Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
einhundert Minuten beurteilen können, was sie vorhaben.«
»Interessant.« Sie legte eine Hand auf den Beschleunigungskäfig und kroch auf die Liege. »Haben wir schon etwas von Severin gehört?«
»Nein, meine Lady. Er war jedoch außerhalb der tödlichen Zone, als die Station explodiert ist.«
»Ich will ihn für eine Beförderung vorschlagen. Es war tapfer und bemerkenswert, dass er hier draußen fünf Monate gefroren hat, und das auch noch aus eigenem Antrieb.«
»Ja, meine Lady.« Martinez überlegte. »Wie wollen wir die Flotte über den Vorschlag unterrichten? Wir werden in den nächsten Monaten keinen Kontakt mehr haben. Severin müsste die Empfehlung für seine Beförderung selbst mitnehmen.«
Michi runzelte die Stirn. »Es würde nicht gut aussehen, wenn er auf der Ringstation von Seizho auftaucht und sagt: ›Ach, übrigens, ich habe eine Medaille verdient. ‹« Sie ließ den Beschleunigungskäfig los und wartete, bis die Liege ihre neutrale, zurückgekippte Position erreicht hatte. Irgendwo quietschte ein Lager. Schließlich zog sie ihre Displays herunter und ließ sie vor sich einrasten.
»Also«, fuhr sie fort, »da der Erkundungsdienst während des Krieges der Flotte unterstellt ist, können wir dies auch für uns nutzen. Informieren Sie Severin, dass er soeben zum Leutnant befördert worden ist.« Sie wandte sich an ihre Funkerin. »Li, rufen Sie das entsprechende Dokument auf. Ich unterzeichne und schicke einen Durchschlag an Severin.«
Überrascht und etwas betroffen beobachtete Martinez diese Beförderung und Auszeichnung. Severin war ein Gemeiner, und die traf man im Offizierskorps nur höchst selten an. Noch seltener war eine Feldbeförderung. Vermutlich hatte es so etwas seit Jahrhunderten nicht mehr gegeben.
Martinez aktivierte sein Kommunikationsdisplay. »Severin, hier ist Kapitän Martinez. Geschwaderkommandantin Chen lässt mich ausrichten, dass Sie als Auszeichnung für Ihren Mut und Ihre Entschlossenheit soeben eine Feldbeförderung erhalten haben und zum voll bestallten Leutnant befördert wurden.« Der Mut und die Entschlossenheit waren seine eigenen Ausschmückungen, aber er fand, dass es gut klang.
Er lächelte. »Erlauben Sie mir, Sie als Erster ›mein Lord‹ zu nennen. Sie haben sich Ihr Leutnantspatent verdient. Ich wünsche einen angenehmen Heimflug. Ende der Sendung.«
Er hob den Kopf und bemerkte, dass Lady Michi ihn lächelnd beobachtete. »Machen Sie doch mal Pause«, bot sie ihm an. »Ich lasse Sie rufen, falls die Naxiden bei Aratiri etwas unternehmen.«
»Jawohl, meine Lady. Vielen Dank.«
Er schnallte sich ab und stand auf. Erst jetzt bemerkte er, wie steif er nach den vielen Stunden auf der Liege war. Er humpelte zur Tür und schaltete eine Kopie der taktischen Bildschirme auf sein Ärmeldisplay.
Es konnte nicht schaden, immer auf dem Laufenden zu bleiben.
Severin wandte sich an seine Mannschaft. »So, und wer möchte mich jetzt als Zweiter mit ›mein Lord‹ anreden?«
Darauf breitete sich ehrfürchtiges Schweigen aus.
»Na schön«, sagte Severin. »Dann machen wir mal mit den Diagnosen weiter.«
Die Strahlung hatte die Besatzung in ihrem kleinen Schutzraum sicher nicht erreicht, doch es war möglich, dass der Ausbruch, als Station Zwei explodiert war, die Elektronik des Rettungsbootes beschädigt hatte.
Während die Diagnoseprogramme liefen, dachte Severin über seine Zukunft nach. Der Erkundungsdienst war klein, und er hatte gerade den Sprung in dessen Elite geschafft. Da der Dienst inzwischen dem Militär angegliedert war, hatte sein neuer Rang sogar noch größeres Gewicht. Jetzt konnte er Soldaten der Flotte Befehle erteilen – sogar Flottenoffizieren, sofern sie rangniedriger waren. Als Leutnant mit Patent stand er jetzt sogar über Unterleutnants und anderen Leutnants mit einem niedrigeren Dienstalter als – er blickte auf die Uhr – zwei Minuten.
Er konnte Peers Befehle erteilen. Wie jeder andere Leutnant musste er jetzt mit »mein Lord« angesprochen werden, obwohl er nie zu einer vornehmen Familie gehört hatte.
Er fragte sich, wie das den anderen Lords schmecken würde.
Vielleicht würden sie ihn einfach nicht zu ihren Gartenpartys einladen. Irgendwie ahnte er aber, dass die Sache ein wenig komplizierter werden konnte.
Jetzt musste er sich zunächst mit dringenderen Fragen befassen. Er und seine Mitarbeiter hatten wie Mannschaftsdienstgrade zusammengelebt und informelle Beziehungen gepflegt. Severin hatte zwar die
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