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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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»So spät?«
     »Geschäftlich. Wichtig für mich, Lisa. Muß versuchen, jemand noch zu treffen. Sitzt um diese Zeit gewöhnlich im Astoria.«
     Keine Frauen sind verständiger für so was als Mädchen wie Lisa. Aber keiner Frau kann man auch so wenig vorlügen wie ihnen. Lisas Gesicht wurde leer. »Du hast eine andere Frau...«
     »Aber Lisa – wir haben uns doch so wenig gesehen – jetzt fast ein Jahr nicht – du kannst dir doch denken...«
     »Nein, nein, das meine ich nicht. Du hast eine Frau, die du liebst! Du hast dich verändert. Ich spüre es.«
     »Ach, Lisa...«
     »Doch, doch. Sag's!«
     »Ich weiß es selbst nicht. Vielleicht...«
     Sie stand eine Weile. Dann nickte sie. »Jaja – natürlich – ich bin ja auch dumm – wir haben ja auch gar nichts miteinander...« Sie strich sich über die Stirn. »Ich weiß nicht, wie ich dazu komme...« Ihre schmale Gestalt stand dürftig und zerbrechlich vor mir. Die Brokatschuhe – der Kimono – die langen, leeren Abende, die Erinnerung – »Auf Wiedersehen, Lisa...«
     »Du gehst – du bleibst nicht noch etwas? Du gehst – schon?«
     Ich wußte, was sie meinte. Aber ich konnte es nicht. Es war merkwürdig, aber ich konnte es nicht, ich spürte das sehr stark. Früher war das nie so gewesen. Ich hatte keine übertriebenen Vorstellungen von Treue. Aber es ging einfach nicht mehr. Ich fühlte plötzlich, wie weit ich von all dem schon weg war.
     Sie stand im Türrahmen. »Du gehst...«Sie lief zurück. »Hier, ich weiß, du hast mir Geld hingelegt – unter die Zeitung – ich will es nicht haben – Da – da – ja, geh nur...«
     »Ich muß, Lisa.«
     »Du kommst nicht wieder...«
     »Doch, Lisa...«
     »Nein, nein, du kommst nicht wieder – ich weiß es! Du sollst auch nicht wiederkommen! Geh nur, so geh doch...« Sie weinte. Ich ging die Treppe hinunter und sah mich nicht um.

    Ich ging noch lange durch die Straßen. Es war eine sonderbare Nacht. Ich war sehr wach und konnte nicht schlafen. Ich ging am International vorbei, ich dachte an Lisa und an die Jahre von früher, an vieles, was ich schon lange vergessen hatte, aber es war weit weg und schien nicht mehr zu mir zu gehören. Dann wanderte ich durch die Straße, wo Pat wohnte. Der Wind wurde stärker, alle Fenster in ihrem Hause waren dunkel, der Morgen schlich auf grauen Füßen die Türen entlang, und ich ging endlich nach Hause. Mein Gott, dachte ich, ich glaube, ich bin glücklich.

    13 »Die Dame, die Sie immer verstecken«, sagte Frau
    Zalewski, »brauchen Sie nicht zu verstecken. Sie kann ruhig offen zu Ihnen kommen. Sie gefällt mir...«
     »Sie haben sie ja noch gar nicht gesehen«, erwiderte ich.
     »Beruhigen Sie sich nur, ich habe sie gesehen«, erklärte
    Frau Zalewski mit Nachdruck. »Ich habe sie gesehen und sie gefällt mir – sehr gut sogar –, aber das ist keine Frau für Sie!«
     »So?«
     »Nein. Ich hab' mich schon gewundert, wie Sie die in Ihren
    Kneipen aufgestöbert haben. Aber natürlich, die verbummeltsten...«
     »Wir kommen vom Thema«, unterbrach ich sie.
     »Das«, sagte sie und stemmte die Arme auf die Hüften,
    »ist eine Frau für einen Mann in guten, sicheren Verhältnissen. Für einen reichen Mann, mit einem Wort!«
    Rums, dachte ich, da hast du ein Ding weg! Genau das, was
    dir gefehlt hat. »Das können Sie von jeder Frau behaupten«, erklärte ich gereizt.
     Sie schüttelte die grauen Löckchen. »Warten Sie ab! Die Zukunft wird mir recht geben.«
     »Ach, Zukunft!« Ich warf meine Manschettenknöpfe ärgerlich auf den Tisch. »Wer rechnet heute noch mit Zukunft! Wozu soll man sich darüber jetzt schon Gedanken machen!«
     Frau Zalewski wiegte bekümmert das majestätische Haupt.
     »Merkwürdige Menschen seid ihr jungen Leute alle miteinander. Die Vergangenheit haßt ihr, die Gegenwart verachtet ihr, und die Zukunft ist euch gleichgültig. Wie soll das nur ein gutes Ende nehmen!«
     »Was nennen Sie eigentlich ein gutes Ende?« fragte ich. »Ein Ende kann doch nur gut sein, wenn alles vorher schlecht war. Da ist ein schlechtes Ende viel besser.«
     »Das sind jüdische Verdrehungen«, erwiderte Frau Zalewski mit Würde und wandte sich entschlossen zur Tür. Aber als sie die Klinke schon in der Hand hatte, blieb sie wie angenagelt noch einmal stehen.
     »Smoking?« hauchte sie erstaunt, »Sie?«
     Mit großen Augen betrachtete sie den Anzug Otto Kösters, der an der Schranktür hing. Ich hatte ihn mir geliehen, weil ich abends mit

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