Dramatische Werke
nicht ab – müßt' ich die Räder ihm am Wagen
Zerschmettern lassen.
Wallenstein.
Mäßige dich, Illo!
Terzky.
Der Questenberger, als er hier gewesen,
Hat stets zusammen auch gesteckt mit ihm.
Wallenstein.
Geschah mit meinem Wissen und Erlaubniß.
Terzky.
Und daß geheime Boten an ihn kommen
Vom Gallas, weiß ich auch.
Wallenstein
Das ist nicht wahr.
Illo.
O, du bist blind mit deinen sehenden Augen!
Wallenstein.
Du wirst mir meinen Glauben nicht erschüttern,
Der auf die tiefste Wissenschaft sich baut.
Lügt er , dann ist die ganze Sternkunst Lüge.
Denn wißt, ich hab ein Pfand vom Schicksal selbst,
Daß er der treuste ist von meinen Freunden.
Illo.
Hast du auch eins, daß jenes Pfand nicht lüge?
Wallenstein.
Es gibt im Menschenleben Augenblicke,
Wo er dem Weltgeist näher ist als sonst
Und eine Frage frei hat an das Schicksal.
Solch ein Moment war's, als ich in der Nacht,
Die vor der Lützner Action vorherging,
Gedankenvoll an einen Baum gelehnt,
Hinaussah in die Ebene. Die Feuer
Des Lagers brannten düster durch den Nebel,
Der Waffen dumpfes Rauschen unterbrach,
Der Runden Ruf einförmig nur die Stille.
Mein ganzes Leben ging, vergangenes
Und künftiges, in diesem Augenblick
An meinem inneren Gesicht vorüber,
Und an des nächsten Morgens Schicksal knüpfte
Der ahnungsvolle Geist die fernste Zukunft.
Da sagt' ich also zu mir selbst: »So Vielen
Gebietest du! Sie folgen deinen Sternen
Und setzen, wie auf eine große Nummer,
Ihr Alles auf dein einzig Haupt und sind
In deines Glückes Schiff mit dir gestiegen.
Doch kommen wird der Tag, wo Diese alle
Das Schicksal wieder auseinander streut,
Nur Wen'ge werden treu bei dir verharren.
Den möcht' ich wissen, der der Treuste mir
Von Allen ist, die dieses Lager einschließt.
Gib mir ein Zeichen, Schicksal! Der soll's sein,
Der an dem nächsten Morgen wir zuerst
Entgegenkommt mit einem Liebeszeichen.«
Und dieses bei mir denkend, schlief ich ein.
Und mitten in die Schlacht ward ich geführt
Im Geist. Groß war der Drang. Mir tödtete
Ein Schuß das Pferd, ich sank, und über mir
Hinweg, gleichgültig, setzten Roß und Reiter,
Und keuchend lag ich wie ein Sterbender,
Zertreten unter ihrer Hufe Schlag.
Da faßte plötzlich hilfreich mich ein Arm,
Es war Octavio's – und schnell erwach' ich,
Tag war es, und – Octavio stand vor mir.
»Mein Bruder,« sprach er, »reite heute nicht
»Den Schecken, wie du pflegst, Besteige lieber
»Das sichre Thier, das ich dir ausgesucht.
»Thu's mir zu lieb. Es warnte mich ein Traum.«
Und dieses Thieres Schnelligkeit entriß
Mich Banniers verfolgenden Dragonern.
Mein Vetter ritt den Schecken an dem Tag,
Und Roß und Reiter sah ich niemals wieder.
Illo.
Das war ein Zufall.
Wallenstein (bedeutend).
Es gibt keinen Zufall;
Und was uns blindes Ohngefähr nur dünkt,
Gerade das steigt aus den tiefsten Quellen.
Versiegelt hab' ich's und verbrieft, daß er
Mein guter Engel ist, und nun kein Wort mehr!
(Er geht.)
Terzky.
Das ist mein Trost, der Max bleibt uns als Geißel.
Illo.
Und Der soll mir nicht lebend hier vom Platze.
Wallenstein (bleibt stehen und kehr sich um).
Seid ihr nicht wie die Weiber, die beständig
Zurück nur kommen auf ihr erstes Wort,
Wenn man Vernunft gesprochen stundenlang!
– Des Menschen Thaten und Gedanken, wißt,
Sind nicht, wie Meeres blind bewegte Wellen.
Die innre Welt, sein Mirkokosmus, ist
Der tiefe Schacht, aus dem sie ewig quellen.
Sie sind nothwendig wie des Baums Frucht,
Sie kann der Zufall gaukelnd nicht verwandeln.
Hab' ich des Menschen Kern erst untersucht,
So weiß ich auch sein Wollen und sein Handeln.
(Gehen ab.)
Vierter Auftritt.
Zimmer in Piccolominis Wohnung.
Octavio Piccolomini reisefertig. Ein Adjutant.
Octavio.
Ist das Commando da?
Adjutant.
Es wartet unten.
Octavio.
Es sind doch sichre Leute, Adjutant?
Aus welchem Regimente nahmt ihr sie?
Adjutant.
Vom Tiefenbach.
Octavio.
Dies Regiment ist treu.
Laßt sie im Hinterhof sich ruhig halten,
Sich Niemand zeigen, bis ihr klingeln hört;
Und Jeder, den ihr antrefft, bleibt verhaftet.
(Adjutant ab.)
Zwar hoff' ich, es bedarf nicht ihres Dienstes,
Denn meines Calculs halt' ich mich gewiß.
Doch es gilt Kaisers Dienst, das Spiel ist groß,
Und besser zu viel Vorsicht, als zu wenig.
Fünfter Auftritt.
Octavio Piccolomini. Isolani tritt herein.
Isolani.
Hier bin ich – Nun, wer kommt noch von den Andern?
Octavio (geheimnißvoll).
Vorerst ein Wort mit Euch, Graf Isolani.
Isolani (geheimnißvoll).
Soll's
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