Drei Hände Im Brunnen
hinüber zur Wäscherei, um eine Schüssel mit Wasser zu holen, damit ich mich waschen konnte, bevor ich ins Bett fiel. Sie hatte offenbar mit Petronius gesprochen. Als er heraufgaloppiert kam, wusste er bereits, dass ich den Fall gelöst hatte und im Triumph mit Thurius zurückgekehrt war. Die Sache würde schwierig werden.
»Und wo warst du, als du gebraucht wurdest?«, schimpfte ich los, das Gespräch an mich reißend, bevor er die Initiative ergreifen konnte.
»In den miesesten Weinschenken der Subura, hinter einem dämlichen Trottel namens Damon her, der erfolglos versuchte, einen steilen Zahn in einem roten Kleid aufzureißen, die ihn nur zum Narren hielt. Sie hat ihm bis in die Puppen ein Glas nach dem anderen aufgeschwätzt, und als Damon zum zehnten Mal pinkeln ging, ist sie abgehauen und hat ihn sitzen lassen. Dann musste ich den Vollidioten auf der Suche nach seiner Geldbörse durch all die Kneipen zurückverfolgen, in denen er vorher gewesen war – obwohl sich das Mädchen natürlich damit aus dem Staub gemacht hatte …«
»Reine Zeitverschwendung.« Ich war nicht in der Stimmung für ausführliche Berichte.
Petro starrte mich lange an.
Ich wusste, was kommen würde, und hob müde die Hand. »Lucius Petronius, du hast doch was, das dir auf der Seele brennt.«
»Wenn du wieder fit bist.«
»Ich bin fit. Dein Leben braucht eine neue Richtung. Du bist ganz wild auf deinen alten Posten – wahrscheinlich angelockt von der Erregung stumpfer Routine und zeitaufwendiger Berichte für die Vorgesetzten, den nörgelnden Unmut der Bevölkerung und das Mitleid erregende, wenn auch regelmäßige Gehalt …«
»So was in der Art.«
»Das ist noch nicht alles? Oh, ich glaube, ich kann’s erraten. Du planst eine freudige Rückkehr zu deiner Frau.« Wenn ich nicht so müde gewesen wäre, hätte ich mehr Vorsicht walten lassen.
»Immer mit der Ruhe, alter Freund.«
»Du hast mir ständig zugesetzt, ich solle es tun, darum erzähle ich es dir als Erstem.«
»Daraus schließe ich, dass du es Silvia noch nicht gesagt hast?«
»Nein, bisher noch nicht.«
»Ich sollte mich wohl geehrt fühlen. Hast du Silvia in letzter Zeit überhaupt gesehen?«
Ein misstrauischer Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. »Du verbirgst doch was.«
Ich hätte ihn belügen sollen. Ja, ich hätte erst gar nicht davon anfangen sollen. Er war mein Freund, und ich wusste, wie schnell er wütend werden konnte. Aber ich war zu erschöpft, um behutsam oder vorsichtig vorzugehen. »Ich hab gehört, dass man Silvia mit einem anderen Mann gesehen hat.«
Petronius Longus reagierte nicht sofort darauf.
»Vergiss es«, murmelte ich.
Seine Stimme war leise, obwohl er kochte. »Wer hat dir das erzählt?«
»Maia. Wahrscheinlich ist das nur Gerede …«
»Wie lange weißt du schon davon, Falco?«
»Erst seit kurzem.«
Er sprang auf.
Ich war seit Jahren mit Petronius Longus befreundet. Wir hatten Tragödien, unzählige Weinamphoren und schlechtes Benehmen miteinander geteilt. Er wusste Dinge von mir, die hoffentlich niemand anders je erfahren würde, und mir war völlig klar, was er sagen wollte. »Petro, du hast mir bei meiner miesen Arbeit geholfen, hast meine schludrigen Methoden und meine lausige alte Wohnung ertragen, hast es dir bieten lassen, beim Frühstück kritisiert zu werden, und jetzt musstest du zusehen, wie ich Thurius geschnappt und die ganze Anerkennung dafür bekommen habe. Um dem allen die Krone aufzusetzen, hab ich dir auch noch erzählt, dass deine Frau dich betrügt, und das in genau dem Moment, in dem du deinen Stolz geschluckt und beschlossen hast, zu ihr zurückzukehren. Tja, da hast du’s: Du möchtest unsere Partnerschaft beenden, und ich hab dir gerade die Ausrede für einen dicken Streit geliefert.«
Einen Streit, für den ich nicht mehr die Kraft hatte. Petro sah mich an, dann hörte ich ihn leise ein- und wieder ausatmen. Ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht, doch er sagte nichts. Er verließ die Wohnung mit seinem normalen, gleichmäßigen Schritt, und ich hörte ihn die Außentreppe mit verächtlicher Endgültigkeit hinunterstapfen.
Gleich darauf kam Helena zurück. Die Schüssel krachte gegen das Geländer, wie sie es immer tat, wenn Helena sie voll nach oben trug, und sie murmelte vor sich hin. Dann rief sie etwas in scharfem Ton, als wollte sie einen Besucher davon abhalten,
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