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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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soll ich mein Leben versichern?
    VEIT KUNZ.
    Meinetwegen zugunsten des Mannes, den Sie so leidenschaftlich lieben!
    SOPHIE.
    Sie machen sich über mich lustig.
    VEIT KUNZ.
    Das kann mir nicht einfallen! – Dann versichern Sie Ihr Leben zugunsten eines Wöchnerinnenheims, eines Waisenhauses! Von dem Augenblicke an hat Ihr Leben einige Bedeutung für Sie. Das erfüllt Sie mit Stolz. Das schmeichelt Ihrer Eitelkeit. Sie freuen sich Ihres Edelmutes und ehe Sie sich's versehen, haben Sie hundertmal mehr Genuß von Ihrem Leben, als wenn Sie Ihr Glück in der Liebe suchen.
    FRANZISKA.
    Nun Sophie? Hatte ich recht oder nicht? Eine bewundernswürdige Art von Weltbeherrschung!
    SOPHIE.
    Franz! Wenn du deine Tänzerin gern hast, dann bewahr' sie vor dem Schrecklichsten! Wo mein Glück auf dem Spiele steht, kenne ich kein Erbarmen. Tritt sie mir noch einmal als deine Geliebte in den Weg, dann ist sie verloren! – Vielleicht sagt dir dein Freund und Lehrmeister, wie du dich mit meinem Entschluß am besten abfindest. Viel Vergnügen, meine Herren! –
(Ab.)
Vierte Szene
    FRANZISKA.
    Jetzt ist es aber allerhöchste Zeit, daß ich dir etwas gestehe. Ich bin in anderen Umständen.
    VEIT KUNZ.
    In anderen Umständen? Du Prachtkind! Das legt uns beiden ganz neue Unmöglichkeiten in den Weg, die wir siegreich zu überwinden haben. Nur kein Stillstand! Nur keine Stagnation! Was wird uns das wieder an Geisteselastizität einbringen!
    FRANZISKA.
    Du machst es dir leicht. Du versprichst mir hoch und teuer, ich solle ein Mann werden. Statt dessen bin ich nun seit einem vollen Jahr nichts anderes als deine Geliebte.
    VEIT KUNZ.
    Hältst du es wirklich für möglich, Franziska, daß irgendein Mann in dieser Welt mehr Freude von seinem Leben hat als du?
    FRANZISKA.
    Jedenfalls gibt es Mädchen genug, die mehr Männer kennen lernen als ich.
    VEIT KUNZ.
    Bitte, mein Kind, die Welt steht dir offen.
    FRANZISKA.
    Vorderhand verzichte ich noch darauf. Aber Sophie muß jetzt endlich von ihrem Jammer erlöst werden. Es ist die allerhöchste Zeit, daß sie zur Ruhe kommt. Ich spiele sonst einfach nicht mehr mit!
    VEIT KUNZ.
    Aber Franziska! So rasch ist deine Spielwut befriedigt! – Oder bildest du dir vielleicht ein, du habest schon alles gelernt, was es aus diesem Spiel für dich zu lernen gibt?
    FRANZISKA.
    Ich sehne mich nach lustigeren Spielen. Ich will und kann sie nicht länger quälen. Sie hat ihr Geschick so tapfer getragen, wie ich das früher bei einem Weibe nie für möglich gehalten hätte.
    VEIT KUNZ.
    Dann laß dich meinetwegen scheiden. – Sie ist einfach stolz auf ihr Unglück. Sie wird einzig und allein von ihrer unerschöpflichen Seelengröße zum Narren gehalten. Irgendein dümmeres Weib läßt sich keine Viertelstunde lang so lächerlich hinters Licht führen.
    FRANZISKA.
    Du beurteilst sie viel zu hoch. Die Augen wären ihr in den ersten drei Wochen schon aufgegangen, wenn ich durch Lydia Höpfl nicht ununterbrochen ihre Eifersucht schürte. Wenn ich ihr auch nichts bin, lieber will sie nichts haben, als daß ein anderes Weib nichts bekommt.
    VEIT KUNZ.
    Mit deinem Witz, mein liebes Kind, erniedrigst du nur dein eigenes Geschlecht.
    FRANZISKA.
    Und sie erhöht unser Geschlecht durch ihre Dummheit!
    VEIT KUNZ.
    Darin feiert die Liebe des Weibes doch gerade ihre herrlichsten Triumphe, daß sie durch jeden Fehler des Mannes nur immer wieder zu größerer Selbstverleugnung aufgestachelt wird.
    FRANZISKA.
    Ich möchte dir nicht raten, dich mir gegenüber auf diese schöne Überzeugung zu verlassen.
    VEIT KUNZ.
    Habe ich bei dir jemals auf Großherzigkeit gerechnet?!
    FRANZISKA.
    Durch jeden Fehler! Das ist das völlig Unbegreifliche an ihrer Liebe. Das ist das Übernatürliche an ihr.
    VEIT KUNZ.
    Aber wieso denn?! Es gibt gar nichts Natürlicheres. Von einem wirklichen Manne ließe sich dieses prachtvolle Geschöpf einfach keine Untreue bieten. Dazu ist sie viel zu stolz. Du bist aber kein Mann. Deshalb muß sie diesen ganz außerordentlichen Aufwand von Liebe für dich aufbringen. Und durch diese Liebe läßt sie sich dummerweise dazu hinreißen, deine Untreue zu bekämpfen. Deiner vermeintlichen Untreue wegen hält sie dich dann für einen wirklichen Mann, während sie sich selber unzulänglich, reizlos erscheint. Und dadurch wächst dann ihre Liebe wieder ins Uferlose.
    FRANZISKA.
    Jetzt reißt mir aber die Geduld! Du bist bis zum Wahnsinn in dieses Weib verliebt! Sie heiratete mich aus keinem anderen Grunde vom Konzertpodium

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