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Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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böse und ihr Feind. Trotzdem fühlte sie sich durch seine Gegenwart nicht bedroht. Sie wußte, daß er reden wollte, bewundert werden wollte, und daß ihr Leben im Augenblick nicht in Gefahr war.
    »Ich gebe zu«, fuhr Tlaloc fort, »das es ein Magier in diesem Jahrhundert leicht hat. Heutzutage hat die Jagd nach Profit die Religion ersetzt, und die blinde Anbetung der Wissenschaft hat auch die letzen Spuren des gesunden Menschenverstandes beseitigt. Vor ein paar hundert Jahren hätte die Kirche mich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Heutzutage haben die Agenten des FBI und CIA die Aufgaben der Inquisition übernommen. Viele von ihnen sind käuflich so wie die meisten Dinge in diesem bewundernswert pragmatischen Jahrhundert. Die Wissenschaft des zwanzigsten Jahrhunderts verleiht mir mehr Macht, als irgendeiner meiner Vorgänger es sich hätte träumen lassen. Die Wissenschaft funktioniert nicht nur – ganz im Gegensatz zur Alchimie –, sie ist auch ein mächtiges Symbolsystem, daß eine Quelle großer Energien ist.«
    Chemise wagte kaum zu atmen, während sie zuhörte. Die bösen Absichten, die dieser Mann ausstrahlte, waren unmißverständlich und beunruhigend. Sie saßen einander auf zwei getrennt stehenden Betten gegenüber. Das Licht einer einzigen Lampe warf ihre Schatten an die Wand.
    »Als meine Feindin«, sagte Tlaloc, »sind Sie sicher daran interessiert, meine Pläne zu erfahren, damit Sie mich leichter besiegen können. Um es kurz zu machen, ich beabsichtige, zunächst die politische Kontrolle in Amerika zu übernehmen, was bereits so gut wie erreicht ist. Meine Repräsentanten in China und der Sowjetunion sind bereit, dort ebenfalls die Kontrolle zu übernehmen. Es wird keinen spektakulären Putsch geben; ich werde einfach die Macht übernehmen und so den Planeten Erde kontrollieren.«
    »Das ist unglaublich«, sagte Chemise.
    »Oh, das ist nur der Anfang«, sagte Tlaloc. »Die Beherrschung der Erde ist eine Vorbedingung für das, worauf ich eigentlich aus bin.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Chemise. »Wenn Sie die Erde beherrschen, wonach könnten Sie dann noch streben?«
    »Sie wissen nicht, wie groß das Spiel ist, das ich betreibe. Diese Erde ist in der kosmischen Ordnung der Dinge nicht besonders wichtig, obwohl ihre Bewohner vom Gegenteil überzeugt sind. Sie ist lediglich ein Planet in einem Universum, in einer Realitätsebene. Es gibt viele Realitätsebenen, Chemise, viele Universen, viele Erden. In der Gesamtheit der Universen, dem Omniversum, erzeugt jede Möglichkeit auf jeder Ebene, ob subatomar, molekular oder psychisch, ihre eigenen Möglichkeits-Welten, ihr eigenes Universum, ihre eigene spezielle Realitätsebene. Wer über die vielschichtige Natur der Wirklichkeit Bescheid weiß, ist im Besitz der Wahrheit. Die Bewegung zwischen den Realitätsebenen – das ist die größte aller Reisen. Sie verleiht einem überlegene Macht und bringt einem die höchste Belohnung ein.«
    »Was für eine Belohnung ist das?«
    Tlaloc ging nicht auf ihre Frage ein. »Ich möchte Ihnen erläutern, wie mein Projekt in der Praxis aussieht. Es gibt einen Planeten namens Glorm. Er existiert in einer anderen Realitätsebene, ist aber mit der unseren durch etwas verbunden, was man, mit heurigem Vokabular, als ein Wurmloch im kosmischen Schaum bezeichnen könnte. Wer die Passage zwischen der Erde und Glorm kontrolliert, herrscht über die beiden Endpunkte eines Kontinuums überlegener Macht. Um das zu bewerkstelligen, muß ich auf Glorm ebenso wie auf der Erde die Herrschaft übernehmen.«
    »Aber wozu?« fragte Chemise. »Was wird Ihnen das einbringen?«
    »Sie stoßen zum Kern der Sache vor. Das kommt, weil sie eine Hexe sind. Wußten Sie das, Kind?«
    »Ich hatte es vermutet«, sagte Chemise.
    »Sie sind eine Hexe, und Sie kennen die Antwort ebenso gut wie ich. Sagen Sie mir, was ist das Ziel der Magie?«
    »Macht«, sagte Chemise nach einem Augenblick des Nachdenkens.
    »Ja. Und was ist das Ziel von Macht?«
    Sie dachte eine Weile nach, dann sagte sie: »Da fallen mir viele Antworten ein, aber keine scheint richtig zu passen. Ich weiß es nicht.«
    »Dennoch, kleine Hexe, für eine so junge Frau wissen Sie viel. Sie werden schon noch hinter die Antwort kommen. Wenn Sie das Ziel der Macht erkannt haben, werden Sie verstehen, warum ich Glorm brauche.«
    »Schön und gut«, sagte Chemise. »Aber warum erzählen Sie mir das alles? Was haben Sie mit mir vor?«
    »Ich werde Ihnen helfen«, sagte Tlaloc.
    »Das

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