Drunter und Drüber
beiden neugierig an. »Ihr habt euch geküsst, nicht wahr?«
J.D. wurde bewusst, dass die Sicht des Jungen durch den Pfosten behindert gewesen war, und das war ihre Rettung. Er atmete beruhigt durch, denn er war sich so gut wie sicher, Dru würde ihrem Sohn erklären, sie hätten sich lediglich in Mund-zu-Mund-Beatmung geübt.
Stattdessen sagte sie bloß »ja« und ihm wurde klar, dass er sie besser niemals unterschätzte. Offenbar war sie dem Jungen gegenüber immer völlig ehrlich.
Tate fixierte die beiden interessiert. »Und warum?«
Tja, das war eine gute Frage. J.D. bekam es noch nicht auf die Reihe, dass er derart verrückt gewesen war. Er wünschte sich, er wäre nie so weit gegangen, denn jetzt hatte er die Antwort auf die Frage, wie diese Frau wohl schmeckte – und es war eine Antwort, die ihm Bauchschmerzen bereitete.
Grinsend beantwortete der Junge sich die Frage selbst. »Bestimmt, weil ihr einander wirklich gern habt.«
Tate sah aus, als dächte er bereits an einen neuen Vater, worauf sich J.D.'s Magen verknotete. Als Dru jedoch ein vehementes »Nein!« hervorstieß, runzelte er die Stirn. Nein? So hatte es sich, verdammt noch mal, nicht angefühlt, als sie sich an ihm festgeklammert und ihn geküsst hatte. Er hätte gedacht, dass er ihr durchaus gefiel.
Vor lauter Verlegenheit bekam Dru ein hochrotes Gesicht. »Das heißt, was ich damit sagen will, ist, dass wir einander bestimmt nicht nicht gern haben, nur ist es einfach so ... schließlich kennen wir uns erst seit gestern und ...«
Ungeduldig fragte der Junge: »Weshalb habt ihr euch denn dann geküsst?«
Ja, Lady, dafür hätte auch ich gerne eine Erklärung.
Inzwischen sandte ihr Gesicht regelrechte Hitzewellen aus. »Tja, weißt du, es ist sehr lange her, seit ich zum letzten Mal einen Mann geküsst habe«, setzte sie zögernd an. »Also schätze ich, dass ich einfach gucken wollte, ob ich es noch kann.«
Was war er, ein Versuchskaninchen oder was? Hatte sie vielleicht einen Vergleich zwischen der Kusstechnik der Landbewohner und der der Städter angestellt? Oder hatte sie möglicherweise ausprobieren wollen, wie es mit einem Proleten war? Manche Frauen standen ja auf die primitive Tour.
»Und, Mom? Hast du es noch gekonnt?«»Allerdings«, mischte sich J.D. in das Gespräch. »Sie hat nichts verlernt. Wenn sie noch besser gewesen wäre, hätte sie glatt einen Krüppel aus mir gemacht.« Er bleckte die Zähne, als Dru ihm einen Blick zuwarf, der zarter besaitete Männer auf der Stelle getötet hätte. Das, was eben an dem Pfosten vorgefallen war, war ganz sicher nicht einseitig gewesen, und er wollte verdammt sein, ließe er sie einfach so tun, als hätte sie das Ganze nicht im Mindesten berührt. Dru schlang einen Arm um die schmalen Schultern ihres Sohnes – »Sag auf Wiedersehen zu J.D.« – und schob ihn Richtung Weg.»Aber ...« Mehr konnte Tate nicht sagen, da sie ihn bereits mit sich über die Lichtung zog. Verdutzt spähte er über die Schulter zurück auf sein Idol. »Tschüss, J.D.«»Ja, bis dann, Junge.« Die Hände in den Hosentaschen, beobachtete er, wie Drus geflochtener Zopf in ihrem Rücken wippte, als sie mit ihrem Sohn zwischen den Bäumen verschwand. »Ich an deiner Stelle würde mich nicht darauf verlassen, dass damit alles glimpflich überstanden ist, Schätzchen«, riet er ihr mit leiser Stimme. »Denn ich habe das Gefühl, dass diese Sache zwischen dir und mir noch lange nicht vorbei ist.« Dann wandte er sich entschieden wieder seiner Arbeit zu.
»Du brauchst mir keine lange Predigt zu halten«, sagte Dru zu ihrer Freundin Char, als sie nach einem letzten Gute-Nacht-Kuss für Tate wieder ins Wohnzimmer kam. Tate hatte Char, sobald sie durch die Tür getreten war, ausführlich nicht nur von seinen eigenen Abenteuern, sondern auch von denen seiner Mom erzählt. Dru wusste, dass die Freundin inzwischen sicher fast vor Neugier platzte – und dass sie selbst kein Verlangen danach hatte, auf ihre Fragen näher einzugehen. »Was auch immer heute Nachmittag passiert ist, ist längst vorbei. Vollständig und ein für alle Mal.«
Grinsend schob sich Char das Marilyn-Monroe-blonde Haar hinter die Ohren. Sie hatte es sich mit lang ausgestreckten Beinen auf der Couch bequem gemacht. »Dann hast du diesen heißen neuen Typen also tatsächlich geküsst? Und Tate hat euch dabei erwischt?«
»Ja. Ich habe ganz offensichtlich nicht gerade einen meiner hellsten Momente gehabt.« Dru warf sich auf das andere Sofaende, legte
Weitere Kostenlose Bücher