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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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an.
    Dann, auf einmal, ist da das Badezimmer, aber es ist mein geliebtes Bad in Hermeneau, ganz deutlich sehe ich die Wanne mit den Löwenfüßen und den bronzenen Wasserhähnen, im Gegensatz zu allem anderen Drumherum, das verschwimmt vor meinen Augen.
    Jemand singt irgendwo ganz laut und fröhlich. »Vido una luz santa en la giuderia, que havia de nacer Avram avinu.« Und jemand lacht. Lacht so sehr, dass es mich schüttelt vor Grauen.
    In der Wanne, im rötlichen Wasser, liegt der Körper, und ich hebe ihn heraus mit noch jemandem, von dem ich nicht weiß, wer es ist. Schwer und nass und glitschig liegt dieser Körper in meinen Armen; ich habe Angst, dass er mir entgleitet, und er ist so kalt, so kalt.
    Und dann sehe ich das Haar. Das grauschwarze, lange Haar.
    Es ist nicht Felice, die ich aus diesem Wasser hebe, zusammen mit wem auch immer. Es ist Isabelle, und alles ist vergebens, denn sie ist schon tot. –
    Stille ringsum. Das Fenster ein helles Viereck.
    Geht es weiter? Wird der Traum zum Wachtraum werden, wie es mir in Berlin passiert ist, als es dem Ende zuging dort? Werden jetzt auch die anderen Dinge heranrollen wie eine unaufhaltsame Woge – Feuer, Schreie, nackte Leiber ...
    Ich stemme mich mit den Füßen gegen die Fußleiste meines Betts, balle die Fäuste. Ich will nicht.
    Mit weit offenen Augen starre ich in den beginnenden Tag. Nein. Nichts. Keine Visionen.
    Aber Isabelle wird sterben, wenn ich ihr nicht bringen kann, was sie braucht. Der zweite Buchstabe, das Zeichen, das ich nicht bekomme. Ich habe versagt.

37
    Am nächsten Morgen sieht sie, wie Joseph in dem kleinen Park vor ihrem Wohnzimmer den Rasen mäht. Als er sie erblickt, grüßt er devot.
    Sie öffnet einen Fensterflügel (wieder vergisst sie, dass das Fenster nach außen aufgeht, und zerrt daran herum) und fragt: »Haben Sie Madame heute früh schon gesehen? Wie geht es ihr?«
    »Was moanen S’?«, fragt er und stützt sich auf den Stiel seiner Sense. »Warum fragen S’?«
    »Ist sie nicht – krank?«, fragt sie vorsichtig.
    Joseph schüttelt verwundert den Kopf. »Krank? Na. Hat sich wohl gestern aus Versehen an a Scher’m g’schnitten, sonst nix. I muss schaun, des i weiterkumm, gnä’ Fräulein. Übermorgen hat’s die Soiree bei Madame.«
    So. Die Pfleiderer hat dichtgehalten den »Domestiken« gegenüber, das war zu erwarten. Madame ist wohlauf und übermorgen gibt’s die Soiree.
    Eine Soiree also, wahrscheinlich mit dem Mem um den Hals...
    Leonie sagt sich: Bis dahin muss ich fort sein. Trotzdem wartet sie.
    Gestern hat Felice Lascari in der Art großer Tragödinnen ein Zeichen gesetzt. Unmissverständlich. Indem sie Anton mit dem fingierten Selbstmordversuch »zurückholte« (er war ja nie »fort«), gab sie ihr zu verstehen, dass sie, Leonie, unerwünscht ist hier. Die Jüngere ist zu einer Rivalin geworden für sie. Dass daran kein Funken Wahrheit ist, macht nichts. Felice glaubt es nun einmal. Eine Rivalin nicht nur beim Edlen von Rofrano, sondern sie fürchtet sie auch als Konkurrentin auf dem Theater. Warummacht sie, Leonie, nicht einfach die Schließen ihres Koffers zu und geht endlich aus dem Haus?
    Stattdessen hockt sie immer noch in ihrer Dependance wie ein Tier im Bau. Als sei sie gelähmt.
    Irgendetwas muss noch kommen. Irgendein Zeichen wird Felice noch setzen. So sang- und klanglos nimmt eine Lascari nicht Abschied.
    Die Vorbereitungen für den großen Abend laufen schon. Die Fenster werden geputzt und die Teppiche geklopft, Blumen werden ins Haus geliefert, der Weinhändler fährt den Champagner an. So vergeht der Tag.
    Es ist warm draußen, fast schon Sommer, und riecht nach dem frisch gemähten Gras. Als es dämmert und Leonie bei offenem Fenster Licht macht, schwebt eine ganze Flotille von Nachtfaltern herein und umkreist die Lampe. Sie mag das nicht und löscht das Licht wieder aus, sitzt lieber im Dunkeln. Hellwach.
    Und dann erscheint richtig Frau Pfleiderer, diesmal durchaus nicht derangiert, sondern würdevoll und ruhig, wie es sich gehört, und bittet das gnä’ Fräulein zu einem Gespräch mit Madame.
    Leonie steht auf und folgt der Haushälterin, die vor ihr gemessenen Schrittes hergeht und sie durch die Zimmerfluchten führt. Es geht zu dem kleinen Raum, neben dem sich das Tragödien- Badezimmer befindet. Vor der Tür macht sie halt, hebt die Hand, um anzuklopfen.
    »Warten Sie!«, sagte Leonie hastig. Sie fürchtet sich ein bisschen vor dem, was da jetzt kommt – was auch immer es sein mag.

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