Drei Seiten für ein Exposé
die Frage, ob Tosca die Geliebte ihres Mannes war?
Richtig. Das mit Tosca wird auch aufgelöst, sie war nicht die Geliebte, es ging um Kunstwerke eines Juden, der vor den Nazis fliehen musste. Doch das wird im Exposé nur nebenbei erwähnt, aufgelöst wird es nicht. Denn was ist nun mit den Kunstwerken? Wo sind sie hingekommen? Immerhin ist Tosca deshalb nach Deutschland gereist und hat dort Luises Mann getroffen. Irgendwo sollten die Bilder verblieben sein.
Dann ist da noch Südafrika mit der ehemaligen Apartheid, AIDS und Kriminalität. Drei Geschichten. Tosca und ihre Bilder, Südafrika und Yola, Luise und ihre neue Liebe.
Sollen wir zwei davon streichen? Damit endlich klar wird, welche Geschichte erzählt wird? Schauen wir uns die drei Geschichten noch mal an.
Südafrika und Yola, das ist der Hintergrund, auf dem sich alles abspielt. Der Hintergrund einer Geschichte ist extrem wichtig, im Idealfall sind Hintergrund und Geschichte so verwoben, dass die Geschichte hier und nur hier spielen kann. Aber der Hintergrund ist nicht die Geschichte. Oft lieben Autoren einen Hintergrund – zum Beispiel das heutige Südafrika –, wollen darüber erzählen, und erzählen alles über den Hintergrund. Über AIDS und Apartheid und Südafrika, und vergessen, dass sie eine Geschichte brauchen, die vor diesem Hintergrund spielt. Denn nur so kann der Hintergrund lebendig werden.
Dann ist da Luise mit einem bürgerlichen Leben, selbstzufrieden, die plötzlich mit dem Tod ihres Mannes konfrontiert wird, nach Südafrika reist und auf dieser Reise nicht nur eine neue Liebe findet, sondern sich auch verändert. Dass ist die innere Wandlung der Heldin. Von Selbstbezogenheit zur mitfühlenden Person. Wenn sich Protagonisten verändern und eine innere Wandlung durchmachen, bereichert das die Geschichte.Wenn der Held am Ende der gleiche geblieben ist, der er am Anfang war, wirkt die Geschichte flach; auch wenn sie spannend ist, wird sie bald vergessen werden.
Und da ist die Geschichte der Bilder. Luises Schwiegervater hat offenbar die Bilder an sich genommen und behauptet, sie seien gestohlen worden. Aber Luises Mann wurde mit ihnen fotografiert, Tosca nahm die Spur auf und wollte ihr Erbe zurückfordern.
Das wäre die handlungsreiche, externe Geschichte. Nazis, Flucht, Beutekunst, alles spannend, aber im Exposé versandet das. Tosca dürfte schließlich Verwandte gehabt haben, der Schwiegervater und Luises Mann müssen irgendetwas über die Bilder gewusst haben. Mit der Behauptung am Schluss, dass die dunkle Vergangenheit „bei ihr einen bitteren Nachgeschmack“ hinterlässt, stiehlt sich Luise aus ihrer Verantwortung und der Autor mit ihr. Wenn sie mehr Verantwortung am Schluss der Geschichte übernimmt, sollte sie das auch in diesem Punkt tun.
Gehen wir doch einmal zurück zum Anfang. Tosca ist tot, aber sie hatte Verwandte, Freunde, Bekannte, die von den Bildern gewusst haben. Vielleicht sind die es, die die Geschichte in Gang setzen? Statt „Einzelheiten über das Leben der geheimnisvollen Tosca“ zu erfahren, kommt ein Brief aus Südafrika, der Auskunft verlangt? Dann hätten wir nämlich einen Anfang.
Seit 25 Jahren ist die angesehene Restauratorin Luise de Groot mit einem berühmten Architekten glücklich verheiratet, lebt im Wohlstand und ist rundum zufrieden. Doch plötzlich verunglückt ihr Mann bei einem Verkehrsunfall tödlich und obendrein mit ihm eine Frau, Tosca, die er offenbar schon länger kannte. Eine Geliebte? Die lebenslustige Luise versinkt in Depressionen, das Leben hat für sie keinen Sinn mehr
.
Doch dann kommt ein Brief aus Südafrika
…
Jetzt geht die Geschichte los. Mit Südafrika als Hintergrund, den Bildern als Antrieb, der neuen Liebe und dem Wandel Luises von einer selbstbezogenen Frau in eine selbstlose.
Natürlich sollte die Sache mit den Bildern am Ende aufgelöst werden. Sind die Bilder verschwunden? Sind es Fälschungen? Wenn wir das beantworten, hat unsere Geschichte Anfang, Ende und eine Verbindung zwischen beiden, einen Hintergrund, vor dem sie spielt, eine äußere Geschichte und eine innere Wandlung.
Auch hier finden sich schwerfällige Sätze im Exposé, die verständlicher formuliert werden sollten:
Aber dennoch hinterlässt der Vertrauensbruch ihres Mannes, die dunkle Vergangenheit seines Vaters verheimlicht zu haben, bei ihr einen bitteren Nachgeschmack
.
Diesen Satz muss man zweimal lesen, um ihn zu verstehen. Besser, wir lösen ihn auf:
Aber dass ihr Mann ihr die dunkle
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