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Dreimond - Das verlorene Rudel

Dreimond - Das verlorene Rudel

Titel: Dreimond - Das verlorene Rudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viola L. Gabriel
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seinen Gedanken. » Fiona, geh ein bisschen an die frische Luft. Und nimm Carras mit. Ich denke, das wird euch guttun … Ihr habt sicher lang genug bei mir gesessen, Lex ist ja jetzt hier.«
    Ein ungutes Gefühl überkam Lex, als Fiona, die Katze im Arm, aus dem Raum stürmte. Carras folgte ihr verdutzt.
    Was war denn jetzt los …?
    Serafin sah ihn an. »Es ist sicherer für sie, wenn sie nicht mehr bei uns ist.«
    Es brauchte eine Weile, bis sich Lex der vollen Tragweite dieser Botschaft bewusst wurde.
    »Was soll denn das auf einmal?«, fuhr er seinen Leitwolf an. »Warum … Du bist nicht der Einzige, der hier entscheidet!«
    Der Schwarze antwortete nicht. Da kam Lex eine Idee.
    »Sieh mal, du bist noch nicht wieder ganz in Ordnung und traust dir noch nicht viel zu, aber das wird schon wieder!«
    Eine weitere unangenehme Pause entstand.
    Da versuchte er es mit einem schiefen Lächeln. »Pass auf, in ein paar Tagen siehst du das wieder ganz anders! Und schließlich bin ja auch ich noch da …!«
    Doch seine Worte verhallten in der trockenen Luft der Dachkammer und sanken unbeachtet zu Boden. Zusammen mit den Staubflusen, die Lex aufwirbelte, als er auf dem Absatz kehrtmachte, die Stiege hinuntersprang und sofort zu Fiona rannte.
    Erschrocken blickte sich das Mädchen nach ihm um.
    »Du weißt davon, oder?«, fuhr er sie an. »Was sagst du dazu?«
    Sie sah zu Boden.
    Das Kätzchen wand sich aus ihrem Griff, lief davon und verschwand im Schatten der Scheune.
     
    *
     
    Bald danach waren sie aufgebrochen.
    Der Morgennebel hatte sich ein wenig gelichtet, doch die tief hängenden Wolken kündeten Regen an. Er kam nicht in Sturzbächen, sondern nieselte traurig und leise, fast ohne Unterbrechung. So blieb es. Tag für Tag. Erst schwache Tropfen, dann kalter Regen.
    Die Schaffelle und gewalkten Überwürfe, die ihnen die Bäuerin überlassen hatte, bewahrten sie davor, schon nach kürzester Zeit völlig durchnässt zu sein. Doch im Laufe der Zeit drückten sie schwer und klamm auf die Schultern. Keinem von ihnen war nach Reden zumute.
    Serafins körperlicher Zustand hatte sich zwar deutlich verbessert, doch der Wolfsmann war wortkarg und schien die meiste Zeit in sich gekehrt. Lex starrte düster vor sich hin, manchmal hörte es sich an, als ob er leise vor sich hin fluchte, und fing wegen Kleinigkeiten Streit mit Carras an. Er vermied es, Fiona anzusehen. Das war ihr nicht entgangen.
    Trotz und Enttäuschung wichen nach und nach einer zunehmenden Traurigkeit. Aber da rührte sich auch noch etwas anderes in ihr, das, je weiter sie vorankamen, immer mehr an die Oberfläche drängte.
    Seit einigen Tagen war die Landschaft wieder hügeliger geworden. Die mehr und mehr mit Geröll übersäten Pfade schlängelten sich immer öfter um bizarre Felsungetüme.
    Fiona stolperte und fing sich gerade noch so ab. Sie hielt für einen Moment inne, atmete tief durch und spürte, wie ein vertrautes, wohliges Gefühl sie durchflutete.
    Es roch nach Heimat.
    Carras hatte zu ihr aufgeschlossen. Auch er sog schnuppernd die Luft ein.
    »Riecht ihr das? Jetzt kommt der Winter!«, verkündete er.
     
    *
     
    Weich und leise fiel der Schnee und bedeckte schon bald Waldboden, Wiesen und Tannenzweige, als sie Seite an Seite durch den Johannisforst streiften.
    Als es dämmerte und der Mond die weißen Flocken silbrig färbte, erreichten sie den Waldesrand.
    Der Schnee wirbelte jetzt ein wenig wilder und ein auffrischender Nordwind strich über das Tal.
    Eng beieinander blieben sie stehen, Serafin, Lex, Fiona und Carras. Keiner sprach mehr ein Wort. Sie starrten hinunter auf den Hang mit dem alten, einsamen Forsthaus.
    Es war hell erleuchtet.
     
    *
     
    Unnachgiebig schrillte das Pfeifen des Teekessels durch den Raum und Nannas Hände zitterten, als sie kochend heißes Wasser über ihre Kräuter goss, um einen scharfen, wärmenden Trunk gegen die Kälte zu brauen.
    Für sich. Und ihren Gast.
    Seit Wochen lebte die Alte im Forsthaus, um auf das Fräulein zu warten.
    Mit ihm hatte sie nicht gerechnet.
    Der Mann in Schwarz hatte seinen Mantel nicht ablegen wollen. Stumm saß er am Küchentisch. Nur sein schmaler linker Zeigefinger wippte auf und nieder, pochte stetig fordernd auf das alte Holz.
    Zögernd stellte Nanna die dampfenden Becher auf den Tisch. Er blickte nicht auf.
    Sie aber sah ihn an, sah und verstand, warum die Dörfler damals, als er in Liebstein angekommen war, ihre Hälse gereckt hatten, so wie sie wohl jederorts die Hälse

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