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Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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War
Ich auch so eilig, so gewissenhaft,
Da du für mich geblutet hast – ein Knabe?
    Carlos (bleibt gerührt und voll Bewunderung vor ihm stehen).
O gute Vorsicht!
    Marquis.
Rette dich für Flandern!
Das Königreich ist dein Beruf. Für dich
Zu sterben, war der meinige.
    Carlos (geht auf ihn zu und nimmt ihn bei der Hand, voll der innigsten Empfindung).
Nein, nein!
Er wird – er kann nicht wiederstehn! So vieler
Erhabenheit nicht widerstehn! Ich will
Dich zu ihm führen. Arm in Arme wollen
Wir zu ihm gehen. Vater, will ich sagen,
Das hat ein Freund für seinen Freund gethan.
Es wird ihn rühren. Glaube mir, er ist
Nicht ohne Menschlichkeit, mein Vater. Ja!
Gewiß, es wird ihn rühren. Seine Augen werden
Von warmen Thränen übergehn, und dir
Und mir wird er verzeihn –
    (Es geschieht ein Schuß durch die Gitterthüre. Carlos springt auf.)
    Ha! wem galt das?
    Marquis.
Ich glaube – mir. (Er sinkt nieder.)
    Carlos (fällt mit einem Schrei des Schmerzes neben ihm zu Boden).
O himmlische
Barmherzigkeit!
    Marquis (mit brechender Stimme).
Es ist geschwind – der König –
Ich hoffte – länger – Denk' auf deine Rettung –
Hörst du? – auf deine Rettung – deine Mutter
Weiß Alles – ich kann nicht mehr –
    (Carlos bleibt wie todt bei dem Leichnam liegen. Nach einiger Zeit tritt der König herein, von vielen Granden begleitet, und fährt bei diesem Anblick betreten zurück. Eine allgemeine und tiefe Pause. Die Granden stellen sich in einen halben Kreis um diese Beiden und sehen wechselsweise auf den König und seinen Sohn. Dieser liegt noch ohne alle Zeichen des Lebens. – Der König betrachtet ihn mit nachdenklicher Stille.)
    Vierter Auftritt.
    Der König. Carlos. Die Herzoge von Alba, Feria und Medina Sidonia. Der Prinz von Parma. Graf Lerma. Domingo und viele Granden.
    König (mit gütigem Tone).
Deine Bitte
Hat Statt gefunden, mein Infant. Hier bin ich,
Ich selbst mit allen Großen meines Reichs,
Dir Freiheit anzukündigen.
    (Carlos blickt auf und sieht um sich her, wie einer, der aus dem Traum erwacht. Seine Augen heften sich bald auf den König, bald auf den Todten. Er antwortet nicht.)
    Empfange
Dein Schwert zurück. Man hat zu rasch verfahren.
(Er nähert sich ihm, reicht ihm die Hand und hilft ihm sich aufzurichten.)
Mein Sohn ist nicht an seinem Platz. Steh auf.
Komm in die Arme deines Vaters.
    Carlos (empfängt ohne Bewußtsein die Arme des Königs – besinnt sich aber plötzlich, hält inne und sieht ihn genauer an).
Dein
Geruch ist Mord. Ich kann dich nicht umarmen.
(Er stößt ihn zurück, alle Granden kommen in Bewegung.)
Nein! Steht nicht so betroffen da! Was hab'
Ich Ungeheures denn gethan? Des Himmels
Gesalbten angetastet? Fürchtet nichts.
Ich lege keine Hand an ihn. Seht ihr
Das Brandmal nicht an seiner Stirne? Gott
Hat ihn gezeichnet.
    König (bricht schnell auf).
Folgt mir, meine Granden.
    Carlos.
Wohin? Nicht von der Stelle, Sire –
    (Er hält ihn gewaltsam mit beiden Händen und bekommt mit der einen das Schwert zu fassen, das der König mitgebracht hat. Es fährt aus der Scheide.)
    König.
Das Schwert
Gezückt auf deinen Vater?
    Alle anwesenden Granden (ziehen die ihrigen).
Königsmord!
    Carlos (den König fest an der einen Hand, das bloße Schwert in der andern).
Steckt eure Schwerter ein. Was wollt ihr? Glaubt
Ihr, ich sei rasend? Nein, ich bin nicht rasend.
Wär' ich's, so thatet ihr nicht gut, mich zu
Erinnern, daß auf meines Schwertes Spitze
Sein Leben schwebt. Ich bitte, haltet euch
Entfernt. Verfassungen, wie meine, wollen
Geschmeichelt sein – drum bleibt zurück. Was ich
Mit diesem König abzumachen habe,
Geht euern Leheneid nichts an. Seht nur,
Wie seine Finger bluten! Seht ihn recht an!
Seht ihr? O seht auch hieher – Das hat Er
Gethan, der große Künstler!
    König (zu den Granden, welche sich besorgt um ihn herumdrängen wollen).
Tretet Alle
Zurück. Wovor erzittert ihr? – Sind wir
Nicht Sohn und Vater? Ich will doch erwarten,
Zu welcher Schandthat die Natur –
    Carlos.
Natur?
Ich weiß von keiner. Mord ist jetzt die Losung.
Der Menschheit Bande sind entzwei. Du selbst
Hast sie zerrissen, Sire, in deinen Reichen.
Soll ich verehren, was du höhnst? – O, seht!
Seht hieher! Es ist noch kein Mord geschehen,
Als heute – Gibt es keinen Gott? Was? Dürfen
In seiner Schöpfung Könige so hausen?
Ich frage, gibt es keinen Gott? So lange Mütter
Geboren haben, ist nur Einer – Einer
So unverdient gestorben – Weißt du auch,
Was du gethan

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