(Er sucht die Augen des Marquis und beobachtet eine stolze Herabsetzung gegen den Herzog.)
Man nennt mich hier Don Philipps Sohn. Die Augen
Der Lästerung und Neugier ruhn auf mir.
Was Seine Majestät aus Pflicht gethan,
Will ich nicht scheinen ihrer Huld zu danken.
Sonst bin ich auch bereit, vor dem Gerichte
Der Cortes mich zu stellen – meinen Degen
Nehm' ich aus solcher Hand nicht an.
Alba.
Der König
Wird keinen Anstand nehmen, Eurer Hoheit
Dies billige Verlangen zu gewähren,
Wenn Sie vergönnen wollen, daß ich Sie
Zu ihm begleiten darf –
Carlos.
Ich bleibe hier,
Bis mich der König oder sein Madrid
Aus diesem Kerker führen. Bringen Sie
Ihm diese Antwort.
(Alba entfernt sich. Man sieht ihn noch eine Zeit lang im Vorhofe verweilen und Befehle austheilen.)>
Dritter Auftritt.
Carlos und Marquis von Posa .
Carlos (nachdem der Herzog hinaus ist, voll Erwartung und Erstaunen zum Marquis).
Was ist aber das?
Erkläre mir's. Bist du denn nicht Minister?
Marquis.
Ich bin's gewesen, wie du siehst.
(Auf ihn zugehend, mit großer Bewegung.)
O Carl,
Es hat gewirkt. Es hat. Es ist gelungen.
Jetzt ist's gethan. Gepriesen sei die Allmacht,
Die es gelingen ließ!
Carlos.
Gelingen? Was?
Ich fasse deine Worte nicht.
Marquis (ergreift seine Hand).
Du bist
Gerettet, Carl – bist frei – und ich – (Er hält inne.)
Carlos.
Und du?
Marquis.
Und ich – ich drücke dich an meine Brust
Zum ersten Mal mit vollem, ganzem Rechte;
Ich hab' es ja mit Allem, Allem, was
Mir theuer ist, erkauft – O Carl, wie süß,
Wie groß ist dieser Augenblick! Ich bin
Mit mir zufrieden.
Carlos.
Welche plötzliche
Veränderung in deinen Zügen? So
Hab' ich dich nie gesehen. Stolzer hebt
Sich deine Brust, und deine Blicke leuchten.
Marquis.
Wir müssen Abschied nehmen, Carl. Erschrick nicht.
O, sei ein Mann. Was du auch hören wirst,
Versprich mir, Carl, nicht durch unbänd'gen Schmerz,
Unwürdig großer Seelen, diese Trennung
Mir zu erschweren – du verlierst mich, Carl –
Auf viele Jahre – Thoren nennen es
Auf ewig.
(Carlos zieht seine Hand zurück, sieht ihn starr an und antwortet nichts.)
Sei ein Mann. Ich habe sehr
Auf dich gerechnet, hab' es nicht vermieden,
Die bange Stunde mit dir auszuhalten,
Die man die letzte schrecklich nennt – Ja, soll
Ich dir's gestehen, Carl? – ich habe mich
Darauf gefreut – Komm, laß uns niedersitzen –
Ich fühle mich erschöpft und matt.
(Er rückt nahe an Carlos, der noch immer in einer todten Erstarrung ist und sich unwillkürlich von ihm niederziehen läßt.)
Wo bist du?
Du gibst mir keine Antwort? – Ich will kurz sein.
Den Tag nachher, als wir zum letzten Mal
Bei den Karthäusern uns gesehn, ließ mich
Der König zu sich fordern. Den Erfolg
Weißt du, weiß ganz Madrid. Das weiß du nicht,
Daß dein Geheimniß ihm verrathen worden,
Daß Briefe,
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