Dray Prescot 06-Die Menschenjäger von Antares
die Boote kamen nicht weit genug den Nebenfluß herauf, und die Landpatrouillen, die auf Totrixes oder Zorcas ritten, kamen wegen des sumpfigen Bodens nicht dicht genug an die Ufer heran. Wir warteten also ab und aßen und tranken von unseren bescheidenen Vorräten. Die Mädchen beruhigten sich allmählich und versuchten mich wieder zu umgarnen, was Turko mißbilligend zur Kenntnis nahm.
Kurz vor unserer Abfahrt machte ich einen Spaziergang am Ufer. Ich starrte in den Himmel und dachte daran, daß ich Delia bald wiedersehen würde, Delia aus den Blauen Bergen, meine Delia aus Delphond! Und ich würde die beiden winzigen Menschenbündel umarmen, die wir Drak und Lela getauft hatten. Ja, ich sehnte mich schrecklich danach, endlich zurückzukehren. Ich hatte getan, was die Herren der Sterne von mir verlangt hatten. Keine blaue Strahlung hüllte mich ein, kein scheußlicher Skorpion hatte sich auf mich herabgesenkt, um mich zur Erde zurückzubringen, über vierhundert Lichtjahre fortzutragen.
Im letzten Licht, im letzten Schein der Sonnen von Scorpio kehrte ich zum Boot zurück, um es in die Strömung hinauszuschieben und zur Mündung hinabgleiten zu lassen. Ich wollte das elende Migla ein für allemal hinter mir lassen.
Ich drehte mich um – ein Fuß war schon in der Luft, als über mir Flügelschlag ertönte. Ein rotgoldener Schimmer war zu sehen, und eine verhaßte Stimme kreischte mir entgegen.
Der Gdoinye kreiste am Flußufer. »Du Tor, Dray Prescot! Du unsäglicher Dummkopf!«
»Verschwinde!« schrie ich. Ich hob drohend die Faust, die im Augenblick meine einzige Waffe war.
»Du bildest dir ein, den Herren der Sterne zu gehorchen? Du, der du nichts von ihren Plänen verstehst? Du bist ein Onker, Dray Prescot! Warum hast du die Mächtige Mog in ihre Heimat Migla zurückgebracht, in ein Land, das von den Canops beherrscht wird?«
Als ich hörte, daß der Vogel die alte Migla-Hexe Mächtige Mog nannte, wußte ich Bescheid! Die fürchterliche Erkenntnis traf mich tief, und ich wäre fast auf die Knie gefallen, um den Gdoinye zu bitten, mich in Ruhe zu lassen. Aber ich kannte die Strafe, die einer Weigerung folgte. Ich wußte, daß ich den Herren der Sterne gehorchen mußte, wenn ich nicht wieder vierhundert Lichtjahre weit jenseits des Abgrunds zur Erde verbannt werden wollte, wo ich mich dann jahrelang nach Delia und meinen kleinen Zwillingen sehnen würde, die inzwischen heranwuchsen – ohne mich.
»Was befehlen die Herren der Sterne, du Unglücksbote?«
»Das klingt schon besser, Dray Prescot! Du müßtest eigentlich selbst wissen, daß dein Auftrag noch nicht abgeschlossen ist. Erst wenn Migla von den Canops befreit und Migshaanu in seinen Tempel zurückgekehrt ist, ist deine Arbeit getan – zunächst jedenfalls!«
»Ich bin fast nackt, ich habe keine Waffen und kein Geld. Zwei Mädchen verlassen sich auf mich und das ganze Land sucht nach mir. Ihr seid unbeugsame Herren. Habt ihr nicht selbst genug Macht, um ...?«
»Nicht zum erstenmal bist du nackt und waffenlos, Dray Prescot. Du wirst den Auftrag erfüllen.«
Mit einem schrillen Laut, einem zornig-triumphierenden Krächzen flog der Raubvogel davon und verschwand in der Abenddämmerung. Zim und Genodras, die ich auf diesem verhaßten Kontinent Far und Havil nennen mußte, versanken in einem letzten bunten Aufflackern am Horizont. Dunkelheit sank über Migla auf dem kregischen Kontinent Havilfar herab.
Niedergeschlagen von dem unbarmherzigen Urteil der Herren der Sterne ging ich zum Boot.
In der Dunkelheit vor dem Aufgang des ersten kregischen Mondes stieß ich das Boot vom Ufer ab und setzte mich stumm an die Ruder.
Wenn ich es tun mußte, half alles Widerstreben nichts.
Oh, mein kleiner Drak, meine kleine Lela!
Und – meine Delia, meine Delia aus Delphond – wann würde ich sie wiedersehen und in den Armen halten?
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* Notor : Lord. Dray Prescot hat dieses Wort in seinem Bericht schon verschiedentlich verwendet, doch ich habe es bisher immer in Herr oder Lord abgeändert. Da Notor aber ein speziell havilfarischer Ausdruck ist, soll er hier unübersetzt wiedergegeben werden. – A. B. A.
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