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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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herunter, als weil sie mich für einen unreifen Schulbuben, für einen ganz minderwertigen Gecken, für einen unverbesserlichen Affen, für einen vollendeten Dummkopf hielt!
    VEIT KUNZ.
    Das beweist noch nicht das geringste gegen ihre Seelengröße. Edle Weiber sind es nie, die sich bedeutenden Männern an die Rockärmel hängen.
    FRANZISKA.
    Dann nimm doch Sophie zur Geliebten! Ich sehe mich derweil nach einem anderen Paar Ärmel um.
    VEIT KUNZ.
    Dazu habe ich nicht den berühmtesten Künstler des Erdballs aus dir gemacht.
    FRANZISKA.
    Den machst du aus Sophie ebenso rasch wie aus mir. Talentloser als ich war, bevor du mich entdecktest, kann sie unmöglich sein.
    VEIT KUNZ.
    Ich glaube aber nicht, daß sie deine Beine hat. – Wir werden übrigens anfangs September zu einem dreitägigen Gastspiel in Rotenburg erwartet. Der Herzog schreibt mir eigenhändig …
(Er nimmt einen Brief aus der Tasche und liest.)
    Liebster Veit Kunz!
    Die Gärung im Volke droht mich zu beseitigen. Nur du kannst helfen. Bring' deinen Franz Eberhardt. Dein Franz lullt die Bestien ein. Anfang September habe ich drei Tage frei. Wir wollen mein Festspiel, das ich dir sandte, öffentlich aufführen. Die Hoftheaterintendanz ist angewiesen … usw.
    Dein Leopold.
    FRANZISKA.
    Zu dumm, daß ich gerade jetzt in anderen Umständen bin!
Fünfte Szene
    SOPHIE
hereinstürmend.
    Franz! Geliebter! Ich bin außer mir vor Freude! Mein Bruder ist eben gekommen!
    Oberleutnant Dirckens und Dr. Hofmiller treten ein.
    DRICKENS
zu Sophie.
    Darf ich bitten, mich vorzustellen.
    SOPHIE.
    Mein Bruder, Oberleutnant Dirckens – mein Mann.
    DIRCKENS
ohne Franziska zu grüßen, zu Veit Kunz.
    Hatte schon einmal die Ehre.
    VEIT KUNZ
sehr höflich.
    Lohnt sich nicht der Erwähnung.
    DIRCKENS.
    Ich muß dich bitten, liebe Sophie, uns einen Augenblick allein zu lassen.
    SOPHIE.
    So? – Liebe Sophie? – Was ist denn los?
    VEIT KUNZ.
    Gnädige Frau gestatten mir, Sie zu begleiten.
(Er geleitet Sophie hinaus.)
    DIRCKENS
zu Dr. Hofmiller.
    Sie kennen die Person von früher her?
    FRANZISKA
zu Dr. Hofmiller.
    Jetzt sehe ich allerdings ein, daß ich mich weggeworfen habe!
    DR. HOFMILLER.
    Deine Mutter, Franziska, verfiel in unheilbare Schwermut, als sie die Nachricht von deiner Verheiratung erhielt.
    FRANZISKA.
    Meine Mutter?!
(Sie ruft.)
Veit! Wir müssen sofort verreisen!
    Sie rennt hinaus. In der Tür begegnet ihr Sophie.
    SOPHIE.
    Aber Franz! Franz! Hast du den Verstand verloren?!
(Näherkommend, zu Dirckens.)
Was geht denn hier eigentlich vor? – Was bringst du für ein Entsetzen in unser Haus?
    DIRCKENS.
    Liebe Sophie! Ich habe von diesem Augenblick an keine ruhige Minute mehr vor mir. Jeden Schurken, der mir sagt: Deine Schwester hat ein Weib zum Manne genommen, muß ich auf Pistolen fordern. Und weiß dabei jetzt auch noch aus eigenem Augenschein am besten, daß er recht hat.
    SOPHIE.
    Ich verstehe kein Wort. Wer hat ein Weib geheiratet? Wer denn? – doch nicht etwa ich?!
    DIRCKENS.
    Beruhige dich, Sophie!
    SOPHIE
schreit.
    Franz! Mein Franz!
    Sie eilt hinaus. Auf dem Vorplatz fällt ein Schuß. Dirckens und Tr. Hofmiller eilen ihr nach, bringen die Sterbende herein und betten sie auf den Diwan.
    DR. HOFMILLER
da Sophie kein Lebenszeichen mehr gibt, zu Dirckens.
    Lassen Sie mich rasch die Waffe sehen.
    DIRCKENS.
    Unsinn!
    DR. HOFMILLER.
    Gut. Ich weiß, was ich zu tun habe.
    DIRCKENS.
    Sie haben gar nichts zu tun. – Gehe die Sache, wie sie gehen will, ich muß meinen Abschied nehmen.

Dritter Akt
Viertes Bild
    Herzogliches Residenzschloß Rotenburg. Vorzimmer vor den herzoglichen Gemächern. Zu beiden Seiten Flügeltüren. Pater Emmeran in einfacher, mattfarbiger Soutane aus Wollstoff und schwarzen wollenen Handschuhen. Veit Kunz, halb geistlich gekleidet. Später Herzogin. Herzog.
    PATER.
    Die politische Lage an unserem Hofe ist höchst bedenklich. Seit hundert Jahren wartet die kaiserliche Diplomatie auf einen Anlaß, unser Herzogtum zu verschlucken. Gelingt ihr das, dann ist uns Rotenburg verloren.
    VEIT KUNZ.
    Diesen Anlaß könnte die kaiserliche Regierung in der Gärung finden, die augenblicklich im Herzogtum herrscht.
    PATER.
    In der Unbeliebtheit unseres hohen Herrn. Diese Unbeliebtheit wird wachsen, wenn es dem Herzog gelingt, seine Scheidung durchzusetzen.
    VEIT KUNZ.
    Wie läßt sich die Scheidung am besten hintertreiben?
    PATER.
    Wenn es möglich wäre, den Herzog aufs tiefste von seinem Unrecht zu überzeugen.
    VEIT KUNZ.
    Sollte dazu nicht die

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