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Drei Engel für Armand

Drei Engel für Armand

Titel: Drei Engel für Armand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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Mutter sein sollen, die dort stand, nicht ihre Stiefmutter. Ihr Vater, nicht Charlotte und Stacia.
    »Es wird nie und nimmer halten«, hatte ihre Stiefmutter gesagt, laut genug, dass Danielle es hören konnte. »Als ob ein Prinz mit einem so gewöhnlichen Mädchen glücklich sein könnte!«
    Charlotte und Stacia hatten gelacht, ebenso wie ein paar andere in der Menge. Der Arm des Prinzen versteifte sich. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, stieß ein kleiner Schwärm weißer Tauben herab und hackte und kratzte mit Schnäbeln und Krallen und flatternden Flügeln auf das Gesicht von Danielles Stiefmutter ein. Charlotte und Stacia schrien. Stacia versuchte, mit den Händen auf die Vögel einzuknüppeln, aber ihre Bemühungen lenkten nur den Zorn der Tauben auf sie und ihre Schwester. Erst als Danielle die Vögel bat aufzuhören, flogen sie schließlich weg, und ihre Stiefmutter blieb blutüberströmt und blind zurück.
    In Anbetracht der Ereignisse dieses Tages konnte Danielle Charlottes Reaktion nachvollziehen. Sie drehte sich um und wandte sich an die weiße Taube. »Geh!«, sagte sie. »Ich werde etwas Essen für dich und deine Freunde aufheben.«
    Gehorsam hüpfte die Taube vom Gobelin und flog aus dem Fenster. Charlotte schob sich an Danielle vorbei und zog das Fenster so heftig zu, dass eine der Scheiben einen Sprung bekam. Ihre Hände zitterten, als sie den Riegel einhakte.
    »Sie hätte dir nichts getan«, sagte Danielle.
    Charlotte fuhr herum. Sie zeigte auf die verschorften Stellen in ihrem Gesicht. »Deine dreckigen Vögel haben mich entstellt fürs Leben! Sie haben meine Mutter ermordet! Sie hätten auch mich getötet, wenn wir sie nicht abgewehrt hätten!«
    »Sie haben dich gar nicht –«
    »Halt die Klappe!« Charlotte zog ihren Umhang fester um sich, wie ein Kind, das versucht, sich vor der Kälte zu schützen. »Sie haben sie geblendet. Sieben Tage lang lag sie im Bett, während die Krankheit sich durch ihr Blut fraß.« Sie lachte ein schrilles Lachen, das nah am Wahnsinn angesiedelt war. »Weißen Tauben auf einer Hochzeit die Freiheit zu schenken gilt als Zeichen des Wohlstands. Sag mir, Prinzessin, was hat es zu bedeuten, wenn die Tauben versuchen, die Gäste zu fressen? «
    »Sie waren verwirrt und hatten Angst«, sagte Danielle.
    »Sie sind über uns hergefallen!« Charlotte schnappte sich den Weinkelch, den Talia gebracht hatte, und leerte ihn ohne abzusetzen. »Niemand sonst hat auch nur einen Kratzer abbekommen.«
    Danielle schüttelte den Kopf. Sie war sich sicher, dass sie den Vögeln nicht befohlen hatte, ihre Stiefmutter und Stiefschwestern anzufallen. Nicht ein einziges Mal in all den Jahren seit ihres Vaters Tod hatte sie gegen ihre Peinigerinnen zurückgeschlagen. Welcher Zufall die Vögel auch dazu gebracht hatte anzugreifen, Danielle war sich hundertprozentig sicher, dass sie nicht die Hand im Spiel gehabt hatte.
    Neunundneunzigprozentig.
    Charlotte schleuderte den Kelch auf den Boden und funkelte Talia an. »Hast du nichts Besseres zu tun? Ich wünsche mit meiner Stiefschwester über meine Erbschaft zu reden und dulde es nicht, dass eine Dienerin herumlungert und nach Klatsch und Tratsch schnappt wie eine Hündin nach den Brocken vom Tisch ihres Herrn!«
    Früher hatte Charlotte immer mit Danielle in demselben geringschätzigen Ton gesprochen. Danielle war jedoch ihrem verächtlichen Starren nie mit einem solch kalten, verkniffenen Lächeln begegnet. Talia bückte sich, um den Kelch aufzuheben, und tupfte mit dem Saum ihrer Schürze den verschütteten Wein auf. Dabei wandte sie den Blick keinen Moment von Charlottes Gesicht ab.
    »Ich werde Euch liebend gern zum Büro des Kanzlers begleiten«, sagte Talia. »Vater Isaac kennt sich außerordentlich gut in solchen Angelegenheiten aus, und er –«
    »Ich verstehe«, sagte Charlotte. »Jetzt, wo du ins Königshaus eingeheiratet hast, hoffst du, du kannst deine neu gewonnenen Freunde dazu benutzen, meine Schwester und mich zu tyrannisieren und uns alles rauben, was uns noch geblieben ist.«
    »Das ist absurd!«, widersprach Danielle, die der Unterhaltung bereits überdrüssig wurde. »Danke, Talia. Ich werde läuten, wenn wir noch etwas brauchen.«
    Talia zögerte, dann wandte sie sich zum Gehen.
    In dem Moment, als sich die Tür schloss, fuhr Charlotte herum und ging auf Danielle zu. »Du hast meine Mutter ermordet, Hoheit!« Sie bewegte sich immer noch mit einem leichten Hinken, ein Andenken an jenen Abend, als Prinz Armand mit

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