Drei Tage voller Leidenschaft
ihrem Bett sitzen, weil er es nicht wagte, einzuschlafen, aus Angst, ihr schwacher Atem würde versagen. Er bot Gott tausendfach seine Reue an, wenn er sie nur am Leben ließ. Er rief sich jeden Zauberspruch, Aberglauben und alle Kindheitsgebete ins Gedächtnis, um damit den zarten, geschundenen Körper seiner Frau zu retten.
In dieser entsetzlichen Hölle aus Schuldgefühlen und Scham, die seinen Verstand marterte, tauchte ein Gedanke immer wieder auf: Ich liebe sie, und sie darf nicht sterben. Und nun erkannte er, daß er sie von Anfang an geliebt hatte, und daß er dieses menschliche Gefühl in sich unterdrückt und verleugnet hatte. Er hatte nie vorgehabt, sie zu lieben, hatte sich geschworen, niemals wieder einer Frau zu verfallen, hatte nicht damit gerechnet, daß sie sich in ihn verliebte. Es hatte als Wette begonnen, als ein Spiel zum bloßen Zeitvertreib, doch nun war es um ihn und seine Seele geschehen. War es zu spät? War es zu spät, um zu versuchen, sie glücklich zu machen und ihr die Liebe zu schenken, die sie verdiente?
Er vergrub den Kopf in den Händen und flüsterte: »Bitte, Gott, laß sie am Leben …«
Stunden später flatterten Alisas Lider und sie schlug die Augen auf. Nikki sprang von seinem Sessel hoch. Ihr Blick umfing die Gestalt, die sich über sie beugte, und sie sah Nikki im goldenen Licht der frühen Morgensonne.
»Ist das Baby da?« flüsterte sie schwach.
»Ja, Geliebte, es ist ein Junge.« Er drückte ihre schmale Hand.
Da blitzten ihre Augen triumphierend auf. »Dann hast du deinen Erben.« Sie lächelte.
Zu einem zu hohen Preis, dachte Nikki verzweifelt. Aber er erwiderte ihr Lächeln und sagte nur leise: »Danke, Geliebte, für diesen schönen Jungen. Möchtest du etwas? Ich beschaffe dir alles, was du willst.«
Wieder lächelte Alisa und flüsterte schwach: »Bleibst du nun manchmal abends bei mir?«
»Jeden Abend«, versprach er und dachte: Bleib am Leben, damit ich jede Minute mit dir verbringen kann! Bitte bleib am Leben!
»Dann war es das wert …« Ihre Stimme versagte, während sie zufrieden lächelnd wieder in Schlaf versank – tiefen, heilsamen Schlaf.
Nikki blieb drei Tage und Nächte lang an ihrem Bett. Ihr Puls war schwach, aber stetig. Jeden Morgen sprach er kurz mit Katelina und kehrte dann auf seinen Posten zurück. Er sah ungepflegt, verhärmt und erschöpft aus, aber nun, am dritten Tag, regte sich Hoffnung in ihm. Alisa hatte keinen Blutsturz erlitten, und er konnte ihr wie am Vortag eine leichte Brühe einflößen. Fast wagte er es, optimistisch zu werden. Nikki hatte sofort nach der Geburt seines Sohnes eine Botschaft an seine Eltern geschickt, und seine Mutter hatte tatkräftig die Leitung der Kinderstube übernommen. Als Nikki das erste Mal seit langer Zeit seinem Vater wieder gegenübertrat, wollte er sich entschuldigen, aber Prinz Michail hatte diesen Versuch nachsichtig abgewehrt. »Es sind keine Entschuldigungen nötig, mein Sohn. Auch ich bin einmal jung und ungestüm gewesen. Ich hoffe nur, daß du ebensoviel Glück mit Alisa finden kannst wie ich mit deiner Mutter. Alle Drogen der Welt können nicht die Zuwendungen einer Frau ersetzen, die dich liebt«, sagte der alte Herr augenzwinkernd. »Ich denke, so häufig wirst du dich nicht mehr in den kirgisischen Cafes herumtreiben, oder, mein Junge?«
»Nein, Vater, ganz sicherlich nicht«, lachte Nikki leise.
Einige Tage später, als Alisa sich ein wenig kräftiger fühlte, saß sie in dem vergoldeten Bett aufrecht, hielt ihren strammen, gesunden Sohn in den Armen und sprach leise zärtliche Worte zu ihm. In den hellblauen Augen funkelten bereits goldene Lichter. Da trat Nikki ins Zimmer und blieb andächtig über diese wunderschöne Szene stehen. Alisa, deren Wangen wieder rosig schimmerten, spielte mit ihrem wunderschönen, vor Gesundheit strotzenden Sohn – seinem Kind: für ihn ein Bild der Unsterblichkeit. Er hatte der Welt sein Zeichen aufgedrückt.
Nikki bedeutete der Amme, das Baby zu nehmen, trat zu Alisa und setzte sich aufs Bett. »Willst du deinen Sohn nicht auf den Arm nehmen?« fragte Alisa.
»Meine Liebe, ich habe für diesen Tag genug Kinder gehalten. Katelina hat darauf bestanden, daß wir mit Sascha eine Tablettrutschfahrt auf der Treppe machen. Und so haben wir heute morgen dem jüngsten Familienmitglied dieses wunderbare Spiel vorgeführt. Mit Sascha auf einem Arm und Katelina zwischen meinen Beinen sind wir die Marmortreppe heruntergerutscht, während unsere Tochter
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