DS068 - Das geheimnisvolle Tal
rückte sich die Krawatte zurecht. In dem Umkleidezimmer neben seinem Büro hatte er sich gerade in große Abendgarderobe geworfen.
Spad Ames vergaß das seltsame Nachtgeräusch und fuhr darin fort, seine neue Bande zu mustern – oder zumindest die sieben Mitglieder davon, die Locatella zu Spads Verblüffung innerhalb von zwei Stunden zusammengebracht hatte. Spad war ein guter Beurteiler von charakterlichen Typen, und die sieben gefielen ihm. Sie sahen nicht allzu offensichtlich nach Kriminellen aus, die jeden Cop sofort stutzig gemacht haben würden. Nicht daß sie wie ehrliche Geschäftsleute oder kleine Büroangestellte aussahen. Aber man hätte sie für ehrlich ihr Brot verdienende Fernfahrer oder Hafenstauer halten können.
Sie waren einzeln eingetroffen, und Spad hörte aufmerksam zu, wie Locatella ihre speziellen Qualifikationen aufzählte, die vor allem in Serien von Zuchthausstrafen bestanden.
»Ihr scheint in Ordnung zu sein«, sagte Spad. »Die Bezahlung ist hundert Piepen am Tag, zahlbar an jedem Tag um sechs Uhr abends. Locatella hier ist der Zahlmeister. Ich gebe die Befehle.«
Sie beobachteten ihn, hatten ein wenig Angst vor ihm, aber das war Spad nur recht. Wenn sie Angst hatten, konnte er sie später, wenn nötig, umso leichter unter Druck setzen. Nur einer war dabei, bei dem er Zweifel hatte. Er erschien ihm ein wenig zu jung und gab sich überforsch und anmaßend. Als Spad hereingekommen war, hatte er abfällig geschnaubt.
»Hat jemand von euch ein Eisen dabei?« fragte Spad.
»Ja, ich«, sagte der Junge, Anmaßende. »Wieso?«
»Los, gib es mir«, sagte Spad ganz ruhig.
Der junge Bursche zog schwungvoll seine Waffe und reichte sie ihm rüber. Es war eine nickelplatierte Pistole von der Sorte zu 18,98 Dollar, von der praktisch der ganze Lauf abgesägt war.
Spad holte aus und schlug dem jungen Burschen mit der flachen Hand mit solcher Wucht ins Gesicht, daß der hinfiel. Er war aber schnell wieder auf den Beinen und wollte sofort Zurückschlagen. Spad duckte den Schwinger ab und rammte dem Bürschchen das Knie in den Leib. Als der Bursche vor Schmerz einknickte, packte ihn Spad an den Revers seines Jacketts und rammte ihn in einen Sessel.
»In New York trägt man ein Eisen nur, wenn unumgänglich«, schnarrte Spad. »Wenn die Bullen ein Eisen bei einem finden, können sie einen im Knast halten, bis man verfault.«
Der junge Gangster hielt sich seinen Bauch und wagte keine Widerrede.
»Gib ihm hundert Piepen, Locatella«, befahl Spad.
Ohne zu widersprechen, pellte Locatella von einem Banknotenbündel fünf Zwanziger ab und reichte sie dem jungen Burschen.
»Und jetzt«, wandte sich Spad an den Burschen, »kannst du die Piepen nehmen und verduften. Oder du bleibst, fügst dich meinen Befehlen und riskierst deine freche Lippe zu jemand anderem.«
Der junge Mann faltete die Geldscheine langsam zusammen, steckte sie ebenso langsam ein. Bis er damit fertig war, hatte er sich entschieden. »Ich bleibe«, sagte er.
Spad reichte ihm die nickelplatierte Pistole zurück. »Wirf die in den nächsten Fluß, zu dem du kommst. Die ist nur zum Lärmmachen gut, zu sonst nichts.«
Spad ging jetzt mehrere Male auf und ab. Er wußte, daß er eine gute Show abgezogen hatte. Im Umgang mit solchen Männern hatte er Erfahrung. Weil er sie sofort brauchte, mußte er sie beeindrucken – mußte sie überzeugen, daß er wußte, was er tat. Daß er ein zäher Typ war, aber auch, von ihrem Standpunkt aus, fair. Das glaubte er, getan zu haben.
Er hielt dann eine kleine Ansprache.
»Wir nehmen es hierbei mit etwas ziemlich Phantastischem auf«, sagte er. »Also fahrt nicht gleich aus dem Hemd, wenn ihr irgendwas nicht versteht.«
Er zog die schwarze Pfeilspitze aus der Tasche und zeigte sie ihnen. »Wenn immer ihr jemand mit so einem Ding seht«, sagte er, »schnappt ihn euch sofort. Wenn ihr ihn nicht lebend nehmen könnt, killt ihn. Aber seid vorsichtig. Wer immer eine von diesen schwarzen Pfeilspitzen hat, ist nicht – äh, nun – nicht das, was ihr denkt.«
Sie starrten ihn ausdruckslos an.
»Es gibt da zwei Leute, die die Phenix Academy besuchen«, sagte Spad. »Ihre Namen sind Mark und Ruth Colorado. Die beiden schnappen wir uns heute abend und halten sie gefangen.«
Er machte eine Handbewegung, und alle marschierten aus dem Büro.
»Weißt du, wo die Phenix Academy ist?« wandte sich Spad an Locatella.
»Klar«, sagte Locatella. »Stadtaufwärts.«
Die Phenix Academy war nicht sehr gut
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