Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
Vom Netzwerk:
Gestalt betrat die Zelle und schaute sich um; der Gefängniswärter kam ebenfalls herein und blieb hinter der Person stehen. Als sich die Augen der Gefangenen dem Licht anpassten, sahen sie, dass ihr Besucher kein ungeschlachter Folterbank-Meister war, der kam, um sie zu quälen: Es war vielmehr der große Bäcker aus dem Kaffeegeschäft. Eine grüne Mütze hing über seinen runden Kopf herab, und auf seinem Rücken trug er einen prall gefüllten Kleidersack; seine umfangreiche Mitte war in eine grüne Schürze eingehüllt, die von mehligen Schmutzflecken eingestaubt war. Er sagte nichts; er stand bloß da und ließ die nasskalte Atmosphäre des Gefängnisses auf sich wirken. Seine Miene, wenn er denn eine spezielle hatte, war schwierig zu deuten, weil sein Gesicht so aussah, als wären Pferde darauf getrampelt: verschwollen und entzündet, bedeckt von leberfarbenen Beulen; das eine Auge ein schmerzhafter purpurner Schlitz und das andere schwarz gerändert; seine Lippen aufgeplatzt und aufgetrieben; und seine Nase gerissen und geschwollen … Er stand da in turmhohem Schweigen und verströmte den warmen, gemütlichen Duft seiner Bäckerei, aus der er gerade gekommen war. Die Gefangenen erhaschten den Geruch, und er sorgte dafür, dass sich ihre leeren Mägen zusammenkrampften.
    Lord Burleigh erhob sich aus seiner Ecke. »Du«, sagte er kalt, seine Stimme ein hasserfülltes Lallen. »Bist gekommen, um dich hämisch zu freuen, nicht wahr?« Er zog sich selbst hoch. »Bist gekommen, um mich katzbuckeln zu sehen?« Er spuckte in Richtung des Bäckers. »Ich werde dir diese Befriedigung nicht geben.«
    Wie viel Etzel davon verstand, war unklar. Er nickte bloß und ging weiter in den Raum hinein. Dann schwang er den Beutel von seiner Schulter und stellte ihn zwischen seinen Füßen auf den Boden, wo er ihn öffnete und eine Reihe von frischen Brotlaiben, einen halben runden Laib Weichkäse, zehn grüne Birnen, ein Bündel Möhren und zwei große Würste zum Vorschein brachte. Er drehte sich um und gab dem im Eingang stehenden Gefängniswärter ein Zeichen, der daraufhin einen Krug mit dunklem Bier und einen Eimer frisches Wasser hereintrug.
    Burleigh blickte erstaunt auf das Essen und die Getränke, dann hob er die Augen zu Engelbert. Er zeigte auf den kleinen Berg an Nahrungsmitteln. »Was ist das?«, fragte er auf Deutsch.
    »Es tut mir leid, dass es nicht mehr ist«, erwiderte Etzel, der langsam und mit einigen offenkundigen Beschwerden durch seine zerstörten Lippen sprach.
    Wie kam es, dass der Kiefer des Mannes nicht gebrochen war, wunderte sich Burleigh. »Was ist das?«, fragte er erneut.
    »Herr Arnostovi hat mir erst heute Morgen gesagt, Sie wären hier.«
    »Seht euch all diese Fressalien an!«, rief Con und bewegte sich langsam auf den kleinen Essensberg zu. »Ich könnte den ganzen Haufen essen; ja, das könnte ich.«
    »Komm zurück!«, mahnte ihn Tav. »Nicht, bevor der Boss sagt, dass es okay ist. Hierbei gibt’s irgendeinen Trick – ich rieche das. Ich hab recht, Boss? Es ist ein Trick, oder?«
    Burleigh sagte zu Etzel: »Was also führst du im Schilde, Bäcker?« Anklagend zeigte er mit dem Finger auf den Lebensmittelsack. »Was bedeutet das?«
    »Es ist für Sie«, lautete die schlichte Antwort des Bäckers. »Zum Essen …«
    Burleigh starrte auf das pausbäckige Dickerchen von einem Gesicht – böse zugerichtet und aufgedunsen und lädiert von den Schlägen, die er durch ihre Hände erhalten hatte. »Das kann ich sehen«, entgegnete Burleigh. »Was du … äh …« Er suchte nach den richtigen deutschen Worten, und schließlich fand er sie. »Was willst du?«
    »Sie fragen mich, was ich will?«, erwiderte Etzel. »Ich will nichts.«
    Die Burley-Männer hatten sich langsam in die Nähe des Beutels mit dem Essen geschoben, und obwohl sie dem Gespräch nicht folgen konnten, waren sie mächtig an seinem Ausgang interessiert. Con, der nicht mehr warten konnte, griff nach einem der kleinen frischen Brotlaibe. Tav schlug seine Hand weg und warf ihm einen warnenden Blick zu.
    »Ha! Dann wirst du auch nichts von mir bekommen«, trumpfte Burleigh auf, dessen Stimme schneidend und hohl klang. »Hörst du, Bäcker? Nichts!«
    Engelbert schüttelte seinen Kopf und trat zurück. »Morgen ist Sonntag. Doch ich werde in der Lage sein, Euch in zwei Tagen mehr zu bringen.«
    Und damit verschwand er. Der Gefängniswärter wich zurück, zog die Tür zu, verschloss sie und ging fort. Einen Augenblick später waren ihre

Weitere Kostenlose Bücher