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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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bevorstehende Aufführung seines Festspieles die günstigste Gelegenheit bieten?
    PATER.
    Aber es müßte eine eindringliche Ermahnung werden!
    VEIT KUNZ.
    Ich würde mich über die Lage vorher gerne noch ausführlicher belehren lassen.
    PATER.
    Das kaiserliche Kabinett hat für die herzogliche Hofhaltung längst ein Schloß in England in Aussicht genommen.
    VEIT KUNZ.
    Dazu darf es nicht kommen. Hier spricht sichs nicht gut darüber. Ich höre Stimmen von allen Seiten.
    PATER
eine Tür im Hintergrunde öffnend.
    Dieser Weg führt durch die Schloßkirche ins Freie. Jedes Wort, das hier im Saal gesprochen wird, ist durch diese Tür verständlich.
    Veit Kunz ab. Von außen treten die Herzogin und zwei Reitknechte ein. Lakaien folgen und reißen die gegenüberliegende Tür auf. Der Pater räuspert sich.
    HERZOGIN.
    Ach – Hochwürden!
    PATER.
    Drei Jahre ließen uns Königliche Hoheit warten.
    HERZOGIN.
    Ich komme geraden Wegs aus Japan. Morgen früh geht die Reise weiter. Ich wohne selbstverständlich im Hotel.
    PATER.
    Hoheit kommen doch wohl nicht, um einzuwilligen?
    HERZOGIN.
    In meine Scheidung? Was denken Sie von mir! Ich brauche Reisegeld, weiter nichts. Meine Juwelen wurden gepfändet.
    PATER.
    Hoheit stürzen das Land ins Verderben, wenn Sie in die Scheidung willigen.
    HERZOGIN.
    Ich lasse es getrost auf einen europäischen Krieg ankommen. Ich habe einen Eid geleistet, und meinen Schwüren bleibe ich treu.
    PATER.
    Wenn Hoheit etwas über unsere politische Lage zu hören wünschen?
    HERZOGIN.
    Dafür habe ich gar kein Interesse. Kommt es zum Klappen, dann kommandiere ich ein Panzerschiff. Artemisia bei Halikarnaß!
    Herzogin mit Reitknechten und Lakaien ins Innere des Schlosses ab.
    PATER
aufhorchend.
    Da ist er selbst!
    Die Eingangstür wird aufgerissen. Der Herzog tritt rasch ein. Zwei Lakaien stellen sich mit dem Rücken gegen die geschlossene Tür.
    HERZOG.
    Hörten Sie etwas, lieber Freund? Die Herzogin ist hier!
    PATER
nach innen deutend.
    Königliche Hoheit traten eben ein.
    HERZOG
stellt sich mit ausgebreiteten Armen mit dem Rücken gegen die Tür, durch die die Herzogin abging.
    Was ist da zu tun?!
    PATER.
    Wenn es Hoheit aufrichtig meinten, wovon ich nicht ganz überzeugt bin, dann wurde die Bereitwilligkeit ausgesprochen, sich nach glatter Erledigung der materiellen Hindernisse scheiden zu lassen.
    HERZOG.
    Emmeran! Freund Gottes! Das sagte sie?! – Das gibt neuen Mut. Gott sei gepriesen!
(Nach innen deutend.)
Dahinein bringt mich keine Macht der Erde. Ich ziehe natürlich ins Hotel. Aber jetzt kann ich doch endlich in Ruhe wieder an meine Angelegenheiten denken. Ich muß dir beichten, daß ich ein Festspiel zur Wiedereröffnung des Hoftheaters geschrieben habe. Ein harmloser Scherz, weiter nichts. Wir wollen das Festspiel unter Wahrung des allerstrengsten Inkognitos öffentlich aufführen. Und nun kommt die Spielverderberin, die Stimmungsmörderin! So ging es mir aber von jeher mit meinen Bühnenstücken. Im allerletzten Augenblick stellt sich regelmäßig ein störendes Verhängnis ein. Hat sie nicht gesagt, wann sie weiterreist?
    PATER.
    Morgen früh, wenn Hoheit die gestellten Forderungen akzeptieren.
    HERZOG.
    Bedingungslos angenommen! Selbstverständlich! – Ich bin nämlich seit zwei Stunden auf der Suche nach einem Genie, wenn Sie die Bezeichnung erlauben.
    PATER.
    Jeder von uns ist ein Ingenium.
    HERZOG.
    Mit dem Dreiuhrzug ist der Mann angekommen. Aber niemand weiß, wo er wohnt. Ich setzte mich der Volkswut aus, indem ich bei einem Absteigequartier vorfuhr. Aber auch dort wußte man nichts von ihm.
    PATER.
    Wenn das Ingenium des allerhöchsten Vertrauens nicht unwürdig ist, könnte es vielleicht auch zuerst in eine Kirche eingetreten sein.
    HERZOG.
    Halten Sie das im Ernst für möglich? Die Kirchen habe ich nicht abgesucht.
    PATER
nach rückwärts deutend.
    Diese Tür führt in die Kirche. – Sind Hoheit ungehalten, wenn ich der Herzogin mit meinem Rat beizustehen suche?
    HERZOG.
    Bitte, bitte.
    Der Pater geht nach dem Innern des Schlosses ab.
    HERZOG.
    Was meinte der Fuchs mit der Kirche? –
(Er öffnet die Tür, Veit Kunz tritt heraus.)
Veit Kunz! Herzensjunge! Da bist du! Wie habe ich mich nach dir gesehnt!
    VEIT KUNZ.
    Da unten sitzt in einer Seitenkapelle ein holzgeschnitzter Engel auf der Kanzelbrüstung. Der Engel sieht einer Tänzerin so ähnlich, wie ein Kanonier dem andern.
    HERZOG.
    Ich frage mich seit meiner Kindheit, warum bei unserer Andacht der Tanz keine Verwendung

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