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Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Drei Generationen auf dem Jakobsweg

Titel: Drei Generationen auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Stein
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sind Sie denn mit Kind hierhergekommen ?« Wir antworteten: »Als Fußpilger !« Nun kam er langsam auf uns zu, fragte nach unseren Vornamen und sagte: »Ich finde einen Schlafplatz für euch !« Die junge Frau schimpfte ihn auf Spanisch aus, er aber lächelte nur, sah mich an und sagte: »Relaxe, Pia. Alles ist möglich .« Er besorge uns in einem Nebengebäude ein Zimmer mit zwei großen Doppelbetten. In der Zwischenzeit sollten wir die Duschen im Hauptgebäude benutzen und es uns im Garten bis zum Abendessen gemütlich machen. Getränke könnten wir bei der jungen Frau ordern. Er nahm mir unsere Pilgerpässe ab und ging damit in den Garten, wo er sie uns später versehen mit den Pilgerstempeln wiedergab.
    Als wir ebenfalls wieder nach draußen gingen, um unseren Kindern mitzuteilen, dass wir hier schlafen könnten, aber noch nicht wüssten wo, war auch Larissa erleichtert. Franzi spielte am Pool, und als ich mich umdrehte, sah ich in die Augen des spanischen Eiskäufers vom Vortag. Ich sah zum Himmel und fragte: Wofür bitte brauche ich diesen schrecklichen Typen auch noch heute Abend? Habe ich mich doch gerade erst von dem Schock, eventuell kein Zimmer zu haben, erholt. Wollt ihr mich ärgern oder einfach nur prüfen? Ich grüßte kurz und bat Larissa und Franzi doch den Tisch im Eck des Gartens zu besetzen, während ich etwas zu trinken organisieren wollte. Peter setzte sich zum Schutz der beiden ebenfalls an den Tisch und ließ Franzi keine Sekunde aus den Augen. Als ich mit den Getränken zurückkam, sah ich diesen Menschen bereits wieder auf uns zukommen. Er ergriff sofort Franzis Hand, küsste sie auf die Wange und versprach ihr schon wieder ein Eis. Nachdem er das auch sofort in die Tat umgesetzt hatte und mit einem Eis zurückgekommen war, bediente er sich wieder an meinen Zigaretten. Dieses Verhalten fand ich schlicht unmöglich. Nun setzte er sich zu ein paar Rotwein trinkenden Mitpilgern seinerseits und stürzte ein Glas nach dem anderen hinunter. Beim Essen saß er dann zu meiner Beruhigung in dem anderen Speisesaal. In unserem sehr liebevoll gestalteten Speisesaal saßen uns vier nette ältere Herren aus Brasilien gegenüber und fragten Franzi, ob sie speziell für sie ein Lied singen dürften. Natürlich lehnte sie nicht ab und wollte zur Belustigung aller anwesenden Pilger dieses Lied immer wieder von vorne hören. Gott waren die vier nett! Wie sich im Laufe des Abends herausstellte, waren alle vier von Jugend an befreundet und gehörten einem nicht unbekannten Männerchor in Brasilien an.
    Es war ein netter Abend, dennoch wussten wir noch immer nicht, in welchem Gebäude wir die Nacht verbringen würden. Eduardo, der Mann mit Rastalocken und Wollmütze, kümmerte sich rührend um unsere Verpflegung. Es gab Brotsuppe oder Bohnensuppe zur Auswahl. Fisch oder Gulasch mit Salat als Hauptspeise und zur Nachspeise Pudding oder Eis. Dazu gab es selbstverständlich Rotwein. Das Menü kostete wie üblich 10 Euro pro Person. Für die Übernachtung zahlten wir 6 Euro pro Person. Ich dachte so für mich: Das ist der zweite Engel, der uns am heutigen Tag zur Verfügung gestellt wurde. Als wir mit Essen fertig waren, setzten wir uns wieder in den Garten, um auf unsere Zimmerzuteilung zu warten. Franzi wurde müde und auch wir sollten langsam ins Bett. Am nächsten Tag hatten wir schließlich wieder eine Etappe von 26 Kilometern vor uns und sollten nicht zu spät aufbrechen, damit wir am Abend wieder ein Zimmer ergattern konnten. Der Wettlauf »Radfahrer gegen Fußpilger« um die Betten fing an mir auf die Nerven zu gehen. Außerdem merkten wir täglich, dass immer mehr Leute, ob zu Fuß oder per Rad, auf dem Camino unterwegs waren.

    Nun kam Eduardo auf uns zu und wollte uns unser Zimmer zeigen. Also schleppten wir unsere Rucksäcke aus dem einen Gebäude in den ersten Stock des daneben liegenden uralten Gebäudes. Auf dem Weg erzählte uns Eduardo, dass auch er in diesem, wie er es nannte, einfachen Gebäude ohne jeglichen Luxus schlief. Im Zimmer angekommen bedankten wir uns zwar sehr höflich bei ihm, aber die Lust auf Schlafen war erst einmal vorbei. Wir standen vor zwei Doppelbetten sowie einem Schrank mit eingetretener Türe. Um auf die Toilette zu kommen, musste man ein gegenüberliegendes Matratzenlager durchqueren. Auf unseren Doppelbetten lagen zwei ausrangierte Wolldecken und in einer Ecke am Boden lag schmutzige Bettwäsche. Die Fensterflügel hingen nur noch teilweise in den Angeln und trotz der

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