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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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einen
Talk-Show-Auftritt.
    Die Karteikarten gestatteten mir
vielfältige Ansätze: Zeittafeln, Beziehungsdiagramme, Bekanntes und
Unbekanntes, Motive, Spekulationen. Manchmal mischte ich den Packen durch, um
dann die Karten wie eine Patience auszulegen. Aus irgendeinem Grund hatte ich
diese Methode schon länger nicht mehr angewandt. Es tat gut, wieder darauf
zurückzugreifen. Es war entspannend und beruhigend, eine willkommene
Erholungspause, in der es nur darum ging, die Fakten zu registrieren.
    Ich stieg von meinem Hocker und ging
zum Abstellschrank. Ich zerrte mein Pinnbrett heraus und baute es auf der
Küchenplatte auf. In diesem Stadium bemühe ich mich noch nicht, die Karten
irgendwie zu ordnen. Ich zensiere nicht. Ich halte mich an keinen Plan. Ich
versuche einfach nur, alle Informationen festzuhalten, alles aufzuschreiben, was
mir einfällt. Alles, was den Mord an Isabelle betraf, kam auf grüne Karten,
Tippys Unfall auf die orangefarbenen und die beteiligten Personen auf die
weißen. Ich suchte das Schächtelchen mit den Nadeln und begann, die Karten an
das Brett zu heften. Als ich damit fertig war, war es Viertel vor fünf. Ich saß
auf einem Küchenhocker, die Ellbogen auf die Platte und das Kinn in die Hände
gestützt. Ich musterte das Gesamtbild. Es schien nicht viel herzugeben... ein
wahlloses Durcheinander von Farben, ohne ersichtliches Muster.
    Was erhoffte ich mir? Das fehlende
Bindeglied. Den augenfälligen Widerspruch. Irgendetwas, was nicht
zusammenpasste; Bekanntes, das plötzlich in einem neuen Licht erschien,
Unbekanntes, das Gestalt annahm. In Abständen nahm ich alle Karten ab, um sie
dann wieder neu aufzuhängen, in einer bestimmten Reihenfolge oder wie sie
kamen, mal nach diesem, mal nach jenem Prinzip gruppiert. Ich dachte an
Isabelles Ermordung, ließ meine Gedanken ziellos schweifen. Wie ergötzlich
musste es für den Mörder gewesen sein, den Fortgang dieses ganzen Dramas zu
verfolgen. Vielleicht hatte ja David Barneys Psychoterror diese Person
überhaupt erst auf die Idee gebracht. Wenn Isabelle jetzt erschossen würde, wer
geriete dann automatisch in Verdacht? Der Mörder musste jemand gewesen sein,
der David Barneys Gewohnheiten kannte, jemand, der nahe genug dabei war, um das
Geschehen mitzubekommen. Aber das galt ja wohl für die meisten Leute, die
Isabelle gekannt hatten. Die Weidmanns wohnten nur einen Katzensprung entfernt
und ihre Schwester Simone sogar auf demselben Grundstück. Laura Barney war
ebenfalls eine interessante Möglichkeit. Sie kannte sicher David Barneys Hang
zu nächtlichen Jogging-Exerzitien. Auf den ersten Blick schien es, als hätte
sie wenig oder nichts zu gewinnen. Ich war bisher davon ausgegangen, dass
Habsucht das Motiv gewesen war, aber es gab sicher neben Geld noch andere
Formen von Gewinn, die man aus einem Mord ziehen konnte. Welche perfektere
Rache ließe sich denken, als die Frau umzubringen, die einem den Mann
weggenommen hat, und dann noch zuzusehen, wie diesem Mann der Mord angehängt
wird?
    Da war irgendetwas. Ich war mir so gut
wie sicher. Vielleicht ein bestimmter Blickwinkel, irgendeine bisher übersehene
kleine Information, eine neue Interpretation der bereits bekannten Fakten.
    Als das Telefon läutete, schreckte ich
so zusammen, dass mir fast das Herz stehen blieb.
    Es war Ida Ruth. »Kinsey. Ich hoffe,
ich störe nicht, aber eben hat jemand von der Gerichtsmedizin für Sie
angerufen, ein Mr. Walker. Ich nehme an, er hat Ihnen eine Nachricht auf den
Anrufbeantworter gesprochen und es dann hier versucht. Er möchte, dass Sie ihn
so schnell wie möglich zurückrufen.«
    Ich klemmte den Hörer zwischen Kinn und
Schulter, während ich einen Stift nahm und nach einem Block angelte. »Hat Burt
Ihnen eine Nummer gesagt?«
    Sie gab mir die Nummer. Sobald sie
aufgelegt hatte, rief ich sein Büro an.
     
     
     

19
     
    »Gerichtsmedizin. Detective Walker.«
    »Hallo, Burt. Hier ist Kinsey. Ida Ruth
hat mir gesagt, Sie hätten gesagt, ich solle Sie anrufen.«
    »Oh, prima. Gut, dass sie Sie erreicht
hat. Bleiben Sie eine Sekunde dran, ich muss eben meine Notizen suchen.« Ich
hörte Papiergeraschel im Hintergrund. Er hielt die Sprechmuschel zu, und ich
hörte gedämpft, wie er mit jemandem redete. Dann war er wieder dran. »Pardon.
Wir sind gerade mit der Autopsie fertig geworden. Demnach war die Todesursache
Nierenversagen, mit Anzeichen für eine Schädigung der Leber sowie Schädigungen
des kardiovakulären Systems mit daraus resultierendem

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