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DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

DSR Bd 4 - Das Schattenlicht

Titel: DSR Bd 4 - Das Schattenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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nach einer Stelle zu suchen, wo man sich verstecken konnte; doch die Landschaft bestand auf beiden Seiten des Weges aus offenen Feldern. Ihre einzige Hoffnung war, in die Vertiefung des Heiligen Weges einzutauchen und dort zu versuchen, ihre Verfolger abzuschütteln – eine geringe Hoffnung, aber die beste, die er unter diesen Umständen aufbringen konnte.
    Weiter rannten sie – doch mit jedem Schritt kamen die Verfolger näher. Als die ersten Steine auf dem Pfad um sie herum aufschlugen, hielt Douglas an. Er wandte sich dem Haufen der Verfolger zu, schob Snipe hinter sich und hob die leeren Hände nach oben. »Amabo!« , rief er und hoffte, das Latein könnte den Ansturm zumindest so weit abbremsen, dass bei den Leuten das Urteilsvermögen wieder die Oberhand gewann. »Ego nullam iniuriam!«
    Das verzweifelte Täuschungsmanöver funktionierte. Die Verfolger – es waren etwa ein Dutzend Menschen, die meisten davon Männer – hielten an und begannen, miteinander zu debattieren. Sie stritten sich darüber, vermutete Douglas, wie mit den Eindringlingen umzugehen sei – jetzt, wo sie sie eingeholt hatten. Dies war insofern ein Fortschritt, als er und sein Begleiter nicht mehr mit Steinen beworfen wurden. Die Auseinandersetzung endete, und einer der Männer trat vor. Er zeigte auf Douglas und sprach ihn direkt an; der Bursche schien ihn aufzufordern, in irgendeiner Weise zu antworten. »Amabo« , wiederholte Douglas. » Amabo. Wir meinen es nicht böse.«
    Der etruskische Wortführer vollführte eine Geste, die bei Douglas keinerlei Zweifel daran ließ, dass er und Snipe widerspruchslos mit ihnen kommen sollten oder unangenehmen Konsequenzen entgegensehen müssten. Douglas, dessen Lächeln sich zu einer Grimasse verzerrte, trug Zustimmung zur Schau. Er zog Snipe unter seinen Arm – mehr zum Wohle der Einheimischen als zu dem seines Gefährten – und gestattete, dass man ihn fortführte.
    Sie wurden von dem Haufen zum Fuße eines Hügels geleitet, wo der Feldweg auf einen langen, geraden, aufsteigenden Pfad stieß, der zu einem beeindruckenden, hoheitlich aussehenden Bauwerk führte – einem Tempel, wie Douglas befand, oder vielleicht einem Palast oder dergleichen. Es besaß ein Dach aus Terracotta-Ziegeln, tiefe, verschattete Dachvorsprünge, einen weitläufigen, offenen Portikus mit stattlichen, blau angestrichenen Säulen und eine kupferplattierte Tür. Eine Doppelreihe von Zypressen beschattete den ansteigenden Pfad zu diesem Gebäude; die Flanken des Hügels waren mit Olivenbäumen bepflanzt, und dazwischen wucherten winzige gelbe Wildblumen sowie blutroter Mohn.
    Am Fuße des aufsteigenden Pfades hielt die Gruppe an. Der Hügel war sehr symmetrisch – viel zu symmetrisch, um natürlich zu sein, dachte Douglas, und das Gebäude war zu perfekt platziert. Die Zusammenstellung legte den Schluss nahe, dass die Stätte von ritueller Bedeutsamkeit war. »Dies muss der Ort sein«, murmelte er zu sich selbst, als Snipe sich vorbeugte und mit einem blitzschnellen Griff sich einen weiteren Grashüpfer schnappte.
    Eingekreist von ihren Geiselnehmern, wurden sie dazu angehalten, hier zu warten, während der selbsternannte Wortführer den Hügel hochstieg und um Einlass in das Bauwerk ersuchte. Douglas beobachtete, wie im Säulenvorbau ein runder Mann in einem gelben Gewand erschien und eine kurze Besprechung folgte; danach stieg der Wortführer den Hügel herab und nahm wieder seinen Platz bei seinen etruskischen Landsleuten ein.
    Bald erschienen der gelb gewandete Priester – falls er dies auch wirklich war – und ein anderer, etwas jüngerer Priester auf den Tempelstufen. Ihnen schloss sich ein dritter Mann in einem langen karmesinroten Gewand an; und alle drei schritten den langen Pfad zum Fuß des Hügels hinab.
    »Steh bequem, Snipe«, hauchte Douglas. »Leg den Grashüpfer weg und mach keinen Ärger.«
    Der korpulente Priester – der leitende Geistliche, wie Douglas vermutete – befahl jedem, zurückzutreten und eine ordentlichere Aufstellung zu nehmen. Die Bauern gehorchten und ließen die zwei gefangenen Fremden gut sichtbar vor dem Mann in dem karmesinroten Gewand stehen. Der rot Gewandete betrachtete sie einen flüchtigen Moment – seine großen, intensiv blickenden Augen nahmen die Details ihrer exotischen Erscheinung in sich auf – und kam sofort zu einer Entscheidung. Er hob die Hand in Richtung seiner Landsleute, sprach mit einer besonnenen, beruhigenden Stimme ein paar Worte und erhielt eine

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