Dramatische Werke
Exempel rein zu lösen ist.
Doch, wo von zwei gewissen Uebeln eins
Ergriffen werden muß, wo sich das Herz
Nicht ganz zurückbringt aus dem Streit der Pflichten,
Da ist es Wohlthat, keine Wahl zu haben,
Und eine Gunst ist die Nothwendigkeit.
– Die ist vorhanden. Blicke nicht zurück.
Es kann dir nichts mehr helfen. Blicke vorwärts!
Urtheile nicht! Bereite dich, zu handeln!
– Der Hof hat meinen Untergang beschlossen,
Drum bin ich Willens, ihm zuvor zu kommen.
– Wir werden mit den Schweden uns verbinden.
Sehr wackre Leute sind's und gute Freund.
(Hält ein, Piccolominis Antwort erwartend.)
– Ich hab' dich überrascht. Antwort' mir nicht.
(Er steht auf und geht nach hinten. Max steht lange unbeweglich, in den heftigsten Schmerz versetzt, wie er eine Bewegung macht, kommt Wallenstein zurück und stellt sich vor ihn.)
Max.
Mein General! – Du machst mich heute mündig.
Denn bis auf diesen Tag war mir's erspart,
Den Weg mir selbst zu finden und die Richtung.
Dir folgt' ich unbedingt. Auf dich nur braucht' ich
Zu sehn und war des rechten Pfads gewiß.
Zum ersten Male heut verweisest du
Mich an mich selbst und zwingst mich, eine Wahl
Zu treffen zwischen dir und meinem Herzen.
Wallenstein.
Sanft wiegte dich bis heute dein Geschick,
Du konntest spielend deine Pflichten üben,
Jedwedem schönen Trieb Genüge thun,
Mit ungetheiltem Herzen immer handeln.
So kann's nicht ferner bleiben. Feindlich scheiden
Die Wege sich. Mit Pflichten streiten Pflichten.
Du mußt Partei ergreifen in dem Krieg,
Der zwischen deinem Freund und deinem Kaiser
Sich jetzt entzündet.
Max.
Krieg! Ist das der Name?
Der Krieg ist schrecklich, wie des Himmels Plagen,
Doch er ist gut, ist ein Geschick, wie sie.
Ist das ein guter Krieg, den du dem Kaiser
Bereitest mit des Kaisers eignem Heer?
O Gott des Himmels, was ist das für eine
Veränderung! Ziemt solche Sprache mir
Mit dir, der, wie der feste Stern des Pols,
Mir als die Lebensregel vorgeschienen!
O, welchen Riß erregst du mir im Herzen!
Der alten Ehrfurcht eingewachsenen Trieb
Und des Gehorsams heilige Gewohnheit
Soll ich versagen lernen deinen Namen?
Nein, wende nicht dein Angesicht zu mir!
Es war mir immer eines Gottes Antlitz,
Kann über mich nicht gleich die Macht verlieren;
Die Sinne sind in deinen Banden noch,
Hat gleich die Seele blutend sich befreit!
Wallenstein.
Max, hör' mich an.
Max.
O, thu es nicht! Thu's nicht.
Sieh, deine reinen, edeln Züge wissen
Noch nichts von dieser unglücksel'gen That.
Bloß deine Einbildung befleckte sie,
Die Unschuld will sich nicht vertreiben lassen
Aus deiner hoheitblickenden Gestalt.
Wirf ihn heraus, den schwarzen Fleck, den Feind.
Ein böser Traum bloß ist es dann gewesen,
Der jede sichre Tugend warnt. Es mag
Die Menschheit solche Augenblicke haben;
Doch siegen muß das glückliche Gefühl.
Nein, du wirst so nicht endigen. Das würde
Verrufen bei den Menschen jede große
Natur und jedes mächtige Vermögen,
Recht geben würd' es dem gemeinen Wahn,
Der nicht an Edles in der Freiheit glaubt
Und nur der Ohnmacht sich vertrauen mag.
Wallenstein.
Streng wird die Welt mich tadeln, ich erwart' es.
Mir selbst schon sagt' ich, was du sagen kannst.
Wer miede nicht, wenn er's umgehen kann,
Das Aeußerste! Doch hier ist keine Wahl,
Ich muß Gewalt ausüben oder leiden –
So steht der Fall. Nichts anders bleibt mir übrig.
Max.
Sei's denn! Behaupt dich in deinem Posten
Gewaltsam, widersetzt dich dem Kaiser,
Wenn's sein muß, treib's zur offenen Empörung,
Nicht loben werd' ich's, doch ich kann's verzeihn,
Will, was ich nicht gut heißt, mit dir theilen.
Nur – zum Verräther werde nicht! Das Wort
Ist ausgesprochen. Zum Verräther nicht!
Das ist kein überschrittnes Maß, kein Fehler,
Wohn der Muth verirrt in seiner Kraft.
O, das ist ganz was anders – das ist schwarz,
Schwarz, wie die Hölle!
Wallenstein (mit finsterm Stirnfalten, doch gemäßigt).
Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort,
Das schwer sich handhabt, wie des Messers Schneide;
Aus ihrem heißen Kopfe nimmt sie keck
Der Dinge Maß, die nur sich selber richten.
Gleich heißt ihr Alles schändlich oder würdig,
Bös oder gut – und was die Einbildung
Phantastisch schleppt in diesen dunkeln Namen,
Das bürdet sie den Sachen auf und Wesen.
Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit .
Leicht bei einander wohnen die Gedanken,
Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen;
Wo Eines Platz nimmt, muß das Andre rücken,
Wer nicht vertrieben sein will, muß vertreiben;
Da herrscht der
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