DSR Bd 4 - Das Schattenlicht
dem Latein waren, das Douglas kannte, sodass er nicht daraus schlau werden konnte, was der Bursche sagte. Er lächelte und schüttelte seinen Kopf. »Latein«, sagte er.
»Latica« , erwiderte der Diener.
»Haud Latica« , erklärte Douglas. »Non narro Latica.«
Der Diener drehte sich zu seinem Herrn, streckte seine Hand aus und sprach ein Wort, das bei Douglas eine angespannte Aufmerksamkeit auslöste. »Turms«, sagte er und wiederholte: »Turms.«
Als Antwort legte der rot gewandete Mann die Hand auf seine Brust und wiederholte das Wort. Es rief in Douglas die sehnliche Hoffnung hervor, dass er sich möglicherweise in der Gegenwart des einen Mannes befand, dem auf dieser Reise zu begegnen er sich am meisten gewünscht hatte: Turms der Unsterbliche, Priesterkönig von Velathri.
»Turms«, sagte Douglas und zeigte eine förmliche Verbeugung. Auf Latein fügte er hinzu: »Ich grüße dich, Turms von Velathri.«
Der König nickte nachsichtig und wartete mit gespannter Miene. Douglas legte seine Hand auf den Kopf seines finster blickenden Gefährten und sagte: »Snipe.« Er wiederholte den Namen, legte dann die Hand auf seine eigene Brust – eine Nachahmung der Geste, die Turms benutzt hatte – und sagte: »Douglas.« Er klopfte leicht auf seine Brust und sagte: »Douglas Flinders-Petrie.«
Nun war es der König, der verblüfft reagierte. Während er auf Douglas zeigte, gab er eine Reihe von Worten von sich, die Douglas nicht verstand, dann fügte er hinzu: »Arturos.«
Douglas benötigte einen Augenblick, um herauszufinden, dass man ihm gerade den Namen gesagt hatte, unter dem sein Urgroßvater unter diesen Leuten bekannt gewesen war. Douglas nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, und sagte: »Arthur Flinders-Petrie.« Danach zeigte er eine Pantomime, bei der er Treppenstufen oder Ebenen beschrieb, von denen jede ein wenig höher als die vorangegangene war. »Arthur«, sagte er, während seine Hand die niedrigste Ebene darstellte. »Benedict.« Seine Hand beschrieb die nächsthöhere Stufe. »Charles«, kam als Nächstes, und danach blieb seine sich nach oben bewegende Hand auf seinem eigenen Kopf liegen. »Douglas.«
Turms stand von seinem Stuhl auf und überwand mit zwei raschen Schritten den Abstand zwischen ihnen. Er hob beide Hände hoch, legte sie auf Douglas’ Schultern und schaute ihm tief in die Augen – den Blick hielt er länger, als Douglas es angenehm fand. Dennoch spürte Douglas, dass er sich in der Gegenwart einer weisen und freigebigen Seele befand – einer mit gewaltiger Kraft und Intelligenz. Er erwiderte den Blick so kontinuierlich, wie er imstande war.
Sogleich klopfte der große König mit beiden Händen auf seine Schulter, und der Kontakt war unterbrochen. Turms drehte seinen Kopf und rasselte eine Reihe von Befehlen gegenüber dem höherrangigen Assistenten herunter, der sich verbeugte, sich Douglas näherte, seinen Arm nahm und ihn fortzuführen begann. Der König rief seinen hinausgehenden Gästen etwas hinterher, und Douglas zeigte ihm eine respektvolle Verbeugung und sprach ihm seinen Dank aus – für was allerdings, wusste er bislang noch nicht.
Der Hausverwalter des Königs geleitete sie hinaus und durch einen weiteren Raum zu einer Nebentür, die auf einen weiteren Portikus führte, wo zwei Wachen in leichter Rüstung auf Holzschemeln saßen; bei jedem lag quer über dem Schoß ein dünner, böse aussehender eiserner Speer oder Wurfspieß. Sie sprangen in eine Habtachtstellung hoch, als der Diener auftauchte, der ihnen, wie Douglas vermutete, eine kurze Darstellung der königlichen Befehle gab. Dann wurden Douglas und Snipe eine kurze Treppenflucht nach unten geleitet und durch einen Olivenhain zu einem kleinen Haus geführt, das ein paar Dutzend Meter von der Residenz des Königs entfernt war. Sie wurden in das Haus gewiesen, das spärlich möbliert und in zwei Räume geteilt war. Der erste war ein Allzweckzimmer, das einen Wohnraum mit einem Tisch und Stühle fürs Essen in sich vereinte. Der zweite, kleinere Raum im hinteren Bereich des Häuschens war mit Hockern, einer Lampe und mit mehreren dicken Matten und Kissen zum Schlafen ausgestattet.
Douglas verstand, dass ihnen die Nutzung dieser Unterkunft angeboten worden war, was er zu schätzen wusste. Die Anwesenheit der bewaffneten Wachen warf jedoch einen leichten Schatten auf dieses Angebot. Er hatte aber nicht die Zeit, sich darüber zu wundern, denn der kahlköpfige Hausverwalter wandte sein Gesicht
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