Drei Generationen auf dem Jakobsweg
schön angelegter Spielplatz, sodass unsere Franzi gleich auf ihre Kosten kam. Larissa schaukelte mit Franzi, überglücklich wie wir alle, was die Schaukeln hergaben, und kletterte mit ihr über und durch jedes Klettergerüst. Peter und ich setzten uns auf eine Bank und sahen zu, wie unsere Kinder sich freuten. Als Franzi beschloss nun im Zimmer nachzusehen, ob es einen Fernseher gab, brachen wir auf. Es war auch Zeit, den Abend ausklingen zu lassen. Es war für uns alle ein gutes Gefühl, wenn wir daran dachten, dass wir morgen nur noch 12,6 Kilometer vor uns hatten. Diese Strecke beschlossen wir nur noch im Genussbereich zu wandern.
23. Juni San Paio – Santiago de Compostela (12,6 km) – letzter Tag
Ein Blick aus unserem Fenster versprach einen wundervollen, sonnigen Tag. Anschließend wurden wir mit einem köstlichen Frühstück beglückt. Der Kaffeeduft stieg uns schon im Treppenhaus in die Nase. Im Frühstücksraum erwartete uns ein liebevoll gedeckter Tisch mit strahlend weißem Tischtuch, Stoffservietten, Kaffee, Orangensaft, Croissant, Baguette, Marmelade, Wurst und Käse. Wir ließen uns alles gut schmecken und konnten es nicht erwarten, zu starten.
Pünktlich um acht Uhr ging es los. Das Örtchen San Paio ließen wir schnell hinter uns und wanderten eine dreiviertel Stunde über eine Anhöhe dem Ort Lavacolla entgegen. Larissa lief heute in Sandalen, das war ungewöhnlich, aber spätestens jetzt wusste ich, dass auch ihr die Füße schmerzten. Hinter Lavacolla ging es wieder ganz schön bergauf. Damit hatte ich heute nicht mehr gerechnet. Aber auch diese Hürde würden wir meistern. Nach dem Dörfchen Villamaior wanderten wir weiter über eine lichte Hochebene dem Ort San Marcos entgegen, um anschließend auf den Monte de Gozo zu gelangen. Hier stand eine kleine Kapelle, wir betraten sie und dankten wieder allen unseren Schutzheiligen, dass sie uns bis hierher gebracht hatten. Wir zündeten eine Kerze an und holten uns unseren Pilgerstempel. Mittlerweile war auch unser zweiter Pilgerpass fast voll. Am höchsten Punkt des Monte de Gozo konnten wir bereits die Türme der Kathedrale von Santiago sehen. Jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich stand tatsächlich hier und konnte gemeinsam mit meiner Familie, den liebsten Menschen, die ich habe, von Weitem die Kathedrale sehen. Lieber Gott, ich danke Dir.
Vom Monte de Gozo ging es nur noch bergab. Wir erreichten das Ortsschild Santiago und schlenderten glücklich weiter in Richtung Kathedrale. Da die Pilgermesse immer mittags um zwölf Uhr stattfindet, beschlossen wir den Besuch auf morgen zu verschieben, da wir ohnehin eine Nacht in Santiago bleiben wollten. Jetzt ließen wir uns in einem Café nieder und genossen eine Tasse Kaffee und dazu die berühmte Tarta de Santiago. Sie schmeckte köstlich. An jedem Eck spielte ein Musikant sein Instrument. Ob Geige oder Dudelsack, alle wirkten wie in Trance, jedenfalls gelöst und locker. Unsere Franzi war so glücklich. Sie tanzte und drehte sich zur Musik, ihre Haare wehten im Wind und glänzten golden im Sonnenlicht. Sie erntete von den Damen und Herren der Nachbartische sehr viel Applaus und sie verbeugte sich ganz selbstverständlich. Sie war ganz stolz.
Nach dieser kleinen Stärkung machten wir uns auf den Weg ins Pilgerbüro, um unsere Pilgerausweise mit all ihren Eintragungen, sprich Stempeln, vorzuzeigen und damit unsere Compostela – die Pilgerurkunde – zu erhalten. Die Pilgerurkunde erhält nur derjenige, der anhand seiner Stempel belegen kann, dass er mindestens 100 Kilometer zu Fuß oder 200 km mit dem Rad zurückgelegt hat und angibt, aus religiösen Gründen gepilgert zu sein. Was hier wohl unser Manfred angab? Ich glaubte kaum, dass er zugeben würde auf den Spuren von Hape Kerkeling gewandert zu sein. Als wir im Pilgerbüro ankamen, warteten bereits an die 30 Pilger, brav in einer Reihe stehend, auf ihre Compostela. Franzi saß auf den Schultern ihrer Mami und strahlte mit dieser um die Wette. Jetzt zeigte sich aufs Neue, wie geduldig sie ist. Am Schalter angekommen staunte der junge Mann nicht schlecht, als er unsere Franzi sah. Natürlich hatte auch sie mittlerweile zwei Pilgerausweise mit den gleichen Eintragungen wie wir. Allerdings erhielt sie keine Compostela, sondern »nur« ein Willkommensschreiben, obwohl sie viel gelaufen war, aber halt auch zwischendurch gefahren worden war. Dem netten jungen, deutsch sprechenden Mann tat es fast leid. Aber wir waren
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