DS005 - Im Zeichen des Werwolfs
war. Die Meldung hatte folgenden Text:
RATE STATION UND UMGEBUNG BEI ANKUNFT UNSERES ZUGES HELL ZU BELEUCHTEN STOP VORSORGE TREFFEN UM JEDES ENTKOMMEN VERHINDERN ZU KÖNNEN STOP BIN SICHER DASS VERBRECHEN GEPLANT IST
DOC SAVAGE
Doc rollte das Formular zusammen und knüpfte es in sein Taschentuch, nachdem er dieses mit zwei Silberdollars beschwert hatte. Dann öffnete er das Fenster. Er tat dies gelassen und ohne jede Heimlichkeit, um zu verhindern, daß jemand sein Tun als Fluchtversuch auslegte und ihn mit einer Kugel bedachte. Er sah nach der Uhr und wartete. Er hatte den Fahrplan vorher studiert und wußte, daß der Zug in Kürze eine kleine Station passieren würde. Der Pfiff der Lok hallte durch die Nacht, ein winziges Licht rückte schnell näher. Es stammte von dem beleuchteten Fenster der kleinen Station, die im Licht der Lokscheinwerfer wie ein Spielzeugbahnhof wirkte.
Vor dem Gebäude stand ein Mann mit grünem Augenschutz auf der Stirn und schwarzen Staubschützern über den Ärmeln. Doc zweifelte nicht daran, daß es sich um den Telegraphisten handelte. Er berechnete die Zuggeschwindigkeit und warf seine Botschaft so geschickt hinaus, daß sie direkt in den Armen des Beamten landete.
Er schloß das Fenster wieder und beobachtete in der spiegelnden Scheibe, daß Señor Oveja sich über den Tisch beugte, auf dem Doc seine Meldung geschrieben hatte. Doc hatte Mühe, sein spöttisches Lächeln zu unterdrücken. Offenbar bildete Señor Oveja sich ein, auf den Spuren von Sherlock Holmes zu wandern, aber Doc hatte sehr wohl das Blatt Kohlepapier im Telegrammblock bemerkt, das eine Durchschrift seiner Mitteilung hinterließ.
Es lag in Docs Absicht, Señor Oveja für den Inhalt seines Telegramms zu interessieren. Er wollte sehen, wie er darauf reagierte. Leider erfuhr er nichts. Der Señor verstand es ausgezeichnet, seine Gedanken für sich zu behalten und sich nicht zu verraten.
Während der nächsten halben Stunde behielt Doc den Schreibtisch im Auge, um festzustellen, ob sich sonst noch jemand für seine Nachricht interessierte, aber niemand traf auch nur Anstalten, sich dem Tisch zu nähern.
Und weiter raste der Zug durch die Nacht, donnerte über Brücken und keuchte fauchend Steigungen hinauf. Doc gab sich willig dem Rütteln und Schütteln hin. Ihm bedeutete Entspannung, was anderen zur Marter wurde.
Schließlich kehrte er in sein Abteil zurück. Er hatte es kaum betreten, als er eine Veränderung wahrnahm. Eine zusammengefaltete Zeitung lag in dem Papierkorb, der zuvor leer gewesen war. Ohne jede Eile verriegelte Doc die Abteiltür und befaßte sich dann mit dem Papierkorb.
Bei der Zeitung handelte es sich um ein Blatt, das in der großen Stadt erschien, die sie vor mehreren Stunden passiert hatten und auf dessen Bahnhof Wilkie den Zug bestiegen hatte. Señor und Señorita Oveja wie auch El Rabanos hatten die Fahrt ebenfalls von dieser Station aus angetreten.
Die Zeitung war um ein langes Messer gefaltet, dessen Klinge noch große Flecke getrockneten Blutes aufwies. Mit erfahrenem Blick prüfte Doc die Breite der Klinge. Er zweifelte keine Sekunde daran, daß es sich um das Messer handelte, das dem Zugbegleiter den Tod gebracht hatte.
Doc öffnete einen der zahlreichen Koffer, die sich im Gepäcknetz stapelten, und entnahm ihm ein starkes Vergrößerungsglas. Sorgfältig untersuchte er den Griff des Messers, aber der Mörder war klug genug gewesen, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen.
Doc schob das Fenster hoch, holte aus und schleuderte das Messer weit in die Nacht hinaus. Er warf einen Blick auf seine Uhr und stellte fest, daß sie die nächste Station in genau dreizehn Minuten erreichen würden.
Neun Minuten später brach die Hölle los. Von den Geleisen stieg plötzlich der kreischende Mißton von Stahl auf Stahl in die Nacht. Es klang wie der Klageruf eines wahnsinnig gewordenen Riesen. Die Wagen begannen wild zu schwanken. Doc wurde durch das ganze Abteil geworfen, fing sich aber geschmeidig wieder an dem zum Gang gelegenen Ende. In allen Abteilen wurden die Passagiere durcheinandergerüttelt, Koffer und Pakete fielen aus den Gepäcknetzen auf sie herab. In den Speisewagen zersplitterten Gedecke und Schüsseln auf dem Boden, im Postwagen fanden sich die beiden Beamten unter einem Wust von Postsäcken wieder.
Doc Savage entriegelte die Abteiltür und schlüpfte hinaus. Das stählerne Kreischen zu seinen Füßen verstummte langsam, der Zug verringerte seine Geschwindigkeit
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