Drei Seiten für ein Exposé
kürzen?
Aber sicher. Der Grund des Krieges könnte wegfallen. Die Geschichte mit Achill auch. Dann hätten wir ein Kurzexposé.
Zehn Jahre kämpfen Griechen und Trojaner im Krieg miteinander, und ein Ende ist nicht abzusehen. Da hat der listenreiche Odysseus eine Idee. Die Griechen bauen ein riesiges Holzpferd, in dem sich einige Krieger verstecken, und ziehen ab. Die Trojaner jubeln, sie glauben, sie hätten gesiegt, und ziehen das Pferd als Beute in die Stadt. In der Nacht nach dem Siegesfest steigen die Griechen aus dem Pferd, öffnen ihren Truppen die Tore und brennen die Stadt nieder
.
Natürlich geht in diesem Kurzexposé einiges verloren, die Anfangsgeschichte um die schöne Helena, Patroklos und Achill. Mut zur Lücke gehört zum Exposé-Schreiben.
Und der Pitch?
Pitchen: die Kunst, fast ohne Worte zu sprechen
Ein Pitch soll ultrakurz sein, soll Appetit machen. Versuchen wir es mal.
Paris ist Prinz von Troja und ein Frauenheld, um den sich sogar Göttinnen streiten. Er entführt die schönste Frau Griechenlands, die schöne Helena und die Griechen schwören Rache. Doch wenn Odysseus nicht die Idee mit dem hölzernen Pferd gehabt hätte, hätte der Krieg nie ein Ende gefunden
.
Hier habe ich gegenüber dem Kurzexposé noch mehr weggelassen. Das, was aber Interesse weckt – die durchgebrannte schöne Helena – findet sich im Pitch. Und eine Ahnung vom Ende, gerade genug, um Interesse zu wecken.
Auch hier wird nicht gleichmäßig überall gestrichen, sondern es werden ganze Elemente weggelassen. Eigentlich bleiben nur noch ein, zwei Elemente der Geschichte stehen. Pars pro toto, Sie stellen eine Szene in den Raum, eine Szene, die so eindrücklich ist, dass sie Appetit auf das Ganze macht. Dazu brauchen Sie natürlich das Besondere.
Wenn Sie eine eindrückliche Szene, ein Ereignis in der Geschichte haben, das sich kurz, prägnant schildern lässt, nehmen Sie das für den Pitch. Üblicherweise ist es das Ereignis, das die Geschichte in Gang setzt. Doch das ist nicht notwendigerweise so.
Die Ilias hat mehrere herausragende Szenen, die sich dafür eignen. Die Entführung der schönen Helena. Das trojanische Pferd. Achill, der erst grollt, dann zum Berserker wird.
Jede davon eignet sich für einen Pitch. Was einmal mehr zeigt, wie gut dieser Stoff ist. Wer ihn pitchen will, hat die Qual der Wahl.
Wenn Sie pitchen wollen, bietet sich in der Regel der Beginn der Geschichte an. Die Entführung der schönen Helena, die den Krieg entfesselt. Gefolgt von einem Ausblick: Der Krieg wird lange dauern …
Wie Sie am Beispiel der Ilias sehen, können Sie aber auch andere entscheidende Szenen verwenden. Den grollenden Achill, der zum Berserker wird. Oder sogar den Schluss, dastrojanische Pferd.
Dieser Pitch kann auch dem Autor als Hinweis dienen. Worum geht es in meiner Geschichte? Wenn Sie einen guten Pitch gefunden haben, lohnt es sich, ihn an den Bildschirm zu heften. Als Erinnerung.
Wie wäre es mit diesem:
Ein einzelgängerischer Taxifahrer in New York steigert sich in einen missionarischen Wahn, seine Stadt in nächtlichen Kreuzzügen und mit tödlicher Selbstjustiz von Schmutz und Gewalt zu befreien
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Das wäre ein Pitch für „Taxidriver“ . Er gibt uns eine Vorstellung davon, was uns in der Geschichte erwartet – und klingt das nicht vielversprechend?
Noch kürzer wäre dieser:
Sie brachte eine kleine Stadt auf die Beine und zwang ein großes Unternehmen in die Knie
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Das ist „Erin Brockovitch“ mit Julia Roberts.
Schauen wir uns mal an, wie man Pitchs verbessern kann, wenn sie zu nichtssagend sind:
Eine Frau will ihre Schwester umbringen
.
Kurz, aber nichtssagend. Denn wir wissen nur, dass ein Mord geplant wird. Doch warum? Was ist das Besondere dieser Geschichte? Was unterscheidet sie von Tausenden anderen, die einem Literaturagenten jährlich auf den Tisch flattern?
Eine Frau, zerfressen von Eifersucht, plant den Mord an ihrer Schwester, die den Mann geheiratet hat, den sie liebte
.
Besser? Sicher, wir wissen jetzt, um welche Art Mord es geht. Und es ist nicht einer, von dem wir schon Dutzende Male gehört haben.
Ein Liebespaar und ihre Familien verbieten ihnen, zu heiraten
.
Nicht so schlecht, aber noch klingt nicht das Besondere heraus.
Zwei junge Leute aus dem Ghetto wollen gemeinsam fliehen, weil ihre verfeindeten Familien ihnen die Heirat verbieten. Doch die Flucht endet im Tod
.
Klar, eine der vielen Romeo-und-Julia-Varianten. Und gut geeignet, um es sich an den Bildschirm
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