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Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Titel: Drei Generationen auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Stein
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fehlenden Fensterscheiben zog ein echt übler Geruch durch das ganze Gebäude. Die Bettdecken waren schon viele Jahre benutzt, aber sicher noch nicht einmal gewaschen. Wir legten unsere Rucksäcke ab und beschlossen erst noch einmal in den Garten zu gehen, um noch einen Absacker zu trinken, um im Anschluss vielleicht besser schlafen zu können. Denn an Schlaf war nach diesem Schock erst einmal nicht mehr zu denken! Vor Eduardo, der es so gut mit uns meinte, ließen wir uns natürlich nichts anmerken. Wir waren ihm ja schließlich trotzdem sehr dankbar. Es war auch eine positive Erfahrung, ihn kennenlernen zu dürfen. Im Garten angekommen stürzte sich der »spanische Pilgerfreund« wieder auf Franzi. Jetzt platzte mir der Kragen, ich gab ihm unmissverständlich und in einem für ihn angemessenen Ton zu verstehen, dass er ab sofort und ein für alle Mal die Finger von unserer Kleinen lassen solle. Dass wir von ihm weder ein Eis noch andere Süßigkeiten für unser Kind haben wollten und Küsse von unserem Kind könne er sich ohnehin abschminken. Er lachte nur, nahm sich ungefähr die halbe Stückzahl der noch vorhandenen Zigaretten aus meiner Schachtel und verzog sich wieder zu seinen inzwischen, wie übrigens auch er, angetrunkenen, rotweintrinkenden Freunden. Wir tranken aus und machten uns erneut zu unserem Zimmer auf, um wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf zu finden. Schnell fischten wir unsere leichten Seidenschlafsäcke aus den Rucksäcken, um dann, wenigstens ein bisschen vor Läusen und Flöhen geschützt, zu schlafen. Vor dem Einschlafen bedankte ich mich noch bei all unseren Schutzengeln für deren Hilfe und bat sie darum, uns am morgigen Tag keine Stolpersteine mehr in den Weg zu legen. Sie sollten bitte dafür Sorge tragen, dass das Wetter angemessen, die Etappen nicht zu anstrengend, genug Essen und Getränke verfügbar sei und wir alle gesund und munter in Carrión de los Condes ankommen würden. Es war wieder sehr schön anzuhören, wie Franzi, bevor sie einschlafen konnte, mit ihrer Mutter flüsterte, um uns, Omi und Opi, nicht zu stören.

4. Juni Boadilla del Camino – Carrión de los Condes (26,3 km)
    Um Viertel vor sechs war die Nacht zu Ende. An Schlafen war in diesen Betten kaum zu denken. Trotz unseres Seidenschlafsackes hatten wir das Gefühl, während der Nacht von Flöhen gepiesackt worden zu sein. Aber dies lag nur an den Rosshaarmatratzen, deren Haare durch die Schlafsäcke stachen. Am ganzen Körper juckte es. Froh aufstehen zu können machte sich meine Tochter als Erstes auf ins Bad. Franzi schlief noch, drehte sich allerdings von einer Seite auf die andere. Als sie die Augen öffnete, strahlte sie uns an und fragte: »Omi, kann ich heute in den Swimmingpool gehen ?« Als Larissa zurückkam, gingen Peter und ich im Nebengebäude ins Bad und packten im Anschluss gleich alles zusammen, um nach dem Frühstück nicht mehr hierher zurückkehren zu müssen. Nach einem wirklich guten Frühstück, serviert von Eduardo, füllten wir schnell die Wasserflaschen, um uns gleich auf den Weg zu machen. Schnell bedankten wir uns nochmals bei Eduardo und verabschiedeten uns sogleich. Eduardo umarmte mich, wünschte uns ein gutes Gelingen und sagte nochmals zu mir: »Pia relax !« Oft dachte ich in den nächsten Tagen an diese zwei Worte. Waren wir doch schon 14 Tage auf dem Weg, aber wirklich entspannt war ich nie. Ständig machte ich mir Sorgen um meine Tochter, dass diese sich zu viel zumutete, oder ich machte mir Sorgen um Franziska, ob wir sie denn nicht doch überstrapazierten. Ständig machte ich mir Sorgen um Peter und dessen Kreislauf. Ob alle genug zu essen hatten oder auch genug trinken. Ob wir einen Schlafplatz finden würden oder ob es im nächsten Ort einen Geldautomaten gab, wenn das Bargeld knapp wurde.
    Das Wetter war wie bestellt, Sonnenschein, aber nicht zu heiß und immer ein bisschen Wind. Anfangs liefen wir immer am Waldrand entlang. Mal rechts, mal links immer einen schönen Weg unter unseren Füßen habend, bis wir auf ein freies Feld kamen, auf dem unzählige Störche ihr Frühstück suchten. Wieder breitete sich diese Harmonie und Dankbarkeit in mir aus, welche ich beim besten Willen nicht zu beschreiben in der Lage bin. Wir wanderten über einen breiten Schotterweg, entlang einem kleinen Kanal, durch eine wunderschöne Natur. Wieder einmal waren Larissa und Franziska etwa 100 Meter vor uns. Manchmal überlegte ich, warum meine Tochter immer versuchte Abstand zu halten.

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