Dramatische Werke
der Hütte, Werni der Jäger steigt vom Felsen, Kuoni der Hirte kommt, mit dem Melknapf auf der Schulter. Seppi , sein Handbube, folgt ihm.
Ruodi :
Mach hurtig Jenni. Zieh die Naue ein.
Der graue Talvogt kommt, dumpf brüllt der Firn,
Der Mythenstein zieht seine Haube an,
Und kalt her bläst es aus dem Wetterloch,
Der Sturm, ich mein, wird dasein, eh wir's denken.
Kuoni :
's kommt Regen, Fährmann. Meine Schafe fressen
Mit Begierde Gras, und Wächter scharrt die Erde.
Werni :
Die Fische springen, und das Wasserhuhn
Taucht unter. Ein Gewitter ist im Anzug.
Kuoni zum Buben :
Lug Seppi, ob das Vieh sich nicht verlaufen.
Seppi :
Die braune Liesel kenn ich am Geläut.
Kuoni :
So fehlt uns keine mehr, die geht am weitsten.
Ruodi :
Ihr habt ein schön Geläute, Meister Hirt.
Werni :
Und schmuckes Vieh – Ist's Euer eigenes, Landsmann?
Kuoni :
Bin nit so reich – 's ist meines gnädigen Herrn,
Des Attinghäusers, und mir zugezählt.
Ruodi :
Wie schön der Kuh das Band zu Halse steht!
Kuoni :
Das weiss sie auch, dass sie den Reihen führt,
Und nähm ich ihr's, sie hörte auf zu fressen.
Ruodi :
Ihr seid nicht klug! Ein unvernünft'ges Vieh –
Werni :
Ist bald gesagt. Das Tier hat auch Vernunft,
Das wissen wir, die wir die Gemsen jagen,
Die stellen klug, wo sie zur Weide gehn,
'ne Vorhut aus, die spitzt das Ohr und warnet
Mit heller Pfeife, wenn der Jäger naht.
Ruodi zum Hirten :
Treibt Ihr jetzt heim?
Kuoni :
Die Alp ist abgeweidet.
Werni :
Glücksel'ge Heimkehr, Senn!
Kuoni :
Die wünsch ich Euch,
Von Eurer Fahrt kehrt sich's nicht immer wieder.
Ruodi :
Dort kommt ein Mann in voller Hast gelaufen.
Werni :
Ich kenn ihn, 's ist der Baumgart von Alzellen.
Konrad Baumgarten atemlos hereinstürzend.
Baumgarten :
Um Gottes willen, Fährmann, Euren Kahn!
Ruodi :
Nun, nun, was gibt's so eilig?
Baumgarten :
Bindet los!
Ihr rettet mich vom Tode! Setzt mich über!
Kuoni :
Landsmann, was hat Ihr?
Werni :
Wer verfolgt Euch denn?
Baumgarten zum Fischer :
Eilt, eilt, sie sind mir dicht schon an den Fersen!
De Landvogts Reiter kommen hinter mir,
Ich bin ein Mann des Tods, wenn sie mich greifen.
Ruodi :
Warum verfolgen Euch die Reisigen?
Baumgarten :
Erst rettet mich, und dann steh ich Euch Rede.
Werni :
Ihr seid mit Blut befleckt, was hat's gegeben?
Baumgarten :
Des Kaisers Burgvogt, der auf dem Rossberg sass –
Kuoni :
Der Wolfenschiessen! Lässt Euch der verfolgen?
Baumgarten :
Der schadet nicht mehr, ich hab ihn erschlagen.
Alle fahren zurück :
Gott sei Euch gnädig! Was habt Ihr getan?
Baumgarten :
Was jeder freie Mann an meinem Platz!
Mein gutes Hausrecht hab ich ausgeübt
Am Schänder meiner Ehr und meines Weibes.
Kuoni :
Hat Euch der Burgvogt an der Ehr geschädigt?
Baumgarten :
Dass er sein bös Gelüsten nicht vollbracht,
Hat Gott und meine gute Axt verhütet.
Werni :
Ihr habt ihm mit der Axt den Kopf zerspalten?
Kuoni :
O lasst uns alles hören. Ihr habt Zeit,
Bis er den Kahn vom Ufer losgebunden.
Baumgarten :
Ich hatte Holz gefällt im Wald, da kommt
Mein Weib gelaufen in der Angst des Todes.
»Der Burgvogt liegt in meinem Haus, er hab
Ihr anbefohlen, ihm ein Bad zu rüsten.«
Drauf hab er Ungebührliches von ihr
Verlangt, sie sei entsprungen, mich zu suchen.
Da lief ich frisch hinzu, so wie ich war,
Und mit der Axt hab ich ihm 's Bad gesegnet.
Werni :
Ihr tatet wohl, kein Mensch kann Euch drum schelten.
Kuoni :
Der Wüterich! Der hat nun seinen Lohn!
Hat's lang verdient ums Volk von Unterwalden.
Baumgarten :
Die Tat ward ruchbar, mir wird nachgesetzt –
Indem wir sprechen – Gott – verrinnt die Zeit –
Es fängt an zu donnern.
Kuoni :
Frisch Fährmann – Schaff den Biedermann hinüber.
Ruodi :
Geht nicht. Ein schweres Ungewitter ist
Im Anzug. Ihr müsst warten.
Baumgarten :
Heil'ger Gott!
Ich kann nicht warten. Jeder Aufschub tötet –
Kuoni zum Fischer :
Greif an mit Gott, dem Nächsten muss man helfen,
Es kann uns allen Gleiches ja begegnen.
Brausen und Donnern.
Ruodi :
Der Föhn ist los, ihr seht wie hoch der See geht,
Ich kann nicht steuern gegen Sturm und Wellen.
Baumgarten umfasst seine Knie :
So helf Euch Gott, wie Ihr Euch mein erbarmet –
Werni :
Es geht ums Leben, sei barmherzig, Fährmann.
Kuoni :
s'ist ein Hausvater, und hat Weib und Kinder!
Wiederholte Donnerschläge.
Ruodi :
Was? Ich hab auch ein Leben zu verlieren,
Hab Weib und Kind daheim, wie er – Seht hin
Wie's brandet, wie es wogt und Wirbel zieht,
Und alle Wasser aufrührt in der Tiefe.
–
Weitere Kostenlose Bücher