Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
unmissverständlich und in einem für ihn angemessenen Ton zu verstehen, dass er ab sofort und ein für alle Mal die Finger von unserer Kleinen lassen solle. Dass wir von ihm weder ein Eis noch andere Süßigkeiten für unser Kind haben wollten und Küsse von unserem Kind könne er sich ohnehin abschminken. Er lachte nur, nahm sich ungefähr die halbe Stückzahl der noch vorhandenen Zigaretten aus meiner Schachtel und verzog sich wieder zu seinen inzwischen, wie übrigens auch er, angetrunkenen, rotweintrinkenden Freunden. Wir tranken aus und machten uns erneut zu unserem Zimmer auf, um wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf zu finden. Schnell fischten wir unsere leichten Seidenschlafsäcke aus den Rucksäcken, um dann, wenigstens ein bisschen vor Läusen und Flöhen geschützt, zu schlafen. Vor dem Einschlafen bedankte ich mich noch bei all unseren Schutzengeln für deren Hilfe und bat sie darum, uns am morgigen Tag keine Stolpersteine mehr in den Weg zu legen. Sie sollten bitte dafür Sorge tragen, dass das Wetter angemessen, die Etappen nicht zu anstrengend, genug Essen und Getränke verfügbar sei und wir alle gesund und munter in Carrion de los Condes ankommen würden. Es war wieder sehr schön anzuhören, wie Franzi, bevor sie einschlafen konnte, mit ihrer Mutter flüsterte, um uns, Omi und Opi, nicht zu stören.
4. Juni Boadilla del Camino – Carrion de los Condes (26,3 km)
Um Viertel vor sechs war die Nacht zu Ende. An Schlafen war in diesen Betten kaum zu denken. Trotz unseres Seidenschlafsackes hatten wir das Gefühl, während der Nacht von Flöhen gepiesackt worden zu sein. Aber dies lag nur an den Rosshaarmatratzen, deren Haare durch die Schlafsäcke stachen. Am ganzen Körper juckte es. Froh aufstehen zu können machte sich meine Tochter als Erstes auf ins Bad. Franzi schlief noch, drehte sich allerdings von einer Seite auf die andere. Als sie die Augen öffnete, strahlte sie uns an und fragte: »Omi, kann ich heute in den Swimmingpool gehen?« Als Larissa zurückkam, gingen Peter und ich im Nebengebäude ins Bad und packten im Anschluss gleich alles zusammen, um nach dem Frühstück nicht mehr hierher zurückkehren zu müssen. Nach einem wirklich guten Frühstück, serviert von Eduardo, füllten wir schnell die Wasserflaschen, um uns gleich auf den Weg zu machen. Schnell bedankten wir uns nochmals bei Eduardo und verabschiedeten uns sogleich. Eduardo umarmte mich, wünschte uns ein gutes Gelingen und sagte nochmals zu mir: »Pia relax!« Oft dachte ich in den nächsten Tagen an diese zwei Worte. Waren wir doch schon 14 Tage auf dem Weg, aber wirklich entspannt war ich nie. Ständig machte ich mir Sorgen um meine Tochter, dass diese sich zu viel zumutete, oder ich machte mir Sorgen um Franziska, ob wir sie denn nicht doch überstrapazierten. Ständig machte ich mir Sorgen um Peter und dessen Kreislauf. Ob alle genug zu essen hatten oder auch genug trinken. Ob wir einen Schlafplatz finden würden oder ob es im nächsten Ort einen Geldautomaten gab, wenn das Bargeld knapp wurde.
Das Wetter war wie bestellt, Sonnenschein, aber nicht zu heiß und immer ein bisschen Wind. Anfangs liefen wir immer am Waldrand entlang. Mal rechts, mal links immer einen schönen Weg unter unseren Füßen habend, bis wir auf ein freies Feld kamen, auf dem unzählige Störche ihr Frühstück suchten. Wieder breitete sich diese Harmonie und Dankbarkeit in mir aus, welche ich beim besten Willen nicht zu beschreiben in der Lage bin. Wir wanderten über einen breiten Schotterweg, entlang einem kleinen Kanal, durch eine wunderschöne Natur. Wieder einmal waren Larissa und Franziska etwa 100 Meter vor uns. Manchmal überlegte ich, warum meine Tochter immer versuchte Abstand zu halten. Wollte sie gerne alleine mit ihren Gedanken sein, nahm sie aus falschen Gründen Rücksicht auf uns oder war sie einfach nur egoistisch? Wir für unseren Teil hätten beide lieber näher bei uns! Aber im zarten Alter von 30 Jahren kann man seinen Kindern ja keine Vorschriften mehr machen. Wieder sagte eine Stimme zu mir: »Lasse sie einfach. Wenn es ihr zu viel wird, wird sie sich ohnehin gerne zu euch gesellen. Auch sie muss mit sich ins Reine kommen. Schließlich wollte sie ursprünglich den Weg ganz alleine gehen, um sich über verschiede Dinge und Situationen in ihrem Leben klar zu werden. Sie hat ohnehin Glück, dass ihr immer in der Nähe seid.« Ich horchte auf, wollte schon hinterfragen, entschloss mich aber dies dann doch nicht zu tun und
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