Dramatische Werke
verschwieg ich's ihm? – Sie hatten Recht,
Ich mußt' ihn warnen – Jetzo ist's zu spät.
Questenberg.
Was ist zu spät? Besinnen Sie sich, Freund,
Daß Sie in lauter Räthseln zu mir reden.
Octavio (gefaßter).
Wir gehn zum Herzog. Kommen Sie. Die Stunde
Rückt auch heran, die er zur Audienz
Bestimmt hat. Kommen Sie! –
Verwünscht, dreimal verwünscht sei diese Reise!
(Er führt ihn weg, der Vorhang fällt.)
Zweiter Aufzug.
Saal beim Herzog von Friedland.
Erster Auftritt.
Bediente setzen Stühle und breiten Fußteppiche aus. Gleich darauf Seni , der Astrolog, wie ein italienischer Doctor schwarz und etwas phantastisch gekleidet. Er tritt in die Mitte des Saals, ein weißes Stäbchen in der Hand, womit er die Himmelsgegenden bezeichnet.
Bedienter (mit einem Rauchfaß herumgehend).
Greift an! Macht, daß ein Ende wird! Die Wache
Ruft ins Gewehr. Sie werden gleich erscheinen.
Zweiter Bedienter.
Warum denn aber ward die Erkerstube,
Die rothe, abbestellt, die doch so leuchtet?
Erster Bedienter.
Das frag den Mathematicus. Der sagt,
Es sei ein Unglückszimmer.
Zweiter Bedienter.
Narrenspossen!
Das heißt die Leute scheeren. Saal ist Saal,
Was kann der Ort viel zu bedeuten haben?
Seni (mit Gravität).
Mein Sohn! Nichts in der Welt ist unbedeutend.
Das Erste aber und Hauptsächlichste
Bei allem ird'schen Ding ist Ort und Stunde.
Dritter Bedienter.
Laß dich mit Dem nicht ein, Nathanael.
Muß ihm der Herr doch selbst den Willen thun.
Seni (zählt die Stühle).
Eilf! Eine böse Zahl. Zwölf Stühle setzt!
Zwölf Zeichen hat der Thierkreis, fünf und sieben;
Die heil'gen Zahlen liegen in der Zwölfe.
Zweiter Bedienter.
Was habt Ihr gegen Eilf? Das laßt mich wissen.
Seni.
Eilf ist die Sünde. Eilfe überschreitet
Die zehn Gebote.
Zweiter Bedienter.
So? und warum nennt Ihr
Die Fünfe eine heil'ge Zahl?
Seni.
Fünf ist
Des Menschen Seele. Wie der Mensch aus Gutem
Und Bösem ist gemischt, so ist die Fünfe
Die erste Zahl aus Grad' und Ungerade.
Erster Bedienter.
Der Narr!
Dritter Bedienter.
Ei, laß ihn doch! Ich hör' ihm gerne zu,
Denn mancherlei doch denkt sich bei den Worten.
Zweiter Bedienter.
Hinweg! Sie kommen! Da, zur Seitenthür hinaus!
(Sie eilen fort; Seni folgt langsam.)
Zweiter Auftritt.
Wallenstein. Die Herzogin.
Wallenstein.
Nun, Herzogin? Sie haben Wien berührt,
Sich vorgestellt der Königin von Ungarn?
Herzogin.
Der Kaiserin auch. Bei beiden Majestäten
Sind wir zum Handkuß zugelassen worden.
Wallenstein.
Wie nahm man's auf, daß ich Gemahlin, Tochter
Zu dieser Winterszeit ins Feld beschieden?
Herzogin.
Ich that nach Ihrer Vorschrift, führte an,
Sie hätten über unser Kind bestimmt
Und möchten gern dem künftigen Gemahl
Noch vor dem Feldzug die Verlobte zeigen.
Wallenstein.
Muthmaßte man die Wahl, die ich getroffen?
Herzogin.
Man wünschte wohl, sie möcht' auf keinen fremden,
Noch lutherischen Herrn gefallen sein.
Wallenstein.
Was wünschen Sie, Elisabeth?
Herzogin.
Ihr Wille, wissen Sie, war stets der meine.
Wallenstein (nach einer Pause).
Nun – Und wie war die Aufnahm' sonst am Hofe?
(Herzogin schlägt die Augen nieder und schweigt.)
Verbergen Sie mir nichts – Wie war's damit?
Herzogin.
O! mein Gemahl! – Es ist nicht Alles mehr
Wie sonst – Es ist ein Wandel vorgegangen.
Wallenstein.
Wie? Ließ man's an der alten Achtung fehlen?
Herzogin.
Nicht an der Achtung. Würdig und voll Anstand
War das Benehmen – Aber an die Stelle
Huldreich vertraulicher Herablassung
War feierliche Förmlichkeit getreten.
Ach, und die zarte Schonung, die man zeigte,
Sie hatte mehr vom Mitleid als der Gunst.
Nein! Herzog Albrechts fürstliche Gemahlin,
Graf Harrachs edle Tochter, hätte so –
Nicht eben so empfangen werden sollen!
Wallenstein.
Man schalt gewiß mein neuestes Betragen?
Herzogin.
O, hätte man' gethan! – Ich bin's von lang her
Gewohnt, Sie zu entschuldigen, zufrieden
Zu sprechen die entrüsteten Gemüther –
Nein, Niemand schalt Sie – Man verhüllte sich
In ein so lastend feierliches Schweigen.
Ach! hier ist kein gewöhnlich Mißverständniß, keine
Vorübergehende Empfindlichkeit –
Etwas Unglücklich, Unersetzliches ist
Geschehn – Sonst pflegte mich die Königin
Von Ungarn immer ihre liebe Muhme
Zu nennen, mich beim Abschied zu umarmen.
Wallenstein.
Jetzt unterließ sie's?
Herzogin (ihre Thränen trocknend, nach einer Pause).
Sie umarmte mich,
Doch erst, als ich den Urlaub schon genommen, schon
Der Thüre zuging,
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