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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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betrachteten mich, als hätte ich die Beulenpest. Sie rückten sichtbar von mir ab und drängten zum Pult, um dort mit gegenseitigem Hohngelächter, in dem aber doch der Respekt der Fachleute voreinander steckte, Gipsy II und Maientraum zu tippen.
     In diesem Augenblick kippte jemand um. Es war einer der
    mageren Leute, die vorn neben den Tischen gestanden hatten. Er rutschte an der Wand entlang und schlug hart auf die Erde. Die beiden Postschaffner hoben ihn auf und packten ihn auf einen Stuhl. Sein Gesicht war grauweiß. Der Mund stand offen.
     »Jotte doch!« sagte eine der Huren, eine volle schwarze Person mit glattem Haar und niedriger Stirn, »hol mal einer 'n Becher Wasser.«
     Ich wunderte mich, wie wenige Leute sich um den Ohnmächtigen kümmerten. Die meisten sahen nur flüchtig hin, dann wandten sie sich wieder den Wetten zu. »Kommt alle Augenblicke vor«, sagte Gustav. »Arbeitslose. Verwetten jeden Pfennig. Lauern immer auf das ganz große Geld, tausend zu zehn.«
     Der Kutscher kam aus der Zigarrenabteilung mit einem Glas Wasser. Die schwarze Hure tauchte ihr Taschentuch hinein und wischte dem Mann damit über die Stirn und die Schläfen. Er seufzte und öffnete plötzlich die Augen. Es hatte etwas Unheimliches, wie sie auf einmal lautlos wieder da waren in dem ganz erloschenen Gesicht – so, als blickte neugierig und kalt ein anderes, unbekanntes Wesen durch die Schlitze einer starren, grauweißen Maske.
     Das Mädchen nahm das Glas Wasser und gab dem Mann zu trinken. Es hielt ihn dabei wie ein Kind im Arm. Dann langte sie dem teilnahmslosen Esser mit den hochstehenden Haaren ein Brötchen vom Tisch. »Komm, iß mal – aber langsam, langsam – beiß mir nicht den Finger ab –; so, und nun trink wieder...«
     Der Mann am Tisch schielte seinem Brötchen nach, sagte aber nichts. Der andere bekam langsam wieder Farbe. Er aß noch eine Weile, dann taumelte er hoch. Das Mädchen stützte ihn bis zur Tür. Dann warf sie rasch einen Blick zurück und knipste ihre Handtasche auf. »Da, nun hau ab und friß lieber, statt zu wetten.«
     Einer der Zuhälter, der ihr die ganze Zeit den Rücken gekehrt hatte, drehte sich um. Er hatte ein Raubvogelgesicht mit abstehenden Ohren und trug Lackschuhe und eine Sportmütze.
     »Was hast du ihm gegeben?« fragte er.
     »Groschen.«
     Er stieß sie mit dem Ellbogen vor die Brust. »Wird schon mehr gewesen sein! Nächstens fragste mich.«
     »Mach's halblang, Ede«, sagte ein anderer. Die Hure holte ihre Puderdose heraus und malte sich die Lippen. »Ist doch wahr«, sagte Ede.
     Die Hure erwiderte nichts.
     Das Telefon klingelte. Ich beobachtete Ede und paßte nicht auf. »Das nennt die Welt Schwein!« hörte ich plötzlich Gustav schmettern, »Herrschaften, das ist schon mehr als Schwein, das ist eine Riesenmuttersau mit zwanzig Ferkeln!« Er schlug mir auf die Schulter. »Hundertachtzig Eier hast du getrudelt, Mann Gottes! Dein Hottehüh mit dem komischen Namen hat's gemacht!«
    »Was, tatsächlich?« fragte ich.
     Der Mann mit der zerkauten Brasilzigarre und dem farbenprächtigen Hemd nickte sauer und nahm mir meinen Zettel ab. »Wer hat Ihnen den Tip gegeben?«
     »Ich«, sagte Bieling eilig mit einem schrecklich demütigen, erwartungsvollen Lächeln und drängte sich mit einer Verbeugung vor. »Ich, wenn Sie gestatten – meine Beziehungen...«
     »Na, Mensch...« Der Chef sah ihn gar nicht an und zahlte mir das Geld aus. Einen Augenblick entstand völlige Stille im ganzen Raum. Alles sah zu. Sogar der unentwegte Esser hob den Kopf.
     Ich steckte die Scheine ein. »Aufhören!« flüsterte Bieling. »Aufhören!« Er hatte rote Flecke im Gesicht. Ich schob ihm zehn Mark in die Hand. Gustav schmunzelte und boxte mich in die Rippen. »Siehst du, was habe ich dir gesagt! Mußt nur auf Gustav hören, dann scheffelst du Geld!«
     Ich vermied es, den ehemaligen Sanitätsgefreiten an Gipsy II zu erinnern. Es fiel ihm gleich darauf auch wohl selber ein. »Wollen losgehen«, sagte er, »ist heute kein richtiger Tag für Künstler.«
     An der Tür zupfte mich jemand am Ärmel. Es war das Fleißige Lieschen. »Was würden Sie beim MaslowskiGedächtnisrennen tippen?« fragte er mit gierigem Respekt.
     »Nur o Tannenbaum«, sagte ich und ging mit Gustav in die nächste Kneipe, um auf die Gesundheit von L'heure bleue ein Glas zu trinken.

 Eine Stunde später hatte ich dreißig Mark wieder verloren. Ich hatte es doch nicht lassen können. Aber dann hörte ich

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