Drei Generationen auf dem Jakobsweg: ... und meine Erfahrung mit Gott! (German Edition)
ich fertig war, schlief er tief und fest. Ich legte ihm nur einen Zettel auf das Nachtkästchen mit der Info, dass ich unten auf der Terrasse auf ihn warte. Ich bestellte mir, plötzlich war ich in Feierlaune, ein Glas Prosecco und danach ein zweites. Dazu gab es jede Menge Wasser. Ich genoss die Stille und die letzten Sonnenstrahlen und war plötzlich mit mir ganz im Reinen.
21. Juni O Coto – Aruza (21 km)
Als wir am Morgen nach unten gingen, war das Lokal, wo wir hervorragend zu Abend gegessen hatten, noch geschlossen. Also schnürten wir unsere Rucksäcke und frühstückten wieder im Lokal gegenüber. Larissa war heute wieder nervöser als sonst. Alles dauerte ihr zu lange. Immerhin war es schon acht Uhr morgens und wir waren noch nicht in den Startlöchern. So beschloss sie, »Hufe scharrend«, wieder einmal mit Franzi vorauszulaufen. Kurzfristig dachte ich darüber nach, ob das Wort Rücksicht in ihrem Vokabular überhaupt vorkommt. Peter und ich tranken noch eine Tasse Kaffee, bevor auch wir aufbrachen. Heute wollten wir ja nur 20 Kilometer laufen und deshalb war halb neun eine gute Startzeit.
Der Weg ging ständig bergauf und bergab. Ein schöner Wanderweg, aber wie würde es wohl unseren beiden Vorausläufern gehen? Ständig dachte ich darüber nach, plötzlich hielt ich wieder einmal inne und fragte mich: Was machst du schon wieder? Hast du nicht gestern über das Tun und Handeln mit all seinen Konsequenzen nachgedacht? Auch Larissa muss die Konsequenzen tragen. Es kann ja nicht sein, dass sie handelt und du immer ein schlechtes Gewissen hast und dadurch ihre Konsequenzen trägst. Also hör auf dir Vorwürfe zu machen. Sie ist erwachsen, Mutter einer kleinen, süßen Tochter, und wenn sie nicht einmal eine Viertelstunde warten kann, muss sie halt alleine gehen. Schließlich sind wir ja immer hinter ihr, um im Notfall Hilfestellung zu leisten. Wir fungieren sozusagen als Netz und doppelter Boden. Sollte sie nicht weiterkommen, muss sie warten. Ich werde heute jedenfalls nicht wieder den Turbo einschalten. Ich werde jetzt zusammen mit Peter unseren Weg genießen. Ich betete ein Vaterunser und bat im Anschluss Gott und das Universum auf die Kinder aufzupassen und mir bessere Gedanken zu geben.
Keine fünf Minuten später kamen wir an einen kleinen Bach, über den ein schmaler Holzsteg an das andere Ufer führte. Larissa stand mit ihrem Wagen inmitten einer Pilgerschar aus Jugendlichen, die lachend über das Brett hin und her balancierten, sich dabei küssten und fotografierten. Ungeduldig stand sie da, bis sich endlich einer der Jugendlichen erbarmte und ihr half den Wagen auf die andere Seite zu tragen. Auf der anderen Seite ging es gleich steil bergauf. Aber um ihr zu helfen, kamen wir nicht schnell genug auf die andere Seite, außer wir hätten uns Platz gemacht, indem wir ein paar Pilger vor uns ins Wasser geschubst hätten. Ich musste zusehen, wie sie schob und schob. Auf der anderen Seite angekommen schaltete Peter einen Gang höher, lief ihr hinterher und schob die Kinderkutsche mit an. Gemeinsam kamen sie oben an, Peter ließ den Griff los, drehte sich nur nach mir um, und als er wieder nach der Kutsche greifen wollte, war Larissa schon wieder weg. Was wollte sie und vor allem wem wollte sie etwas beweisen? Gut, Peter entschloss sich, ihr nicht wieder hinterherzuhechten, und ließ sie ihres Weges ziehen. Die Kleine im Übrigen schlief tief und fest in ihrer Kinderkutsche.
In dem Örtchen Furelos angekommen mussten wir eine sehr alte Steinbrücke überqueren. Als ich die Brücke zur Hälfte überquert hatte, trieb vom anderen Ende her eine alte Bäuerin zwei nebeneinander laufende Kühe über die Brücke. Die Tiere mit ihren ausladenden Hörnern trotteten immer näher auf mich zu und machten keine Anstalten, hintereinander zu laufen. Die Rindviecher nahmen die ganze Breite der Brücke ein. Aber es ging gut, sie nahmen mich nicht auf die Hörner, sondern pressten mich nur mit aller Gewalt an die Steinwand der Brücke. Ich flehte nur noch darum, meine Füße in Ruhe zu lassen, stellte mich auf die Zehenspitzen und hielt die Luft an. Es ging gut, die linke Kuh drängte mich noch weiter an die Steinbrüstung der Brücke, und als sie vorbei war, konnte ich wieder durchatmen. Der Bäuerin war die Situation völlig egal, sie trottete gleichgültig hinter ihren Rindviechern her. Nachdem ich mich erholt hatte, kamen wir zur Kirche von Furelos und siehe da: Vor der Türe stand unsere Kinderkutsche. Als wir
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