Drei Unzen Agonie
Hoffnung
nicht aufgegeben, daß er früher oder später ruhiger wird. Leider hat es den
Anschein, als ob das noch eine ganze Weile dauern könnte. Er hat Schulden wie
ein Stabsoffizier, denn er hält eine ehemalige Striptease-Tänzerin aus, die
einen sehr teuren Geschmack hat. Vor ein paar Wochen kam es hier in diesem
Zimmer zu einem ziemlich häßlichen Auftritt, weil ich mich weigerte, ihm einen
Scheck zur Bezahlung seiner Schulden auszustellen. Wenn ich ganz objektiv sein
soll, Mr. Boyd, dann ist Jonathan für mich im Moment der Hauptverdächtige .«
Sie stand auf und trat zum
Toilettentisch. Dann drehte sie sich um und reichte mir einen Umschlag.
»Hier habe ich Ihnen Namen und
Adressen der Kandidaten aufgeschrieben .« Einen Moment
lang gruben sich ihre weißen Zähne in die volle Unterlippe. »Es ist natürlich
möglich, daß jemand ganz anderes die Formel gestohlen hat, obwohl ich mir nicht
vorstellen kann, wie das bewerkstelligt worden sein soll. Am Bürosafe hat sich
nie jemand zu schaffen gemacht .«
»Vier Verdächtige sind für den
Anfang mehr als genug«, brummte ich.
»Es gibt da noch einiges zu
beachten, Mr. Boyd«, sagte sie in geschäftlich kühlem Ton. »Unter keinen
Umständen dürfen Sie meine Ausstellungsräume, mein Büro, mein Labor oder die
Fabrik aufsuchen. Wenn bei meinen Angestellten auch nur der Verdacht entsteht,
daß Betriebsspionage vorliegt, kann das unübersehbare Folgen haben. Offiziell
wurde das Parfüm vom Markt zurückgezogen, um die Mischung noch zu verfeinern.
Sie müssen äußerste Vorsicht walten lassen, wenn Sie mit diesen Leuten
sprechen. Ich möchte nicht, daß Unschuldige unnötig beunruhigt werden .«
»Und auf dieser Basis soll ich
arbeiten ?« frage ich empört. »Sie bieten mir
fünftausend Dollar oder nichts und erwarten von mir, daß ich die Sache mit Glacéhandschuhen
anfasse. Schön, ich bin bereit, von Besuchen in Ihrem Büro abzusehen, aber
alles übrige müssen Sie schon mir überlassen. Wenn
Ihnen das nicht paßt« — ich sog hörbar das Parfüm ein, das mich wie sanfter
Nebel umgab —, »ist es am besten, wir lassen die ganze Sache in Duftwolken
aufgehen .«
Einen Augenblick starrte sie
mich wortlos an. Dann lachte sie leise. »Männer Ihres Schlags gefallen mir, Mr.
Boyd. Leider gibt’s davon heutzutage nicht allzu viele .« Dann wurde sie wieder geschäftlich. »Sie werden mir persönlich hier im Haus
über die weiteren Entwicklungen Bericht erstatten. Vertretbare Auslagen werden
Ihnen selbstverständlich zurückerstattet .«
»Tausend Dank«, versetzte ich.
»Sie sind wirklich eine Seele von Mensch, und dazu noch zum Anbeißen hübsch .«
»Ich bin überzeugt, Mr. Boyd,
daß Ihr edles Profil viele Frauenherzen höher schlagen läßt«, bemerkte sie
ätzend, »doch meine Vorstellungen vom Beginn einer Freundschaft decken sich
nicht mit den Ihren. Ich schlage vor, Sie vergessen Ihre erotischen Ambitionen
und machen sich statt dessen an die Arbeit .«
»Soll das heißen, daß Sie sich
und Ihren verführerischen Körper nur zum Zeitvertreib vor mir produziert haben ?« fragte ich mit echter Überraschung.
Ihre Augen glitzerten kalt. »Bitte,
gehen Sie jetzt«, sagte sie gereizt. »Sonst reißt mir noch die Geduld .«
»Ich bin enttäuscht von Ihnen,
Maxine Lord .« Ich schüttelte den Kopf. »Wenn Sie sich
ein bißchen entgegenkommender gezeigt hätten, wäre ich sogar bereit gewesen,
Ihnen einen Rabatt von zehn Prozent zu gewähren .«
Ich war schon an der Tür, als
sie wieder sprach. »Mr. Boyd!« Jetzt schwang Belustigung in ihrer Stimme. »Wie
bringen Sie es fertig, immer wieder Aufträge zu bekommen, wenn Sie auf diese
Art mit Ihren Auftraggebern umspringen ?«
»Ich springe auf diese Art nur
mit Auftraggebern um, die schwarzhaarig, schön und sexy sind«, entgegnete ich
wahrheitsgemäß. »Und das ist eine Seltenheit .«
Ich fuhr im gläsernen Aufzug
hinunter und befand mich schon auf dem Weg zur Tür, als ich hinter mir ein
Geräusch vernahm. Als ich mich umdrehte, gewahrte ich die ältliche
Haushälterin, die mich mit einem wissenden Lächeln musterte.
»Haben Sie was auf dem Herzen ?« fragte ich.
»Nichts.« Sie faltete
gemächlich die Hände über ihrem schwarzen Kleid. »Ich wundere mich nur, daß Sie
schon gehen .«
»Wie soll ich das verstehen ?«
»Vielleicht haben Sie mehr
Rückgrat als die anderen .« Das Lächeln auf ihrem
Gesicht erlosch, ihr Mund wurde schmal. Sie musterte mich stumm. »Sie haben
doch diese
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