Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
Damen mit rotlackierten Fuß- und Fingernägeln ungespitzt im Boden versenken können. In der einzigen Bar des Ortes erfuhren wir, dass heute in diesem Nest ein großes Fest stattfinden sollte und deswegen alles geschlossen wäre. Ausgebucht seien ohnehin alle Hostals durch die Anzahl der eingetroffenen Reisebusse. Alle aus dem Ort wollten heute nur eins und das war feiern. Sie verwiesen uns auf die Herberge, welche um drei Uhr öffnen sollte. Wir warteten und warteten! Es wurde drei Uhr, es wurde vier Uhr. Es kam niemand. Larissa war bereits wieder sehr ungeduldig, machte mir Vorwürfe, weil wir nicht gleich weitergelaufen waren, und wollte sich schon alleine auf den Weg in den nächsten Ort machen, als mir plötzlich der Zettel in meiner Hosentasche einfiel. Ich holte ihn heraus, griff zu meinem Handy, wählte die angegebene Nummer und hatte sofort eine sehr nette Dame, eine Deutsche namens Martina, am Telefon. Im ersten Moment sagte sie, dass sie für heute bereits ausgebucht sei. Was nun? Trotzdem erklärte ich ihr unser Problem. Wir hätten ein kleines Kind dabei und ich selbst könne nicht mehr weiterlaufen. Plötzlich sagte sie zu mir: »Wissen Sie was, eigentlich haben wir noch zwei Doppelzimmer. Die Zimmer sind in unserem Ferienhaus. Wir haben uns nur angewöhnt das Haus nicht an verschiedene Leute zu vermieten. Da aber für heute Nacht nur ein Ehepaar das Haus gemietet hat, frage ich diese ganz einfach, ob sie Sie aufnehmen! Rufen Sie doch in fünf Minuten noch mal an!« Gesagt, getan! Ich betete wieder einmal, dass mein Wunsch in Erfüllung ginge!
Fünf Minuten später, beim zweiten Anruf, sagte sie zu mir: »Das Ehepaar ist bereit Sie mit aufzunehmen, diese kennen Sie vom Camino und wissen, dass sie so eine Kinderkutsche dabei haben. Nachdem Sie nicht mehr laufen können und es hier keine Busverbindung gibt, werde ich Sie einfach mit dem Auto abholen, aber was machen wir, wenn die Kutsche nicht in mein Auto passt? Ich komme in ca. 30 Minuten.« Ich sagte voller Dankbarkeit zu. Peter meinte dazu, dass er die Kinderkutsche bis zum nächsten Ort schiebe. Wir drei sollten mit dem Auto und dem Gepäck vorausfahren.
Gerade als wir uns auf den Weg zum verabredeten Treffpunkt machen wollten, kam ein Motorrad angebraust. Ein stockbesoffener Herbergswirt kam an. Nicht, dass er jetzt aufsperren wollte, nein im Gegenteil, er beschimpfte alle vor der Herberge wartenden Pilger aufs Äußerste, bevor er alleine in seiner Herberge, die er natürlich sofort von innen wieder absperrte, verschwand. Ich dachte, wie gut, dass alles geregelt ist, bei diesem besoffenen Typen wären wir niemals geblieben. Dies war ein Erlebnis der besonderen Art. Alle anderen wartenden Pilger standen ganz konsterniert vor dieser Situation. Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, als ihr Gepäck zu schultern und in den nächsten Ort zu laufen.
Als Martina ankam, stellte sich heraus, dass die Kinderkutsche auch noch ins Auto passte. Der offene Kofferraumdeckel wurde mit einer Schnur fixiert. In Spanien nahm man das ja nicht so genau. Wir waren froh einen solch hilfsbereiten Menschen kennengelernt zu haben. In Carrion de los Condes angekommen begrüßte uns das Ehepaar, welches uns Obdach gewährte, sehr freundlich. Es waren Deutsche und sie kamen aus Berlin. Schnell hatten wir das Auto ausgeräumt und unsere Zimmer bezogen. Das Haus verfügte über eine gemütliche Küche, ein Wohnzimmer, das mit einer Doppelschlafcouch ausgerüstet war, zwei Schlafzimmer, Bad und Toilette. Larissa und Franzi machten es sich auf der sehr bequemen Schlafcouch im Wohnzimmer gemütlich und wir bezogen das Doppelzimmer im ersten Stock. Das erste Zimmer seit Langem, das mit einem zwei Meter langen Bett ausgestattet und Peter mal nicht zu kurz war. Als Martina meine Blasen an den Füßen sah, bot sie mir an, doch in das örtliche Ambulanzzentrum zu gehen. Sie würde mich auch gerne als Dolmetscherin begleiten. Diesen Vorschlag nahm ich gerne an, da ich befürchtete, dass sich die Blasen immer mehr entzünden würden. Im Ambulanzzentrum angekommen wurden meine Blasen kurzerhand desinfiziert, aufgestochen und anschließend ein Bindfaden eingezogen, welcher verhindern sollte, dass sich das Wasser erneut staute. Gleich war alles besser. Mein Mann wollte seine Blasen, bei allem Zureden meinerseits, nicht behandeln lassen. Die Ärztin, die mich versorgte, verordnete mir einen zusätzlichen Ruhetag. Ich sollte auf jeden Fall einen Tag keine Schuhe und Socken tragen.
Weitere Kostenlose Bücher