DS005 - Im Zeichen des Werwolfs
lauschte an der Tür, bis ihm ihre regelmäßigen Atemzüge verrieten, daß sie fest schlief. Dann glitt Mondgesicht in den großen Wohnraum und betastete den rindenbedeckten Stützpfeiler, bis er die Feder berührte, die die Klappe aufspringen ließ. Mondgesichts tastende Finger berührten den weißen Würfel, den Patricia wieder in seinem Versteck untergebracht hatte. Mondgesicht nahm ihn heraus. Er befingerte ihn, wog ihn abwägend in der Hand. Ein häßliches Grinsen verzerrte sein Gesicht. Lange schien er zu überlegen.
Dann legte er den Würfel wieder in die Öffnung zurück und schloß die verborgene Tür. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß alles im Haus ruhig war, trat er in die Nicht hinaus. Sein erster Weg führte ihn zum Bootshaus. Hier schraubte er zuerst den großen Benzinreservebehälter auf und ließ den Treibstoff ausfließen. Dann verfuhr er ebenso mit dem Tank der Barkasse.
»Niemand wird von hier ein Telegramm an Doc Savage schicken«, murmelte er kichernd. »Jedenfalls nicht morgen früh. Und nun werde ich meine Falle stellen.«
Er verließ das Bootshaus und verschwand im Busch. Die Nacht verschlang seine Gestalt.
Fast eine Stunde verging, bis sich Mondgesicht wieder nahe der Jagdhütte aus der Dunkelheit löste. Er bewegte sich so lautlos und vorsichtig wie zuvor. Sein Gesicht verzog sich ärgerlich, als er seine Bekleidung betastete. Bis unter die Achseln war sie schwer von Feuchtigkeit.
»Die Falle ist in Ordnung«, flüsterte er. »Aber die verdammte Squaw wird wissen wollen, woher meine Sachen so feucht sind. Am besten ziehe ich sie aus.«
Er traf Anstalten, seinen Worten die Tat folgen zu lassen, als ein gedämpftes Zischen aus der Dunkelheit erklang. Man sah Mondgesicht an, daß er es nicht zum erstenmal vernahm. Er schloß die Knöpfe wieder, die er geöffnet hatte, und entfernte sich in der Richtung, aus der das Zischen erklungen war.
Zweihundert Meter entfernt blieb Mondgesicht vor einem Gewirr dichten Buschwerks stehen.
»Was willst du?« fragte er mit leiser, übelgelaunter Stimme.
Aus dem wirren Unterholz ertönte die Antwort: »Hast du das Versteck des Elfenbeinwürfels entdeckt?«
Mondgesicht schwieg sekundenlang mürrisch. Dann sagte er: »Ja, ich kenne es.«
»Himmel und Hölle!« Der Mann im Dickicht fluchte. »Warum hast du es mir nicht gesagt? Hattest du es gefunden, bevor wir die Hütte heute abend durchsuchten?«
Wieder brauchte Mondgesicht längere Zeit zum Nachdenken.
»Nein«, log er dann.
»Los, dann bring mir den Würfel«, forderte der Unsichtbare.
»Für die versprochenen fünfhundert Dollar«, sagte Mondgesicht.
»Kriegst du«, sagte der andere. »Hol den Elfenbeinwürfel. Ich habe das Geld bei mir. Fünfhundert gute kanadische Dollars.«
Mondgesicht trabte wortlos davon.
Unbehelligt gelangte die Rothaut ins Haus und verließ es wieder, nachdem sie dem Versteck im Stützpfeiler den Würfel entnommen hatte. Mitten bei seinem Marsch durch die Dunkelheit blieb Mondgesicht plötzlich stehen. Während seine Finger den weißen Würfel betasteten, kratzte er sich mit der anderen Hand die scharf gebogene Nase.
»Was denn?« murmelte er. »Fünfhundert Dollar sind viel zu wenig. Das Ding ist Millionen wert. Diese Burschen sind schlechte Schauspieler. Ich weiß, wie ich sie zwingen kann, mehr zu zahlen.«
Er bog im rechten Winkel zur Küste ab und hatte sich noch nie so lautlos wie jetzt bewegt. Das Gewirr von Felsbrocken am Rand der kleinen Bucht verschluckte seine huschende Gestalt.
Wie ein rothäutiges Gespenst tauchte Mondgesicht in der Nähe des Dickichts auf und meldete sich mit gedämpfter Stimme.
»Hast du den Würfel?« fragte der unsichtbare Mann heiser.
»Ich hab ihn.«
»Dann her damit! Ich habe die fünfhundert, die ich dir versprach, bei mir.«
»Fünfhundert sind nicht genug«, verkündete Mondgesicht gelassen.
Der Mann im Dickicht begann leise zu fluchen. »Du willst also mit mir handeln? Du willst dich nicht an unsere Vereinbarung halten?«
»Ich verlange zehntausend Dollar«, sagte Mondgesicht gelassen.
»Hör zu, Rothaut«, erwiderte der andere wütend. »Wir haben ehrliches Spiel mit dir getrieben. Wir zogen dich sogar ins Vertrauen und verrieten dir, was der Elfenbeinwürfel bedeutet und warum wir ihn brauchen. Und nun fängst du an zu schachern!«
»Spuck das Geld aus oder sei ruhig«, erwiderte Mondgesicht.
»Dann bleibt mir nur eine Wahl«, sagte der Unsichtbare nach kurzem Überlegen.
Ein scharfer zischender Laut
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