Dramatische Werke
tiefem Ton :
Rasch tritt der Tod den Menschen an,
Es ist ihm keine Frist gegeben,
Es stürzt ihn mitten in der Bahn,
Es reisst ihn fort vom vollen Leben,
Bereitet oder nicht, zu gehen,
Er muss vor seinen Richter stehen!
Indem die letzten Zeilen wiederholt werden, fällt der Vorhang.
Fünfter Aufzug
Erste Szene
Oeffentlicher Platz bei Altdorf: Im Hintergrunde rechts die Feste Zwing Uri mit dem noch stehenden Baugerüste, wie in der dritten Szene des ersten Aufzugs; links eine Aussicht in viele Berge hinein, auf welchen allen Signalfeuer brennen. Es ist eben Tagesanbruch, Glocken ertönen aus verschiedenen Fernen. –
Ruodi, Kuoni, Werni, Meister Steinmetz und viele andere Landleute, auch Weiber und Kinder.
Ruodi :
Seht ihr die Feuersignale auf den Bergen?
Steinmetz :
Hört ihr die Glocken drüben überm Wald?
Ruodi :
Die Feinde sind verjagt.
Steinmetz :
Die Burgen sind erobert.
Ruodi :
Und wir im Lande Uri dulden noch
Auf unserm Boden das Tyrannenschloss?
Sind wir die letzten, die sich frei erklären?
Steinmetz :
Das Joch soll stehen, das uns zwingen wollte?
Auf, reisst es nieder!
Alle :
Nieder! Nieder! Nieder!
Ruodi :
Wo ist der Stier von Uri?
Stier von Uri :
Hier. Was soll ich?
Ruodi :
Steigt auf die Hochwacht, blast in Euer Horn,
Dass es weitschmetternd in die Berge schalle,
Und jedes Echo in den Felsenklüften
Aufweckend, schnell die Männer des Gebirgs
Zusammenrufe.
Stier von Uri geht ab. Walther Fürst kommt.
Walther Fürst :
Haltet Freunde! Haltet!
Noch fehlt uns Kunde was in Unterwalden
Und Schwyz geschehen. Lasst uns Boten erst
Erwarten.
Ruodi :
Was erwarten? Der Tyrann
Ist tot, der Tag der Freiheit ist erschienen.
Steinmetz :
Ist's nicht genug an diesen flammenden Boten,
Die ringsherum auf allen Bergen leuchten?
Ruodi :
Kommt alle, kommt, legt Hand an, Männer und Weiber!
Brecht das Gerüste! Sprengt die Bogen! Reißt
Die Mauern ein! Kein Stein bleib' auf dem andern.
Steinmetz :
Gesellen kommt! Wir haben's aufgebaut,
Wir wissen's zu zerstören.
Alle :
Kommt! Reißt nieder.
Sie stürzen sich von allen Seiten auf den Bau.
Walther Fürst :
Es ist im Lauf. Ich kann sie nicht mehr halten.
Melchtal und Baumgarten kommen.
Melchtal :
Was? Steht die Burg noch und Schloss Sarnen liegt
In Asche und der Rossberg ist gebrochen?
Walther Fürst :
Seid Ihr es Melchtal? Bringt Ihr uns die Freiheit?
Sagt! Sind die Lande alle rein vom Feind?
Melchtal umarmt ihn :
Rein ist der Boden. Freut Euch, alter Vater!
In diesem Augenblicke, da wir reden,
Ist kein Tyrann mehr in der Schweizer Land.
Walther Fürst :
O sprecht, wie wurdet ihr der Burgen mächtig?
Melchtal :
Der Rudenz war es, der das Sarner Schloss
Mit männlich kühner Wagetat gewann,
Den Rossberg hatt' ich nachts zuvor erstiegen.
– Doch höret, was geschah. Als wir das Schloss
Vom Feind geleert, nun freudig angezündet,
Die Flamme prasselnd schon zum Himmel schlug,
Da stürzt der Diethelm, Gesslers Bub, hervor,
Und ruft, dass die Bruneckerin verbrenne.
Walther Fürst :
Gerechter Gott!
Man hört die Balken des Gerüstes stürzen.
Melchtal :
Sie war es selbst, war heimlich
Hier eingeschlossen auf des Vogts Geheiß.
Rasend erhub sich Rudenz – denn wir hörten
Die Balken schon, die festen Pfosten stürzen,
Und aus dem Rauch hervor den Jammerruf
– Der Unglückseligen.
Walther Fürst :
Sie ist gerettet?
Melchtal :
Da galt Geschwindsein und Entschlossenheit!
– Wär er nur unser Edelmann gewesen,
Wir hätten unser Leben wohl geliebt,
Doch er war unser Eidgenoss und Berta
Ehrte das Volk – So setzten wir getrost
Das Leben dran, und stürzten in das Feuer.
Walther Fürst :
Sie ist gerettet?
Melchtal :
Sie ist's. Rudenz und ich,
Wir trugen sie selbander aus den Flammen,
Und hinter uns fiel krachend das Gebälk.
– Und jetzt, als sie gerettet sich erkannte,
Die Augen aufschlug zu dem Himmelslicht,
Jetzt stürzte mir der Freiherr an das Herz,
Und schweigend ward ein Bündnis jetzt beschworen,
Das fest gehärtet in des Feuers Glut
Bestehen wird in allen Schicksalsproben –
Walther Fürst :
Wo ist der Landenberg?
Melchtal :
Über den Brünig.
Nicht lag's an mir, dass er das Licht der Augen
Davontrug, der den Vater mir geblendet.
Nach jagt' ich ihm, erreicht' ihn auf der Flucht,
Und riss ihn zu den Füßen meines Vaters.
Geschwungen über ihm war schon das Schwert,
Von der Barmherzigkeit des blinden Greises
Erhielt er flehend das Geschenk des Lebens.
Urfehde schwur er, nie zurückzukehren,
Er wird sie halten, unsern Arm hat
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