Drei Unzen Agonie
greulichen Glaskatzen gesehen«, sagte sie,
»und die Teufelszeichen auf der gefliesten Treppe .«
»Ausgesprochen mystisch«,
stellte ich fest.
»Teuflisch«, verbesserte sie
mich. »Sie hat nie gelernt, die Begierden ihres Körpers zu zügeln. Damit hat
alles angefangen. Und jetzt ist sie auf ewig verflucht. Es ist zu spät zur
Umkehr. Sie hat einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Deshalb hat sie auch
diese gräßlichen Dinge im Haus .«
»Wenn Ihnen das so gegen den
Strich geht, warum kündigen Sie dann nicht ?« erkundigte ich mich.
Sie schüttelte grimmig den
Kopf. »Ich habe schon für ihren Vater gearbeitet und habe ihm am Totenbett
versprochen, mich um seine Tochter zu kümmern. Für mich selbst fürchte ich
nichts, nur für sie .«
»Na dann...« Ich näherte mich
der Tür. »Das Leben ist halt schwer .«
»Ich bin froh, daß Sie die
Kraft besaßen, der Versuchung zu widerstehen, Mr. Boyd .« Ihre Stimme verlor etwas von ihrer Härte. Sie folgte mir durch die Halle. »Ich
hoffe, Sie kommen bald wieder. Es würde ihr guttun, einmal einem Mann zu
begegnen, der sich nicht von ihrem lüsternen Körper und den Listen des Satans
betören läßt .«
»Sie können auf mich zählen .« Ich streckte die Hand nach der Türklinke aus. »Es war mir
ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Mrs . ...?«
»Malone.« Ihre Stimme wurde
noch eine Nuance freundlicher. »Boyd, das klingt nach einem guten alten
irischen Namen .«
»Mein Vater war ein altirischer
Troll«, erklärte ich, ohne eine Miene zu verziehen. »Über zweihundert Jahre war
er alt, als er starb .«
»Sie sind den anderen
entschieden vorzuziehen, Mr. Boyd .« Sie nickte ein
paarmal nachdrücklich. »Wenn ich diesen Fremont sah, bekam ich jedesmal die
Gänsehaut. Und dieser — na, wie hieß er doch, der mit dem ausländischen Namen?
— ach ja, Stahl — der sah aus wie eine Bohnenstange mit Hut .«
»Stahl ?« wiederholte ich. »Wann verfiel denn der dem lüsternen Körper und den Listen des
Satans ?«
»Vor ein paar Monaten.« Ihr
Mund verzog sich verächtlich. »Man hätte meinen können, das Haus gehörte ihm.
Andauernd war er hier. Aber in den letzten zwei Monaten hab’ ich ihn nicht mehr
zu Gesicht bekommen. Deshalb dachte ich mir, daß Sie ihre neueste Eroberung
sind .«
»Also...« Wieder streckte ich
die Hand nach der Klinke aus. »Auf Wiedersehen, Mrs. Malone.«
»Kommen Sie bald wieder. Und
kriegen Sie man keine nassen Füße bei diesem üblen Wetter. Mein seliger Mann
hat sich an so einem Abend den Tod geholt .«
Mit dieser freundlichen
Ermahnung schloß sie die Tür hinter mir. Das Schreckensbild des seligen Mr.
Malone mit den nassen Füßen vor Augen, machte ich mich auf die hoffnungslose
Suche nach einem Taxi.
2
Als ich am nächsten Morgen
erwachte, hatte es aufgehört zu schneien. Der Himmel war blau, die Sonne ein
wenig blaß, aber doch hell. Der Central Park schlief unter einer Schneedecke,
die kahlen Äste der Bäume hoben sich in plastischer Klarheit gegen den Himmel
ab.
Ich machte meine Morgentoilette
und fuhr nach einem ausgiebigen Frühstück hinunter, um mir vom Portier ein Taxi
holen zu lassen.
Die Firma Charles Fremont Inc.
hatte ihren Sitz im dritten Stock eines alten Gebäudes im Zentrum. Ich betrat
den Ausstellungsraum. Zwei Kristalleuchter verliehen
ihm eine Aura teurer Eleganz. Auf zierlichen Tischchen und Regalen standen
Parfümfläschchen in allen Formen und Größen. Es roch, mit Verlaub gesagt, wie
in einem Freudenhaus in New Orleans. Eine tolle Blondine mit starren
porzellanblauen Augen und ebenso starrem gelacktem Haar kam auf mich zu. Ihr
üppiger Körper steckte in einem hautengen schwarzen Kleid, das ihr nur Trippelschritte
erlaubte.
»Sie wünschen ?« Ein mechanisches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
»Ich möchte Mr. Fremont
sprechen .« Ich reichte ihr meine Karte mit der
Aufschrift: Boyd Enterprises. »Sagen Sie ihm, Miss Lord hätte mich
gebeten, mit ihm über die Formel zu sprechen .«
Sie zwinkerte leicht verstört,
als hätte ich ihr klargemacht, daß dieses Jahr flache Busen Mode wären.
»Mr. Fremont empfängt nur nach
Verabredung .«
»Ich wette mit Ihnen um ein
Wochenende in Florida, daß er mich empfangen wird«, erklärte ich selbstsicher. »Wenn
ich mich täusche, dürfen Sie das Wochenende mit mir verbringen. Nur die Kosten
müssen Sie selbst tragen .«
Offenen Mundes starrte sie mich
an. Dann drehte sie sich um und schritt davon wie in Trance, meine Karte
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