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Drei Seiten für ein Exposé

Drei Seiten für ein Exposé

Titel: Drei Seiten für ein Exposé Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Peter Roentgen
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angesprochen werden soll, die beiden Beispielautorinnen grenzen es weiter ein, und die Bemerkung „humorvoll und spannend“ ist zwar nicht unbedingt nötig, schadet aber nicht.

III. Eindampfen – die Kunst ein Exposé zu schreiben
    Mittlerweile ahnen Sie es vermutlich: Exposés schreiben ist wie Schnapsbrennen. Sie destillieren Ihr Manuskript immer aufs neue, bis nur noch die reine Essenz übrig bleibt. Fangen Sie mit einem ersten Versuch an. Vergessen Sie zunächst jede Umfangsbegrenzung. Das kriegen Sie später, niemand kann alles auf einmal tun. Denken Sie nicht an die Seitenzahlen. Wenn es zehn Seiten hat, gut, kürzen kann man immer noch.
    Das ist nämlich erst der zweite Schritt. Aber kürzen Sie nicht alles gleichmäßig.
    Welche Personen brauchen Sie wirklich? Versuchen Sie alle Personen bis auf drei bis fünf zu streichen. Zwei, drei weitere Personen, die nur ein Mal auftreten, benennen Sie nur mit der Funktion. Beispiel:
Der Vater stirbt und vermacht Martin eine Erbschaft, die es ihm erlaubt, die Fabrik vor der Pleite zu retten
.
    Woran der Vater stirbt, wie er stirbt, was Martin dabei empfindet: Das alles gehört nicht ins Exposé. Jedenfalls nicht, wenn der Tod des Vaters und wie Martin ihn verarbeitet, nicht das Thema des Buches ist.
    Streichen Sie also alles bis auf die Erbschaft. Auch die Szenen, in denen der Vater auftaucht.
    Damit wird Ihr Exposé bereits sehr viel kürzer, denn mit den Personen verschwinden auch Szenen, die nur für die gestrichenen Figuren wichtig waren.
    Haben Sie nun 3-5 Hauptpersonen? Gut. Jetzt gehen Sie die Szenen durch, die im Exposé auftauchen. Welche können Sie streichen? Ja, ich weiß, Sie benötigen sie alle. Suchen Sie sich trotzdem eine aus, die am wenigsten wichtig ist. Streichen Sie diese.
    Jeden Tag eine Szene. Bis Sie ein Exposé zwischen ein und drei Normseiten haben, mit etwa 1500-5000 Anschlägen Umfang.
    Bleiben Sie dabei nicht stehen. Jetzt versuchen Sie ein Kurzexposé aus Ihrem Exposé zu machen. Hier können Sie das Ende weglassen, aber nicht den Konflikt und worum es geht. Dieses Kurzexposé ähnelt einem Klappentext und isteine gute Übung, die Essenz einer Geschichte zu entwickeln.
    Selbst das Kurzexposé lässt sich eindampfen. Dann wird es zum Pitch, der aus ein oder zwei Sätzen besteht.
Womit beginnen?
    Was kann der geplagte Autor tun, der vor dem weißen Blatt sitzt, all die Theorien und Vorschriften über Exposéschreiben im Kopf, einen dicken Manuskriptstapel vor sich, und irgendwie daraus ein zweiseitiges Exposé entstehen lassen soll?
    Eine Methode hat sich bewährt: Beginnen Sie mit Ihrer Hauptfigur. Wer ist sie, was will sie? Das ergibt den ersten Satz. Schreiben Sie keine lange Schilderung mit allen Einzelheiten, sondern zeigen Sie die Eigenschaft, das Problem, das Ihre Figur kennzeichnet.
    Stellen Sie also Ihre Hauptfigur vor. Worum geht es in Ihrer Geschichte? Dann schildern Sie, wie die Geschichte beginnt.
    Paris ist Prinz von Troja und ein Frauenheld, um den sich sogar Göttinnen streiten. Er entführt die schöne Helena. Die ist leider mit König Menelaos verheiratet, und der ruft alle Mit-Könige Griechenlands zu Hilfe
.
    Und schon haben Sie Paris und die Geschichte des trojanischen Krieges eingeführt.
    Merken Sie etwas? Obiges Exposé schildert eine Geschichte, in der Paris der Held wäre. Im Original spielt Paris aber nur als Auslöser des Kriegs eine Rolle.
    Was, wenn Achill die Hauptfigur sein soll?
    Achill ist ein Halbgott, ein Held, unbesiegbar, nur seine Ferse ist verletzlich. Deshalb wollen alle, dass er am Krieg der Griechen gegen Troja teilnimmt. Doch er hält es für albern, wegen eines Flittchens, das ihrem Mann davongelaufen ist, einen Krieg anzuzetteln. Also verkleidet er sich als Mädchen, um …
    Sie sehen, Geschichten können sich ganz unterschiedlich darstellen. Sie als Autor müssen wissen, welche Perspektive Sie wählen, im Text und auch im Exposé.
    Wie geht es weiter? Die Ilias schildert unzählige Kämpfe,so ziemlich alle Völker der bekannten Welt reisen an, um teilzunehmen, selbst die Amazonen. Streichen Sie diese Kämpfe. Sie sind im Text wichtig, aber nicht, um die Ilias zu verstehen. Auch all die vielen Helden, die sich bekämpfen, erschlagen, manchmal auch verschonen, egal ob sie Ajax, Priamos, Agamemnon oder Menelaos heißen, bleiben draußen vor der Tür.
    Menelaos? Der ist als gehörnter Ehemann doch eine Hauptfigur, sagen Sie?
    Nein, ist er nicht. Die schöne Helena, die muss am Anfang ins Exposé.

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