Dramatische Werke
Brüssel!
Domingo (tritt dazu).
Das ist sehr
Verdächtig.
Taxis.
Und wie ängstlich, wie verlegen
Er mir empfohlen worden!
Domingo.
Aengstlich? So!
Alba.
An wen ist denn die Aufschrift?
Taxis.
An den Prinzen
Von Nassau und Oranien.
Alba.
An Wilhelm? –
Kaplan, das ist Verrätherei.
Domingo.
Was könnt'
Es anders sein? – Ja freilich, diesen Brief
Muß man sogleich dem König überliefern.
Welch ein Verdienst von Ihnen, würd'ger Mann,
So streng zu sein in Ihres Königs Dienst!
Taxis.
Hochwürd'ger Herr, ich that nur meine Pflicht.
Alba.
Sie thaten wohl.
Lerma (kommt aus dem Kabinet. Zum Oberpostmeister).
Der König will Sie sprechen.
(Taxis geht hinein.)
Der Marquis immer noch nicht da?
Domingo.
Man sucht
Ihn aller Orten.
Alba.
Sonderbar und seltsam.
Der Prinz ein Staatsgefangner, und der König
Noch selber ungewiß, warum?
Domingo.
Er war
Nicht einmal hier, ihm Rechenschaft zu geben?
Alba.
Wie nahm es denn der König auf?
Lerma.
Der König
Sprach noch kein Wort. (Geräusch aus dem Kabinet.)
Alba.
Was war das? Still!
Taxis (aus dem Kabinet).
Graf Lerma!
(Beide hinein.)
Alba (zu Domingo).
Was geht hier vor?
Domingo.
Mit diesem Ton des Schreckens?
Wenn dieser aufgefangne Brief? – Mir ahnet
Nichts Gutes, Herzog.
Alba.
Lerma läßt er rufen!
Und wissen muß er doch, daß Sie und ich
Im Vorsaal –
Domingo.
Unsre Zeiten sind vorbei.
Alba.
Bin ich Derselbe denn nicht mehr, dem hier
Sonst alle Thüren sprangen? Wie ist Alles
Verwandelt um mich her – wie fremd –
Domingo (hat sich leise der Kabinetsthüre genähert und bleibt lauschend davor stehen).
Horch!
Alba (nach einer Pause).
Alles
Ist todtenstill. Man hört sie Athem holen.
Domingo.
Die doppelte Tapete dämpft den Schall.
Alba.
Hinweg! Man kommt!
Domingo (verläßt die Thüre).
Mir ist so feierlich,
So bang, als sollte dieser Augenblick
Ein großes Loos entscheiden.
Dreiundzwanzigster Auftritt.
Der Prinz von Parma, die Herzoge von Feria und Medina Sidonia mit noch einigen andern Granden treten auf. Die Vorigen .
Parma.
Ist der König
Zu sprechen?
Alba.
Nein.
Parma.
Nein? Wer ist bei ihm?
Feria.
Marquis
Von Posa ohne Zweifel?
Alba.
Den erwartet man
So eben.
Parma.
Diesen Augenblick
Sind wir von Saragossa eingetroffen.
Der Schrecken geht durch ganz Madrid – Ist es
Denn wahr?
Domingo.
Ja, leider!
Feria.
Es ist wahr? er ist
Durch den Maltheser in Verhaft genommen?
Alba.
So ist's.
Parma.
Warum? Was ist geschehn?
Alba.
Warum?
Das weiß kein Mensch, als Seine Majestät
Und Marquis Posa.
Parma.
Ohne Zuziehung
Der Cortes seines Königreichs?
Feria.
Weh Dem,
Der Theil gehabt an dieser Staatsverletzung.
Alba.
Weh' ihm! so ruf' ich auch.
Medina Sidonia.
Ich auch.
Die übrigen Granden.
Wir alle.
Alba.
Wer folgt mir in das Kabinet? – Ich werfe
Mich zu des Königs Füßen.
Lerma (stürzt aus dem Kabinet).
Herzog Alba!
Domingo.
Endlich,
Gelobt sei Gott! (Alba eilt hinein.)
Lerma (athemlos, in großer Bewegung).
Wenn der Maltheser kommt,
Der Herr ist jetzo nicht allein, er wird
Ihn rufen lassen –
Domingo (zu Lerma, indem sich alle Uebrigen voll neugieriger Erwartung um ihn versammeln).
Graf, was ist geschehen?
Sie sind ja blaß wie eine Leiche.
Lerma (will forteilen).
Das
Ist teufelisch!
Parma
und Feria.
Was denn? Was denn?
Medina Sidonia.
Was macht
Der König?
Domingo (zugleich).
Teufelisch? Was denn?
Lerma.
Der König hat
Geweint.
Domingo.
Geweint?
Alle (zugleich, mit betretnem Erstaunen).
Der König hat geweint?
(Man hört eine Glocke im Kabinet. Graf Lerma eilt hinein.)
Domingo (ihm nach, will ihn zurückhalten).
Graf, noch ein Wort – Verziehen Sie – Weg ist er!
Da stehn wir angefesselt von Entsetzen.
Vierundzwanzigster Auftritt.
Prinzessin von Eboli. Feria. Medina Sidonia. Parma. Domingo und alle übrige Granden.
Eboli (eilig, außer sich).
Wo ist der König? wo? Ich muß ihn sprechen.
(Zu Feria.) Sie, Herzog, führen mich zu ihm.
Feria.
Der König
Hat wichtige Verhinderung. Kein Mensch
Wird vorgelassen.
Eboli.
Unterzeichnet er
Das fürchterliche Urtheil schon? Er ist
Belogen. Ich beweis' es ihm, daß er
Belogen ist.
Domingo (gibt ihr von ferne einen bedeutenden Wink).
Prinzessin Eboli!
Eboli (geht auf ihn zu).
Sie auch da, Priester? Recht! Sie brauch' ich eben.
Sie sollen mir's bekräftigen.
(Sie ergreift seine Hand und will ihn ins Kabinet mit fortreißen.)
Domingo.
Ich? – Sind
Sie bei sich,
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