Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
Michi trommelte mit den Fingern auf ihre Armlehne. »Das bedeutet doch, sie wollen uns eine bestimmte Gruppe von Attrappen als das echte Geschwader verkaufen. Welches könnte es sein?«
Martinez runzelte die Stirn. »Das habe ich noch nicht herausgefunden.«
»Wissen die Naxiden inzwischen, dass Severin sie verraten hat?«
Martinez stand neben Michis Käfig und blickte auf sie hinab. Als er antwortete, empfand er eine gewisse Eitelkeit. »Ich habe den Ablauf überprüft. Als Severin sein Triebwerk gezündet hat, waren sie auf ihren Schiffen bewusstlos. Wenn sie aufwachen, müssten sie in den Aufzeichnungen zurückspringen und danach suchen.«
»Es sei denn«, wandte Michi ein, »sie haben einen automatischen Warnmechanismus eingerichtet, der sie sofort über neue Schiffe im System informiert.«
»So etwas müssten sie eigentlich haben«, räumte Martinez ein. »Allerdings haben sie nicht mit uns gerechnet, und deshalb haben sie vielleicht in ihrer Überraschung und Eile nicht daran gedacht.« Michi hatte Zweifel, doch Martinez hatte seinen Bericht sorgfältig vorbereitet und konnte es sich gerade noch verkneifen, mit den Fingern die Punkte abzuzählen. »Selbst wenn sie beobachten, wie Severin sich davonschleicht, können sie nicht wissen, dass er schon seit fünf Monaten im System ist. Er könnte wirken wie eine Pinasse, die wir ein paar Stunden vor unserer Ankunft ins System geschleust haben, und die daher nicht sehr viel beobachtet haben kann. Falls sie wirklich ein Alarmsystem eingerichtet haben, müsste das Flaggschiff die Beschleunigung aufheben, damit der Kommandant Zeit hat, sich zu überlegen, ob die Neuankömmlinge eine Bedrohung darstellen. Ob das zutrifft, werden wir in … in etwa zwanzig Minuten herausfinden.« Er hielt inne und holte Luft. »Wenn sie alarmiert werden, aber erst nach dieser langen Beschleunigung bremsen, um die Lage einzuschätzen, dann ist es zu spät, weil sie dann schon auf eine Strategie festgelegt sind.«
Michi lächelte amüsiert. »Sie haben Ihre Fakten auf jeden Fall gut beieinander.«
Martinez deutete einen Salut an, so gut es sein Vakuumanzug zuließ. »In aller Bescheidenheit bemühe ich mich nach Kräften, meine Lady.«
»Bescheidenheit?« Sie zog eine Augenbraue hoch. »Wirklich? Sie dürfen sich auf Ihren Platz setzen, Kapitän.«
Martinez entging nicht, dass die beiden Funkoffiziere sich ein Lächeln verkniffen, und auch er beherrschte sich, als er zu seiner Beschleunigungsliege schlurfte. Eine Vorgesetzte, die seine kleinen Höhenflüge zu schätzen wusste, war eine angenehme Abwechslung nach seinen früheren Kommandanten.
Die Liege bebte unter seinem Gewicht, als Martinez sich einrichtete, und die Ringe des Beschleunigungskäfigs vibrierten und gaben ein leises metallisches Klirren von sich. Er öffnete ein Seitenfach und holte den Injektor heraus, presste ihn auf seine Halsschlagader und drückte auf den Auslöser. Eine sorgfältig abgestimmte Mischung verschiedener Medikamente schoss in seine Blutbahn. Die Mittel hielten während der Beschleunigungsphasen seinen Blutdruck in einem vernünftigen Rahmen, stärkten die Wände seiner Blutgefäße und machten sie geschmeidig, damit sie unter den starken Belastungen nicht platzten. Jetzt setzte Martinez auch seinen Helm auf, langte nach oben und zog die Displays vor sich in die Arretierung.
»Erinnerung von Kapitän Fletcher, meine Dame«, meldete Li von der Funkkonsole. »Noch sechsundzwanzig Komma fünf Minuten bis zur Beschleunigung um Pelomatan.«
»Bestätigen«, antwortete Michi. Sie drehte sich zu Martinez herum und wartete, bis dieser sich angeschnallt hatte.
»Kapitän, Sie haben erwähnt, es sei möglicherweise von Vorteil, die Naxiden im Glauben zu lassen, wir wären auf ihre Attrappen hereingefallen.«
»Ja.« Martinez sammelte seine Gedanken. Die Attrappen waren selbstständig manövrierfähige Raketen, die aus den Raketenwerfern von Kriegsschiffen abgefeuert werden konnten. Die Schiffe waren mit ihren Kunstharzrümpfen keine guten Radarreflektoren, und so war es möglich, mit einer erheblich kleineren Attrappe das Echo eines großen Schiffs zu simulieren. Natürlich waren die Attrappen umso weniger überzeugend, je näher man ihnen kam und je länger man sie beobachten konnte.
»Da kommen einige Attrappen auf uns zu«, sagte Michi.
Martinez rief seine taktischen Anzeigen auf. »Wir sollten sie natürlich zerstören. Die Frage ist nur, wie wir das tun. Wenn wir wissen, dass es sich um Attrappen
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