DS041 - Der schreckliche Mullah
Sauerstoffknappheit unter der Tüte die Ohnmacht verursacht hatten.
Der schlanke Mann stöhnte leise, bewegte sich und atmete geräuschvoll ein. Er öffnete die Augen.
»Er ist kein Mensch«, sagte er leise.
Er sprach sehr deutlich und hatte eine angenehme Stimme. Doc wartete. Der schlanke Mann stöhnte noch einmal.
»Kein Mensch ...«, murmelte er.
Renny und Johnny sahen sich an. Long Tom lachte. Docs Gesicht blieb ausdruckslos, als wäre es wirklich aus Bronze.
»Wer ist kein Mensch?« wollte Renny wissen.
Der schlanke Mann setzte sich mit einem Ruck auf. Er blinzelte heftig, sah seine Begleiter einen nach dem anderen an und sackte ins Polster.
»Oh Gott ...!« flüsterte er. »Mein Kopf!«
Renny packte ihn an den Schultern und drehte ihn zu sich. Er fixierte ihn streng.
»Wen meinen Sie?« fragte er. »Über wen haben Sie eben gesprochen?«
»Über den Mullah«, sagte der schlanke Mann. »Wo bin ich, und wer zum Teufel sind Sie?«
Er ließ sich wieder zurückfallen und verdrehte die Augen. Er lächelte.
»Halleluja«, sagte er tonlos. »Ich bin gerettet.«
»Er ist verrückt«, meinte Long Tom.
»Hm.« Doc dachte nach, dann wandte er sich an den schlanken Mann. »Wissen Sie, welchen Wochentag wir haben?«
»Mittwoch«, erwiderte der Mann wie aus der Pistole geschossen, »vorausgesetzt, daß es nicht schon nach Mitternacht ist ...«
»Es ist nach Mitternacht«, belehrte ihn Doc. »Wie heißen Sie?«
»Vielleicht Mohammed oder Little Boy Blue oder Kolumbus«, sagte der Fremde. »Aber das stimmt natürlich nicht.«
Renny ballte die rechte Faust und hielt sie dem Fremden unter die Nase. Die Faust war nicht viel kleiner als der Kopf des Mannes. Der Fremde besah sich die Faust und grinste.
»Was, beim Himmel, ist das?« forschte er. »Und wie darf ich bitte diese Geste verstehen?«
»Das ist ein Knacker für harte Nüsse«, erklärte Renny. »Wollen Sie jetzt vernünftig mit uns reden oder lieber ein paar Glocken läuten hören?«
»Läuten Sie die Glocken oder gehen Sie zur Hölle«, sagte der Fremde. »Sie dürfen sich frei entscheiden.«
»Was ist los mit ihm?« fragte Long Tom verwundert. »Ist er übergeschnappt?«
»Wohl nicht«, meinte Doc Savage. »Der Gentleman möchte sich nur nicht unterhalten.«
Long Tom fuhr nun ziemlich schnell. Er steuerte den Wagen durch die Geschäftsviertel der City, aber er wich dem Broadway und den umliegenden Straßen aus, um nicht in den dichten Verkehr zu kommen. Der Nebel lastete zwischen den Häuserfronten wie eine massive graue Masse, die Fahrbahnen waren schwarz vor Nässe, und in den Gullys rauschte das Wasser. Der schlanke Mann spähte aus dem Fenster.
»So ähnlich muß es damals bei Noah gewesen sein«, sagte er.
»Mann!« brüllte Renny. »Machen Sie gefälligst den Schnabel auf, aber nicht nur, um uns mit Albernheiten anzuöden!«
Der Fremde lachte schrill und schloß die Augen, als hätte er immer noch Kopfschmerzen.
»Sie sind aber hartnäckig«, sagte er leise. »Nein, ich werde nicht reden. Ich dachte, ich hätte das unmißverständlich klargemacht.«
Johnny steckte seine Brille in die Brusttasche, beugte sich zurück und durchsuchte den schlanken Mann. Er war auf Widerstand gefaßt, weswegen er auch die Brille in Sicherheit gebracht hatte, aber der Fremde ließ die Prozedur willig über sich ergehen.
»Ein kluger Mann, der weiß, wann er nichts tun darf«, erklärte er. »So jedenfalls würde der Mullah es formulieren.«
Johnny suchte in der Jacke des Mannes nach einem Etikett. Er fand keins. Er fand auch keine Brieftasche, kein Geld, keinen Ausweis und keine Waffen.
»Jemand ist Ihnen gestern abend zuvorgekommen«, teilte der Fremde mit. »Man hat mich meines gesamten Besitzes entledigt.«
»Dieser Mensch ist ein Musterexemplar der Anonymität«, stellte Johnny mürrisch fest. »Wir sollten ihn im Regen aussetzen und vergessen.«
Long Tom lenkte den Wagen zu dem Hochhaus, in dessen sechsundachtzigster Etage Doc wohnte, und steuerte die Kellergarage an. Vor dem Expreßlift stoppte er. Renny wandte sich zu Doc.
»Was ist mit dem Roadster?« wollte er wissen.
Doc hatte den Roadster bei der stillgelegten Raffinerie stehenlassen, weil er sich unterwegs um den Fremden kümmern wollte.
»Ich kann ihn später holen«, erwiderte Doc. »Im Augenblick ist dazu keine Zeit.«
Der Fremde blickte sich neugierig um, doch er schwieg. Johnny trieb ihn vor sich her in den Fahrstuhl. Doc und die beiden anderen Männer stiegen ebenfalls ein. Doc
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